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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Korssdorff
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das.
    »Ich habe Ihr Profil im Internet studiert und wollte Sie kennenlernen.«
    »Das freut mich.«
    »Mein Name ist Christine.«
    »Guten Tag, Christine.«
    »Ich muss gleich vorausschicken, dass es eigentlich nicht um mich geht, jedenfalls nicht vorrangig. Und ich will noch etwas klarstellen: Wenn ich irgendwann im Laufe unseres Gespräches zu der Ansicht gelange, Sie sind nicht der Richtige, werde ich einfach aufstehen und gehen. Ich möchte mich nicht erklären oder nach Ausreden suchen. Ich habe eine sehr klare Vorstellung von dem, was ich suche, und wenn ich nicht das Gefühl habe, dass Sie diesem Bild entsprechen, Konrad, werde ich unsere Konversation abbrechen. Wissen Sie, das was ich online über Sie lesen konnte, hat mir sehr gefallen, vor allem, dass Sie Historiker sind! Auch der erste optische Eindruck ist gut, aber ein Bild von einem Menschen kann so schnell kippen … Ich hoffe, Sie verstehen mich.«
    Der Mann seufzte schwer: »Ich respektiere das.«
    Die Frau bestellte sich ein Mineralwasser und wies den Mann darauf hin, dass er es trinken könne, falls sie plötzlich aufbrach. Caro hörte, wie der Chef-Ober die Bestellung an einen der jüngeren Kellner weitergab. Er sagte: »Ein Mineral an den Tisch vom Kommodore!«, aber Caro war sich nicht ganz sicher, ob sie richtig verstanden hatte.
    Die junge Frau setzte ihre Ansprache fort: »Eigentlich müsste mein Vater statt meiner hier sitzen, denn er ist es, der einen Freund braucht. Lassen Sie mich kurz über ihn erzählen, dann verstehen Sie auch, warum er heute nicht hier sein kann. Mein Vater ist ein bedeutender Mann in unserer Gemeinde. Er war der Direktor des einzigen Gymnasiums in einem weiten Umkreis um unser Heim. Er hat den Kulturausschuss geleitet und in einem Barockschloss, das Ihnen wahrscheinlich bekannt ist, Lesungen und Konzerte veranstaltet. Er hat bekannte Persönlichkeiten zu uns gebracht, soziale Projekte initiiert und vieles mehr. Er war immer ein Mann der Tat und auch ein Feingeist, verstehen Sie, einer, der Dinge auf vielen Ebenen bewegt. Vielleicht wissen Sie ja bereits, von wem die Rede ist. Falls Ihnen noch ein Puzzlestein fehlt: Er besitzt die bedeutendste private Sammlung historischer Schulbücher in Österreich und – wie wir vermuten – auch in Deutschland. Genau. Was noch? Er hat eine wunderbare Sammlung historischer Schulpulte an ein Museum in Süddeutschland gestiftet, das leider nicht so verantwortungsvoll agierte, wie wir das gehofft hatten, er ist ein großer Kenner von Rilke, spielt wundervoll Fagott und züchtet leidenschaftlich Fasane. Außerdem erfreut er uns …«
    Konrad, den sie auch den Kommodore nannten, erhob sich mitten im Satz der jungen Frau und verließ den Tisch. Die Überraschung ließ sie ebenfalls aufstehen und sie starrte ihm fassungslos nach.
    Caro war so gefesselt davon, dass auch sie von ihrem Sitz hochschnellte und beobachtete, wohin der Mann verschwand.
    Der Kommodore ging auf eine Tür zu, die von einem Security-Mann bewacht wurde. Er forderte den Wachmann auf, ihn durchzulassen, was ihm aber nicht gestattet wurde. Der Kommodore zeigte in Richtung des Tisches mit der jungen Frau und erklärte heftig gestikulierend, warum er dort nicht bleiben könne. Als der Security sich immer noch weigerte, ihn aus dem Saal zu entlassen, rief der Kommodore laut genug, dass es Caro gerade noch verstehen konnte: »Die halt’ ich nicht aus!!«
    Der Security nahm den sich windenden Mann am Arm und ging mit ihm zurück zum Tisch der jungen Frau, die wieder Platz genommen hatte und die Kränkung, die sie bestimmt empfand, mit Strenge überspielte. Der Security, der nicht anders gekleidet war als die Kellner, und sich nur durch seine Körperspannung von ihnen unterschied, bat den Flüchtigen, sich wieder zu setzen, wobei er ihn dezent, aber gewiss mit Einsatz von Kraft auf den Sitz drückte. Dann zog er sich zurück, und Caro, die auch wieder in die Kissen ihrer Bank zurückgerutscht war, beobachtete, wie die beiden einige Momente lang einander schweigend gegenübersaßen. Der Kommodore studierte die Struktur der Tischdecke und wie der Löffel auf der Untertasse seines Kaffees balancierte. Die Frau jedoch sah ihn unverwandt an und erwartete eine Erklärung. Caro kam es so vor, als würde sie jetzt, da der Mann
vor ihr
aufgestanden war, diese Möglichkeit nicht mehr nutzen können. Sie würden es nun bis zum Schluss ausfechten müssen.
    Der Ober kam an Caros Tisch und fragte nach ihrer Bestellung, und sie winkte ihn

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