Kauft Leute
in die Hüften, weil er nun doch keine Verwendung für sie hatte.
Gerald stöhnte laut, vielleicht vor Scham, vielleicht nur, weil ihm diese Situation jetzt einfach unendlich lästig war. »Was machst du hier? Bist du nicht in Wien?«
»Nein, ich bin nicht in Wien. Also: warum?«
»Es war die Bedingung, Chris, es war ihre Bedingung!«
»Wofür?«
»Dafür, dass ich den Etat bekam!«, sagte Gerald ganz sachlich.
»Was soll das sein«, fragte Christian, »ein Blutpfand? Bin ich das
fucking
Erstgeborene?«
Gerald hatte sich Christian bis auf zwei Schritte genähert. »Sie wollten wissen, dass ich auf ihrer Seite bin. Dass ich das System akzeptiere. Und Christian, du hast mich im Stich gelassen!« Gerald nickte bedeutungsschwanger und von seiner Wahrheit überzeugt.
Christian schüttelte den Kopf. »Ich habe nie wirklich zu deiner Firma gehört. Du hast mich ausgenutzt, weil ich Kontakte in die Travellerszene hatte und ein paar DJs kannte, ich habe dir nichts geschuldet!«
»Als du gemerkt hast, dass die Partys nicht liefen und das Hotel auch nicht, hast du dich einfach ausgeklinkt. Du hast kein Geld investiert, es lag alles bei mir. Und dann bist du nach Indien verschwunden! Nennst du das partnerschaftlich?!«
Christian fasste es nicht, wie schnell Gerald dazu übergegangen war,
ihm
Vorwürfe zu machen. »Mein Haus ist abgebrannt, Gerald, inklusive meiner Bücher, meiner Fotos, meines Computers! Mein Romanmanuskript ›Der Traum der L’ Oriflamme‹, das ich in Chile geschrieben habe – weg! Die Bilder von meinen Reisen, von meiner Mutter, bevor sie gestorben ist.«
»Ja, das ist schlimm, aber du hast es dir selbst zuzuschreiben mit deinem Kiffen und was du sonst einwirfst. Du hattest es nicht mehr unter Kontrolle! Ich dachte, ich tue dir was Gutes, wenn sie dich dort aufnehmen!«
Jetzt war Christian die Parkruhe plötzlich gleichgültig und er schlug Gerald mit beiden Händen gegen die Brust, sodass er vor ihm zu Boden stürzte.
Gerald hob die Hände und rief: »Mach das nicht, die stecken dich ins Gefängnis!«
»Da komm ich wieder raus, um dir jeden Tag für den Rest deines Lebens in den Arsch zu treten.«
»Soll ich die Securitys rufen?«, fragte Gerald immer noch auf dem Weg sitzend, »die sind sofort hier!«
»Ich sag dir, was du tun sollst«, sagte Christian heiser, »kauf mich!«
»Was?«
»Du wirst mich heute kaufen, und dann kaufe ich mich selbst um einen symbolischen Arschtritt von dir zurück.«
Gerald stand wieder auf, Christian dabei vorsichtig taxierend. »Wie stellst du dir das vor? Ich kann dich nicht kaufen, ihr seid für die Gäste da! Was ist, wenn dich jemand anderer will?!«
Das hatte Christian nicht bedacht. »Ich könnte mich bis zum Ende der Veranstaltung irgendwo verstecken«, schlug er vor.
Gerald lachte. »Chris, du bist in der Datenbank. Im Schloss liegen zweihundert Tablet-Computer mit euren Daten und Fotos herum, du musst dabei sein!«
Christian wurde unruhig, er hatte zu viel außer Acht gelassen. »Wenn ich aber nicht gekauft werde«, sagte er, »dann wirst
du
es tun, in Ordnung?«
»Natürlich«, rief Gerald, »oder denkst du, ich fühle mich wohl mit dieser Situation?! Ich hätte dich in jedem Fall wieder rausgeholt!« Er legte Christian die Hand auf die Schulter. »Was hältst du davon, Chris, wir machen unser eigenes Business auf. Ein Freund von mir kennt ein Dorf auf den Philippinen, da leben nur Frauen! Die Männer sind alle weg, die arbeiten auf Kreuzfahrtschiffen, Bohrinseln, Schiffsfriedhöfen … Wir chartern uns in der Ukraine eine Tupolew, holen die Mädels auf einen Satz nach Good Old Europe und warten die Gebote ab. Win-win! Was meinst du?«
»Bist du nicht mehr im Event-Business?«, fragte Christian und hoffte, Gerald würde die Hand von ihm nehmen.
»Niemand kann es sich heute leisten, in einem anderen Business zu sein als diesem! Schau, was hier möglich ist!« Gerald legte nun auch die andere Hand auf Christians Schulter und drehte ihn um hundertachtzig Grad, sodass sie beide in Richtung des Schlosses sahen.
Keine hundert Meter vor ihnen sank der Blauwal der Lüfte majestätisch langsam in Richtung Boden. Noch nie hatte Christian einen Zeppelin dieser Größe gesehen. Das Geräusch der Propeller hatte er vorher schon wahrgenommen, es aber für einen Dieselgenerator gehalten. Unter dem riesigen Ballon des Luftschiffs klammerte sich die Kabine wie ein Parasit an seine Außenhaut. Lange Fäden hingen vom Zeppelin herunter, die in Wirklichkeit
Weitere Kostenlose Bücher