Kauft Leute
während des Vortrags zu pfeifen begonnen. Als er geendet hatte, herrschte jedoch wieder Stille. Papaya begann sich nun erneut zu lockern und nahm das Mikro aus dem Halter. »Und ich werde bleiben im Haus des Herrn immerdar. Im Haus meines Herren … Bei Ihnen zum Beispiel!»
Er zeigte auf einen Mann ein paar Reihen vor ihm, der nervös auflachte.
»Oder bei Ihnen da oben, Sie mit dem Gesicht, das aussieht, als hätten Sie es nur mal schnell übergezogen, um die Zeitung zu holen. Oder bei Ihnen, würden Sie mich mit Ihrem Stecken trösten?! Ich bin sicher, das würden Sie!«
Einer rief: »Nicht lustig!«
»Ok, wie stelle ich mir meinen Herrn vor? Er muss stark und bärtig sein und rülpsen können. Ein Bud-Spencer-Typ: Bärbeißig, asexuell, schlägert sich in Kneipen und schläft dann gleich auf dem Fußboden. So einem Typen würde ich überallhin folgen. Ich wäre ein großartiger Terence Hill. Blaue Kontaktlinsen, gelbe Haare, papierweiße Zähne, freche Sprüche aus dem Schatten meines Herrn abfeuernd:
Ach, der müsste auch im Tutu ganz allerliebst aussehen. Nein, wenn ich mir vorstelle, der tanzt den sterbenden Schwan von Scheißkovskij!
«
Ein paar im Publikum lachten, nicht aber Danesita.
»Wir würden uns mit Diktatoren, Viehbaronen und Gangsterbossen anlegen, und für mich bliebe immer eine blonde Schnecke übrig, die mich sehnsüchtig taxiert, während sie Wäsche wascht oder Teig knetet oder ein Pony füttert. Bei wem von Ihnen erwartet mich so ein Leben? Ich springe sofort auf Ihren Pferdewagen oder Ihr Beiwagenmotorrad und wir legen los! Aber ich muss Sie warnen: Wenn Sie einen Komiker mit nachhause nehmen, werden Sie bald nichts mehr zu lachen haben! Sie kennen doch bestimmt den Spruch:
Wenn ein Mann eine Nutte bestellt, bezahlt er sie nicht für den Sex, er bezahlt sie dafür, dass sie nachher geht
. Mit der Komik ist das nicht unähnlich. Wenn Ihnen vor lauter Lachen einer abgegangen ist, wollen Sie unter Garantie nicht mehr, dass ich neben Ihnen liege und flüstere:
Einen hab ich noch!
Warum sind die guten Dinge im Leben so gut? Weil sie
vorbeigehen
. Sonnenuntergänge, das erste Bier an einem Nachmittag am Schotterteich, eine zuverlässige Potenz; die Fähigkeit, sich ein ganzes Formel-1-Rennen anzusehen oder sich so richtig, richtig über einen korrupten Politiker aufzuregen – diese Dinge gehen vorbei. Aber anstatt zu sagen, genießen wir’s, solange es anhält, versuchen wir die Dinge festzuhalten, zu konservieren und künstlich am Leben zu halten. Wir versichern, verlängern, versprechen, vervielfältigen – und trotzdem rinnt uns das Leben zwischen den Fingern durch. Und in dem einen Moment, wo wir glücklich sein könnten, füllen wir ein Formular aus, in dem wir eine Erweiterung der Haushaltsver-sicherung unserer Innenstadtwohnung auf Muren- und Steinschlagschäden abschließen. Ach, das finden Sie witzig? Finden Sie es noch witzig, wenn wir morgen gemeinsam beim Frühstück sitzen, Sie gerade eine Erweiterung der Haushaltsversicherung Ihrer Innenstadtwohnung auf Muren- und Steinschlagschäden abschließen und ich immer noch den Finger draufhalte?! Aber nein! Sie werden sagen: Geh mal in den Keller und sei dort witzig, ich habe nämlich zufällig wichtige Dinge zu erledigen, du Komiker! Und wissen Sie was: Recht haben Sie! Ein Komiker hat seinen Platz nämlich auf einer Bühne, nicht in Ihrem Leben.«
Danesita flüsterte Caro zu: »Ich finde ihn nicht gut. Er sollte die Leute zum Lachen bringen, aber er greift sie indirekt an.«
Caro lächelte.
»Waren Sie schon in HAUS 6? Oh, ich wette, Sie waren schon. Wissen Sie, was Jayne Mansfield gesagt hat? Männer – das sind die Geschöpfe mit zwei Beinen und acht Armen. Ich glaube, die Ladys in HAUS 6 würden sagen, Männer sind die Wesen mit zwei Beinen, einhundert Augen und einer Million Euro in der Tasche. Wissen Sie, wie es sich anfühlt, in einem Schaufenster zu stehen? Nicht davor, sondern darin? Ich könnte es Ihnen sagen, aber ich habe so ein Gefühl, als würden Sie es selbst noch rausfinden.«
Einige Leute pfiffen nun, und andere forderten, dass Papaya die Bühne räumen solle. Ein Security betrat die Bühne und deutete dem Entertainer, einen Abgang zu machen.
»Ah, verstehe, meine Sternstunde ist vorüber. Nur das noch: Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Komiker und einem Psychopathen? – Nein? – Dann passen Sie auf, wenn Sie sich mal einen Komiker kaufen, dass Sie nicht mit einem Psychopathen
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