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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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Brust. »Zufälligerweise arbeite ich in der Aphrodite, da erfährt man so manches.«
    »Sie meinen, man sieht so manches?«
    »Und man hört so manches.«
    »Bockmist!«, ließ sich Müller vernehmen. »Den Namen der Frau!«
    Davids Blick begann plötzlich zu flackern. »Wer sagt denn, dass sie schuld an Kaisers Tod ist? Ebenso gut könnte es diese Alte mit dem Magenkrebs gewesen sein. Oder jemand anderes.«
    »Oder eben diese Schülerin aus der Aphrodite«, fügte Liebermann hinzu. »Irgendwo müssen wir anfangen.«
    Müller hustete, als sei ihm ein spontaner Erreger in die Kehle geraten. Aus seinem Gebell ließ sich gerade noch das Wort »Auskunftspflicht« filtern.
    »Sie verstehen nicht«, sagte David verzweifelt. »Ich arbeite in der Aphrodite. Was meinen Sie, was passiert, wenn rauskommt, dass ich eine der Schülerinnen dort beschattet und verraten habe?«
    »Man wird Ihnen dankbar sein. Immerhin hat eins der Mädchen gegen Regel Nummer eins verstoßen.«
    »Was für eine Regel?«, hustete Müller.
    David schüttelte den Kopf. »Auf Madame Laurents Dankpfeife ich. Ich arbeite nicht mit ihr, sondern mit den Mädchen, und die finden die Regel albern. Bis jetzt haben sie mir vertraut.«
    »Wir könnten versuchen, diskret vorzugehen«, schlug Liebermann vor.
    David stand auf. Es sah aus, als wolle er seine Wanderung durch das Zimmer wiederholen, doch er wippte nur ein paarmal auf den Zehenspitzen, ehe er den Namen »Constanze van Hoefen« zischte. Müller notierte ihn.
    Die Antwort auf die Frage nach seiner letzten Begegnung mit dem Toten schien David weniger Probleme zu bereiten. An der Kreuzung Zeppelin-/Feuerbachstraße. Er war vom Einkaufen gekommen, und Kaiser hatte mit ihm zusammen an der Ampel gewartet, er im Auto, David mit dem Fahrrad. Kaiser hatte zuerst Grün gehabt. »Das war’s.«
    Müller ließ sich von Frau Kaiser die Autonummer geben.
    »In welcher Richtung war er unterwegs?«, fragte Liebermann.
    »Brandenburg.«
    »Das heißt Havel. Oder Aphrodite.«
    »Uhrzeit«, grunzte Müller.
    David dachte einen Moment lang nach. »So um elf herum, vielleicht Viertel nach, aber viel später kann’s nicht gewesen sein, weil ich um halb zwölf eine Massage hatte.«
    »Als Proband«, erklärte Liebermann dem Oberkommissar. »Herr Kühn lässt sich von den Schülerinnen der Aphrodite massieren und verteilt Noten dafür.«
    »So«, schnarrte Müller. »Andere gehen arbeiten.«
    »Nebenbei ist er auch Detektiv«, erinnerte ihn Liebermann. »Und er schreibt an einem Aufsatz über Vertreibung.«
    »Gentrifizierung«, sagte David.
    Misstrauisch musterte Müller den flachshaarigen jungen Mann, und Liebermann fragte sich, wie vielen Betätigungen ein Mensch nachgehen musste, um in den Augen des Oberkommissars zu einem potentiellen Verbrecher zu werden. »Von wann biswann waren Sie am Mittwoch in dieser«, Müller dehnte das Wort, »Schule?«
    David fasste sich mit der Rechten an die Nasenwurzel und drückte zweimal leicht darauf. »Also: Halb zwölf gingen die Massagen los. Zwei Mädchen à zwanzig Minuten macht vierzig, macht zehn nach zwölf. Danach habe ich geduscht und bin zum Katinka übergewechselt.«
    In Müllers weitreichender Gesichtslandschaft begann es zu zucken. »Zu wem?«
    »Nicht zu wem, sondern wohin«, korrigierte David. »Das Katinka ist eine Kneipe. Ich war zu einer Lektion im Bierzapfen verabredet, in Vorbereitung auf den Abend, wo ich versprochen hatte, als Bedienung auszuhelfen.«
    »Das kann ich bestätigen«, sagte Liebermann. »Ich war an jenem Tag sowohl mittags als auch abends dort.«
    Das Zucken in Oberkommissar Müllers Gesicht verstärkte sich und ging auf die Hände über. Abwehr, dachte Liebermann, mühsam kontrollierter Ärger oder einfach eine allergische Reaktion auf seine Stimme? Er hatte schon bemerkt, dass seine Stimme sehr unterschiedlich aufgenommen wurde und Frauen ihr im Allgemeinen zugeneigter waren als Männer. Neugierig prüfte er dieses Gerücht an der Miene der Witwe. Allerdings ohne Ergebnis, denn Vivian Kaiser befand sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium der Auflösung. Er bezweifelte, dass sein letzter Satz überhaupt zu ihr vorgedrungen war. Die Harmonie ihrer Züge war zu einer Maske erkaltet, über die sich eine steife Tapete aus Haut spannte. Einzig ihre Augen verrieten noch Leben. Sie klebten an David wie an einer Boje, die aus einem schlammigen Teich ragte. Mit einem abschließenden Schluck Innerer Frieden erklärte Liebermann die Befragung für

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