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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Korssdorff
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Anti-Selbstbeweihräucherung, die nichtsdestotrotz nach Eitelkeit roch, und Caros Kampagne war Fixstarter. Sich dennoch über die Auszeichnung dieses Abends freuen zu können erforderte viel Sinn für Ironie, totale Skrupellosigkeit oder maßlose Blödheit, und es schien, dass Caro von keiner dieser Gaben genug besaß. Die schlechteste Arbeit ihrer Karriere war gleichzeitig ihre erfolgreichste, und sie wusste nicht, ob es richtig war, oder eine noch bitterere Niederlage, dass keiner gekommen war, der sich für sie freute und mit ihr feiern wollte.
    Der Wachmann führte Caro zu einem Raum, in dem die Interviews mit den neu eingetroffenen Hausbewohnern stattfinden sollten. Sie gingen durch graue, neonbeleuchtete Gänge, an Dutzenden von geschlossenen Türen vorbei. Keine der Türen war beschriftet, nirgendwo gab es Pfeile oder Hinweise, wo man sich befand, und nichts deutete von außen darauf hin, was in den Räumen vorging. Caro fragte den Wachmann, wie er sich denn hier zurechtfände.
    Er antwortete: »Ich mache es so wie alle hier: Ich öffne irgendeine Tür, und wenn keiner ruft:
Raus, Sie Idiot!
, dann bin ich richtig!«
    Nach einigen Abzweigungen blieb der Wachmann vor einer Tür stehen, die sich durch nichts von den vielen anderen davor unterschied. Mit großem Respekt öffnete er sie ein Stück und lugte hinein. Er nickte zufrieden.
    »Hier sind wir! Setzen Sie sich rein, bereiten Sie sich vor, ich komme dann in ein paar Minuten mit dem ersten Kandidaten wieder. Sie kennen die Regeln ja, oder?«
    »Was für Regeln?«, fragte Caro und merkte, wie ihr unangenehm warm wurde.
    Der Wachmann kratzte sich am Haaransatz an der Stirn, wo eine kleine Kolonie Pickel blühte. Erst jetzt wurde Caro bewusst, wie jung er war, vielleicht noch keine zwanzig. Der Junge sah sie unglücklich an.
    »Keiner Ihnen was erklärt?«
    »Keiner mir was erklärt«, bestätigte Caro.
    »Also, es ist so«, begann der Wachjunge, »es kommen ganz verschiedene Leute hier an! Alle sind natürlich
freiwillig
hier, aber nicht alle
willig
, manche geradezu
unwillig

    »Aha«, sagte Caro, »und was bedeutet das?«
    Der Bursche warf einen Blick auf die Kamera, die im Raum an der Decke montiert war und zog Caro an der Schulter wieder auf den Gang hinaus. Er sprach jetzt leise und nuschelte ihr direkt ins Gesicht, wobei sie seinen Red-Bull- und Zigaretten-Atem riechen konnte – und natürlich das Axe-Deodorant, das ihn zu einem Sexobjekt für hinreißende junge Frauen machte, wenn die Werbung in diesem Punkt nicht übertrieben hatte.
    »Manche von denen wissen nicht, wo sie hier überhaupt sind, andere nicht,
warum
sie hier sind, und manche wollen einfach nur wieder weg oder Ihnen an die Kehle springen. Einige sind ganz ok, vor allem, wenn sie den Laden schon kennen. Ich weiß, wir nennen sie
Helden
, aber die
Helden
– das sind
Sie
und
ich
!« Der Junge lehnte sich an die Wand, zog seine Jacke aus und krempelte einen Hemdsärmel hoch: Ein Verband kam zum Vorschein, der dringend mal gewechselt gehörte. »Eine hat mich gebissen – wie ein Pitbull, ich sag’s Ihnen! Und das war keine von den Putzen aus dem Zweierhaus, das war eine, die früher mal ein Hotel geführt hat! Die sitzt jetzt im Wiener Kaffeehaus mit dem Fuchs um ihren fetten Hals und sucht dort einen Partner, den sie im Schlaf totbeißen kann. Es sind die, die mal was hatten, und es verloren haben, auf die Sie aufpassen müssen!«
    »Ach, Gott«, ächzte Caro und ließ sich auf einen knallgelben Klappstuhl fallen, der ohne jeden Hinweis auf seinen Zweck am Gang herumstand. »Und wie lauten jetzt die Regeln?«
    Der Wachmann zog kräftig die Nase hoch und murmelte: »Na, so richtige Regeln gibt es nicht, vorsichtig sein halt.«
    Caro sah von ihrem Stuhl zu dem Jungen hoch: »Ich beiß dich auch gleich wohin, das ist dir klar, oder? Wie heißt du eigentlich?«
    Der Junge wurde ernst. »Dennis. Ich hatte einmal eine Beziehung mit einer älteren Frau. Es hat aber nicht geklappt, unsere Freundeskreise haben nicht zusammengepasst.«
    Caro strich sich über die Knie und betete vor sich her: »Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal …«
    »Cool, das ist aus
Sin City
!«, flüsterte der Wachjunge.
    Caro formulierte die nächste Frage sehr einfach und deutlich: »Wer hat denn
vor mir
mit den Neuen gesprochen, Dennis?«
    »Entweder dieser Danesita selbst oder der Doc oder der Coach … Gerissen hat sich keiner um die Interviews.«
    Caro überhörte seine letzte Bemerkung. »Kann ich mit

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