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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Korssdorff
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Freundinnen schließen: Zwei junge Frauen mit kurzen Röcken und eckigen Knien unterhielten sich mit professioneller Verachtung über eine Schiedsrichterfehlleistung beim letzten Spiel des regionalen Erfolgsfußball-clubs …
    Neben den jungen Leuten saß ein etwas älterer Herr in einer Trachtenjacke, der mit Lesebrille auf der Nase einen Artikel studierte, in dem es, wenn das Foto nicht täuschte, offenbar um ihn selbst ging. Sandra blickte interessiert auf die Zeitschrift, worauf der Herr das Cover hochhielt – es war der
Playboy
.
    Sandra flüsterte Christian zu: »Leo gehört das …, ein Spitzen-Lokal!« Christian hatte sie nicht verstanden, aber es war auch völlig gleichgültig. Er hatte nicht vor, sich alle Gesichter und die dazugehörigen Geschichten zu merken.
    Der Mann mit den streng zurückgekämmten, lichter werdenden grauen Haaren und einer grobporigen, knolligen Nase, der Christian frappant an Thomas Bernhard erinnerte, beklagte sich, dass es schlicht unwahr sei, er habe gesagt, deutsche Restaurants kämen selten über den Charme einer Autobahnraststätte hinaus.
    »Ich hab gsogt, von einer
greisligen
Autobahnraststätte, bittschön.«
    Eines der Mädchen drehte sich zu dem Mann um und sagte: »Aber Papa, das is doch a bäriger Artikel, und du bist glei neben dem Playmate des Monats!«
    Der Mann blätterte drei Seiten zurück, besah sich das Centerfold und meinte: »A liabs Oaschal, oba a Gfries wie ein Breigaul.«
    Die Tochter des Mannes boxte ihn gegen die Schulter, und Sandra lachte laut auf. Sie übersetzte für Christian: »Ein Gesicht wie ein Brauerei-Pferd, verstehst du?«
    Christian nickte lächelnd und überlegte, ob er Sandra erklären sollte, dass sich das Bairische und das Wienerische viele Worte teilten.
    Sandra zog Christian weiter zu einem großen Bauerntisch in einer holzverkleideten Nische, von der aus Fenster auf die Terrasse gingen. Die Fenster waren geöffnet worden und drei der vier Gäste, die hier auf den Bänken saßen, rauchten und kümmerten sich mehr oder weniger aufmerksam darum, ob der Rauch auch aus dem Fenster hinauszog. Eine Hausangestellte war gerade damit beschäftigt, den Gästen neuen Champagner einzuschenken. Sie war ein schlankes, dunkelhaariges Mädchen von vielleicht 22 Jahren und sah mit ihren schwarzen Jeans, der schwarzen Bluse und der Kurzhaarfrisur eher nach einer Mitarbeiterin einer Galerie als nach einem Dienstmädchen aus.
    Sandra sagte: »Danke, Terese!«, und schickte sie zu der Runde beim Kamin.
    Christian musste erneut Hände schütteln. Im Laufe des folgenden Smalltalks, der sich hauptsächlich um das blendende Aussehen des Geburtstagskinds und eine hervorragende Guacamole, die offenbar viel zu schnell aufgebraucht worden war, drehte, flüsterte Sandra Christian zu, um wen es sich bei den Gästen handelte: Da war der unmittelbare Nachbar der
Wohlschlags
(dieser Name war nun bereits zweimal gefallen, offensichtlich war es der Familienname von Sandra und ihrer Mutter), ein grauhaariger Patentanwalt im Freizeitpulli, der immer wieder sein Handy überprüfte, weil er einen Anruf seiner Frau oder eine SMS seiner Geliebten oder beides erwartete; eine fünfzigjährige leitende Journalistin einer bekannten Modezeitung, die nach zwei stressbedingten Hörstürzen ein Paar violette Hörgeräte trug; eine afrikanische Ärztin in traditionellem Kaftan, die in Deutschland Unterstützer für ihr Hilfsprojekt für sudanesische Kriegstraumapatienten suchte; und ein 40-jähriger Junior-Hotelier vom Starnberger See, der mit dem Motorrad gekommen war und immer noch Abdrücke der Gummifassung seiner Schutzbrille im Gesicht hatte.
    Nach ein paar Minuten zielloser Konversation steuerte Sandra mit Christian im Schlepptau den dritten Versammlungspunkt des Raums an.
    Auf einem schwarzen Ledersofa, das riesenhaft und düster die linke Ecke des Raums einnahm, saßen drei attraktive Damen schwer zu definierenden Alters, die schon aus der Ferne so viel Selbstsicherheit und Sarkasmus ausstrahlten, dass Christian unbewusst Sandras Ziehen Widerstand leistete, und sie ihn böse anblitzen musste, damit er ihr weiter folgte. Etwas abseits von den Damen saß Michi – der Mann, der den Pierre Cosso in Christian entdeckt hatte. Sandra beugte sich zur mittleren der drei Frauen hinab und küsste sie auf die Wange. »Sorry Mama, I’m late.«
    Der Blick von Sandras Mutter fiel sofort auf Christian, der hoffte, ihrer Prüfung nicht standzuhalten, damit er als Geschenk gleich wieder

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