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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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Nennung des Namens Kaiser in Schwingung geraten, hatte rote Sprenkel über ihre Wangenknochen gestreut, und die Hände auf den schlanken Knien zitterten so stark, dass Liebermann sich nur mühsam davon abhielt, sie mit irgendeinem Gegenstand zu beschweren. Auch Müller zeigte Anzeichen eines nahenden Nervenkollapses, aber inzwischen hatte er wenigstens die Zunge eingezogen.
    Im Großen und Ganzen bestätigte Constanze van Hoefen den Bericht von David. Als sie bei dem Tag anlangte, an dem Kaiser ihre Affäre beendet hatte, geriet ihr Erzählfluss ins Stocken, bis Müller sie aufmunternd angrunzte. Sie schrak zusammen und fuhr fort. Kaiser hatte sie angerufen, um ihr zu sagen, dass es vorbei war.
    »Aber es war ja nicht vorbei«, sagte Liebermann sanft.
    Constanze tastete über die Taschen ihrer Hose. Aus einer förderte sie ein hellblaues Stofftaschentuch zutage. »Was meinen Sie?«
    »Er hat den Kontakt schließlich wiederaufgenommen.«
    Sie tupfte sich die Augen ab, sehr sorgsam, was Liebermann auf den Gedanken brachte, dass vielleicht ein wenig Schminke im Spiel war, obgleich man sie nicht sah. »Das hat mich auch gewundert.«
    »Warum?«
    Sie betrachtete ihr Taschentuch, als hätten ihre Tränen dortKaisers Konterfei hinterlassen. »Weil sein Anruf endgültig geklungen hatte. Anscheinend war seine Frau irgendwie hinter unsere Beziehung gekommen und hatte ihm die Pistole auf die Brust gesetzt. Er …«, sie schluckte, »er meinte, dass er mich liebte. Aber er müsse Rücksicht nehmen.«
    »Eine Liebesbeziehung zu zwei Menschen zu unterhalten ist schwierig«, sagte Liebermann mitfühlend. »In neunzig Prozent der Fälle ist man irgendwann gezwungen, sich zu entscheiden. Und in der Regel entscheidet man sich für das, was schwerer wiegt. Kaiser hatte Familie.«
    »Ich weiß. Aber das war nicht der einzige Grund. Eine Bedingung für die Aufnahme an der Aphrodite ist das Einverständnis mit den Schulregeln. Und Regel Nummer eins lautet …«
    »Keine Männer während der Ausbildung.«
    Constanze van Hoefen hob die Brauen. »Wenn Sie schon so weit sind, dann können Sie sich also auch denken, dass meine Ausbildung am seidenen Faden hing, solange ich mit Knut zusammen war. Er hat darunter genauso gelitten wie ich.«
    Müller beendete seine dritte Runde um den riesigen Flügel, der das Herzstück des Salons darstellte, und blieb vor ihr stehen. Einen Stuhl hatte er abgelehnt, offiziell, weil er an diesem Tag schon zu viel herumgesessen hatte. Inoffiziell, vermutete Liebermann, weil er ahnte, dass der Stuhl zu schmal war, um sein Hinterteil aufzunehmen. »Würden Sie uns freundlicherweise einen Fingerzeig geben, von was für einer Ausbildung wir hier überhaupt reden?«
    Mit der Tür ins Haus, dachte Liebermann baff. Ihm selbst lag die Frage seit geschlagenen zwei Monaten auf der Zunge, aber bislang hatte er sich noch nicht für die optimale Formulierung entschieden, mit dem Ergebnis, dass sie langsam schal schmeckte. Von derlei Problemen war der Oberkommissar weit entfernt.
    Constanze van Hoefens Blick wurde sachlich. »Ganzheitliche Liebeskunst.«
    »Geht’s ein bisschen genauer?«
    Sie verzog die Mundwinkel. »Was genau wollen Sie denn wissen?«
    »Wie lange Ihre sogenannte Ausbildung dauert zum Beispiel und wie Sie sich nennen, wenn Sie hier rauskommen. Bundeskanzlerin ja wohl kaum.«
    Als Liebermann Constanzes geringschätziges Lächeln sah, war er plötzlich froh, sich im Zaum gehalten zu haben.
    »Der Kurs dauert sechs Monate. Unser Stundenplan hängt draußen im Flur. Und was die zweite Frage betrifft: Auch eine Physikstudentin verlässt die Uni nicht als Bundeskanzlerin, was nicht heißt, dass sie es nicht zwanzig oder dreißig Jahre später sein wird. Das kommt auf den Typ, die Motivation und das erworbene Rüstzeug an.«
    »Und welches Rüstzeug wird hier verteilt?«
    »Das Rüstzeug zur perfekten Gesellschafterin.«
    Müller atmete aus. »Einer mit besonderem Wirkungsfeld, nehme ich an.«
    Constanze betrachtete den massigen Kommissar aufmerksam. »Wissen Sie, woran die Welt seit einigen Jahrtausenden krankt?«, fragte sie. »An einem Ungleichgewicht von Testosteron und Empathie. Wir lernen, dem etwas entgegenzusetzen. Nennen Sie es ein Methodikstudium. Haben Sie Familie, Herr Kommissar?«
    Auf Müllers hängenden Wangen brachen unregelmäßige Flecken aus. Er murmelte etwas, aus dem Liebermann Fragmente wie »eigenen Kram« filterte. Einige Sekunden lang war er versucht, den fassungslosen Oberkommissar in

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