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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Korssdorff
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sein Standpunkt. Angela widersprach sofort: Aber unsere Omas wollen reisen und Fahrradtouren machen und an Weinverkostungen teilnehmen und sich nicht jeden Tag in der Woche um Evi kümmern!»
    »Wenn wir aber die Gelegenheit haben, eine viel jüngere,
gleich
kompetente Nanny zu bekommen, die vielleicht sehr bald nicht mehr zur Verfügung stehen wird, weil sie
aus dem Fernsehen bekannt ist
, dann fällt mir die Entscheidung nicht schwer …«, warf ihr Mann mit einer gewissen Vorsicht ein.
    Patrick rief: »Können wir nicht Lars nehmen?« Angela erklärte ihrem Sohn, dass sie nur jemanden nehmen konnten, der sich
hinter
der Scheibe aufhielt. Patrick witterte dennoch eine Chance: »Er sagt doch, dass er auf Bierkisten schläft und immer kein Geld hat und zum Essen eingeladen werden möchte. Vielleicht
will
er ja auf Evi aufpassen!«
    Angela wurde übel. Sie begriff gar nicht richtig, was sie hier eigentlich taten. Sie kannte diese Frauen nicht, die vielleicht die ganze Kindheit ihrer Tochter lang auf sie aufpassen sollten. Und sie konnte sich keinesfalls vorstellen, eine junge Frau in ihr Haus zu lassen, die schön und offensiv erotisch war und Schmachtbriefe bekam, weil sie im Fernsehen in kurzen Shorts herumgelaufen war und sich in den Sohn des kanadischen Reifenhändlers verliebt hatte, der sie als Au-pair aufgenommen hatte. Und was sollten sie mit ihr anfangen, wenn Evi älter wurde? Sie würde bestimmt auch selber Kinder haben wollen. Angela sah deutlich vor sich, wie ihr Mann und die schwangere Nanny eines Morgens Hand in Hand zum Frühstück kamen und verkündeten, dass sie sich verliebt hätten und wollten, dass Angela jetzt das Haus verließe. Und wie ihr Mann nachsetzte und sagte, was er schon mehrmals gesagt hatte: »Ich sehe mir schöne Frauen nun mal gerne an!« Als wäre das eine Leistung oder eine seltene Eigenschaft. Angela hatte sich auch die Männer in HAUS 1 angesehen und war nicht kalt dabei geblieben, aber sie würde
nie
einen von ihnen mit nachhause nehmen, wie absurd wäre das denn auch. Aber genau das sollte sie tun: Auf eine männliche Nanny bestehen, eine hübsche, starke, erotische männliche Nanny, was wäre das für ein Schock für ihren Mann!
    Angela seufzte, nahm Mann und Sohn bei den Armen und sagte: »Gehen wir Mittag essen!« Als die Familie Leitner drei Stunden später das Gelände des Markts verließ, saß Patrick nicht mehr allein auf der Rückbank ihres Autos.
    Caro hatte sich HAUS 2 weitaus genauer angesehen als das Haus der Arbeiter. Sie war beeindruckt gewesen, wie liebevoll und aufwendig die Schauräume gestaltet und eingerichtet worden waren und fühlte sich an Danesita erinnert, als er von »der Idee eines besseren Lebens« gesprochen hatte. Sie stellte sich auch vor, wie es wäre, wenn inmitten dieser Sehnsuchtsräume ihr eigenes Wohnzimmer aufgebaut würde. Was würden die Besucher empfinden, wenn sie Caros chaotischen Computerplatz, ihre zugemüllte Sofaecke, den klamottenbehängten Ergometer und das Regal mit ihren Fotos und Urlaubssouvenirs sahen? Und mitten drinnen sie selbst. Die
Penguin
-Ausgabe von
Sturmhöhe
lesend und an einem Stück Lauch knabbernd.
    Carolin, 28: K2-Typ, suchtgefährdet, Erfahrung im Iridium-Handel, schöne Haut
.
    Was für ein Deal.
    Sie und ihre Welt waren in etwa das, was die Menschen zurücklassen wollten, wenn sie hierher kamen. Man wollte sich verbessern, logisch. Auch Caro hätte sich gerne verbessert. Deswegen hatte sie diesen Job ja angenommen. Aber die Eindrücke flimmerten vor ihren Augen. Sie war hierher gekommen, um sich nach einer Flucht ins Virtuelle wieder auf die Realität einzulassen, und fand sich jetzt in einer Welt wieder, die künstlicher nicht hätte sein können. Sie hatte offenbar nur die nächste Metaebene erreicht.
    Wenn HAUS 1 ein Arbeiterstrich und HAUS 2 ein Puppenheim war, dann war HAUS 3 ein Kontaktcafé. Schon als Caro das Haus betrat, verrieten die Geräuschkulisse, das Licht – es gab hier Fenster! – und die Weite des Raums, dass die starre Trennung zwischen Besucher und »Helden« hier aufgehoben war. Es gab keine Wege durch die Ausstellung, keine Scheiben vor den Anschauungsobjekten und keine Terminals, die über die Preise Auskunft gaben. Stattdessen befand man sich in einem geschmackvollen, gut besuchten Wiener Kaffeehaus. Caro vergewisserte sich in einer Broschüre, die überall herumlag, dass dies hier auch Teil der Ausstellungsfläche und nicht bloß Gastronomiebereich war. Es war tatsächlich so, dies

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