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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Korssdorff
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für ein Bad erwärmen: »Hey, ich schau dir einfach zu, ok? Du drehst ein paar Runden, ich feuer dich an, und wenn du rauskommst, rubbel ich dich mit meinem Sweater ab und steck dir eine Zigarette an. Verwöhnprogramm, hm?«
    Sie kam ein paar Schritte auf ihn zu und zwickte ihn fest und unerwartet schmerzvoll in die Wange. »Hör mal, du Knilch, wenn du jetzt nicht reinspringst, bringe ich dich sofort wieder in den Laden und schreib dir eine so gepfeffert fiese Online-Bewertung, dass dich der nächste Bauer zum Preis von einem Dreierpack Unterhosen kauft. Der verwendet dich tagsüber als Vogelscheuche und nachts als Arschfickuntersatz. Ich krieg immer wieder Briefe von Typen, die wollen, dass ich sie zurückhole, aber mit denen ist nach acht Wochen am Rosettenhof echt nichts mehr anzufangen. Ich will nur
schwimmen
mit dir, du bist im
Himmel
, mach dir das mal klar!«
    Christian nahm ihr Handgelenk und drückte ihre Hand von seinem Gesicht weg, wo eine rote Kerbe in der Wange zurückgeblieben war. Er konnte sich schwer beherrschen, sie nicht einfach umzuwerfen. Sie sah es ihm an und flüsterte: »Irgendwann will ich sicher, dass du ein bisschen grob zu mir bist, aber jetzt nicht, du
Held
.« Und dann setzte sie mit völlig veränderter Stimme fort, im Ton des quengelnden, verwöhnten Mädchens: »Ich will jetzt schwimmen, ach, komm schon, komm!« Christian entfuhr ein: »Du bist ja vollkommen meschugge!«, aber da hatte er auch schon begonnen, seinen Pulli und die Schuhe auszuziehen.
    Sie jauchzte und lief zum Wasser. Als sie einen Fuß in den See gehalten hatte, rief sie: »So eine Scheiße, ist das chillig!«, und rannte mit verschränkten Armen an ihm vorbei zum Auto zurück. Christian sah ihr ratlos nach. Ralf hatte sich inzwischen zu ihm gesellt und sammelte Sandras Kleider auf. Er sagte leise zu Christian in der Dunkelheit: »Das glaubst du mir jetzt vielleicht nicht, aber sie hat schon recht: Du hättest es schlimmer erwischen können.« Dann stapfte er gleichmütig mit ihren Klamotten und der Flasche Champagner zum BMW zurück.
    Auf der restlichen Fahrt nach München schlief Sandra in eine Decke gewickelt. Der Chauffeur drehte die Musik etwas leiser und fragte Christian nach seiner Geschichte. Christian traute Sandra nicht, und dem Chauffeur genauso wenig, also sagte er bloß, er könne nicht so gut mit Geld umgehen, er werfe es beim Fenster hinaus, und bei der Tür käme der Gerichtsvollzieher herein.
    Christian war jetzt 33. Diejenigen, die ihn gekannt hatten, als er Anfang 20 mit dem Bus und seinen Surfboards durch die halbe Welt gefahren war, immer auf der Suche nach der nächsten Welle, dem nächsten Trip und der heftigsten Party, wären nicht überrascht gewesen, dass es ihn zuletzt nach Indien verschlagen hatte, wo er in Bombay als Statisten-Scout für Bollywood-Filme gearbeitet hatte. Dazwischen lag aber ein weiter Weg, und der Christian, der Touristen auf der Straße für Werbefilmdrehs anwarb, war erstens nicht mehr ganz jung und zweitens am Ende eines Lebensweges, der ihn einiges gekostet hatte: Geld, Freundschaften, Gehirnzellen. Und jetzt auch seine Freiheit.
    Als der BMW die A8 verließ und auf den Innsbrucker Ring wechselte, erwachte Sandra aus ihren Champagner-Träumen. Einige Minuten lang starrte sie düster und dumpf aus dem Fenster, dann fragte sie den Chauffeur mit rauer Stimme, wie lange es noch dauern werde. Er sagte, sie bräuchten noch eine Viertelstunde. Sandra drehte sie sich zu Christian um. Sie betrachtete ihn eine Weile, wobei ihr die Augen wieder schwer zu werden schienen. »Hat Egon noch offen?«
    Der Chauffeur griff zu seinem Handy.
    Zehn Minuten später hielten sie vor einem Friseursalon in Schwabing. Auf dem Gehsteig stand eine Traube von Menschen, die plauderten und rauchten, Bier aus kleinen Flaschen tranken und sich durch nichts anmerken ließen, dass sie sich in keiner Bar befanden. Sandra nahm Christian am Arm und zog ihn in den Salon hinein. 40 Minuten später folgte sie ihm wieder hinaus. Er hatte nun den Haarschnitt eines deutschen Sängers, den er nicht kannte. Egon hatte die Frisur mit den Worten angepriesen: »Ein
Bad-Boy-Look
mit einer
messy
gestylten Ponypartie!« Christian ächzte, als er sich im Spiegel sah.
    Kurz vor elf erreichten sie ihr Ziel. Es war ein Ehrfurcht erregendes Anwesen im Nobelbezirk Bogenhausen, und Christian erfuhr später, dass es sich um eine Villa im Stil eines Landschlosses des 16. Jahrhunderts handelte. Die Mauern um das Grundstück

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