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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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müssen. Vom Packer bis zum Laboratoriumsdiener – das ist ‘n mächt’ger Sprung!«
    »Wird gemacht, Kollege!«
    Wittebold ging in sein Zimmer. Lange konnte er keinen Schlaf finden und grübelte über Dinge, die ihn doch eigentlich nichts angingen. Denn was hatte sich ein Laboratoriumsdiener um den Verbleib einer Analyse zu kümmern?

Am nächsten Mittag, kurz vor Beginn der Nachmittagsschicht, ging Wittebold in die Packerei, wo er bis vorgestern gearbeitet hatte, und suchte seinen früheren Kollegen Embacher auf. Nach Beendigung der deutschen Rennsaison fanden sich immer noch genug unverbesserliche Wettratten, die ihr Geld in Auslandswetten weiter riskierten. Als Mittelsmann diente Embacher. Doch Wittebold hegte einen sonderbaren Verdacht, um deswillen ihn seine Kollegen wohl ausgelacht hätten. Er war überzeugt, daß Embacher die Wetten manchmal selber verrechnete; denn er hatte schon ein paarmal Gewinne ausgezahlt, die auf telegrafischem Wege so schnell gar nicht von Paris zurück gelangt sein konnten.
    »Schnell, Embacher! Haben Sie Ihre Aufträge abgeschlossen? Ist das Telegramm nach Paris schon weg?«
    »Noch nicht. Was wollen Sie denn wetten?«
    »Fünf Mark auf ›Le Prince‹. Wie ich hörte, soll der jetzt endlich kommen!«
    Embacher nickte, griff in die Tasche, holte einen Bogen heraus, auf dem eine Reihe von Wertaufträgen verzeichnet war, und schrieb die neue Wette unten an.
    Wittebold deutete auf die Fabrikuhr. »Ist aber höchste Zeit, daß das Telegramm wegkommt! Soll ich es gleich mitnehmen?«
    Embacher gab es Wittebold. »Ja. Erledigen Sie es bitte gleich!« Und beim Weggehen rief er ihm noch nach: »Heut abend! Alle neune! Nicht vergessen!«
    In aller Eile fertigte Wittebold sich eine Abschrift an. Dann erst gab er das Telegramm an der Werkpoststelle auf und ging weiter in seinen Dienst. —
    Am selben Abend machten sich Schappmann und Wittebold schon ziemlich früh auf den Weg nach ihrem Stammlokal bei Max Nestler. Als sie eintraten, saß dort bereits Embacher mit einem Fremden zusammen. Der erhob sich beim Erscheinen der zwei und verschwand.
    Wittebold und Schappmann setzten sich an Embachers Tisch. »Ein bißchen früh heut abend«, sagte der. »Vor ‘ner halben Stunde wird’s wohl nicht losgehn. Eh sie alle zusammen sind ...«
    »Spielen wir ‘nen kleinen Skat!« schlug Schappmann vor. »Max, bring mal die Karten!« Er nahm das Spiel und begann zu mischen. »Embacher schreibt – das hat er ‘raus!«
    Der Packer griff in die Brusttasche, zog allerhand Papiere heraus und suchte nach einem brauchbaren Blatt.
    Schappmann legte ihm den Haufen zum Abheben hin. »Du hast da so’n schönes, großes Kuvert! Nimm doch das! So lange spielen wir ja doch nicht!«
    Embacher nahm den Inhalt aus dem Kuvert und schob ihn mit den anderen Papieren wieder in die Tasche. Wittebold, der gegenübersaß, hatte das Gesicht scheinbar zu Schappmann gewendet, hielt aber den Blick scharf auf Embachers Hände gerichtet. So sah er, wie der Inhalt des Kuverts, den Embacher schnell wegsteckte, ein Umschlag war, auf dem eine französische Briefmarke klebte.
    Allmählich kamen die anderen Kegelbrüder. Embacher rechnete aus: »Wittebold hat dreißig Pfennig verloren!« Und riß das Kuvert, worauf er geschrieben, in Stücke, die er unter den Tisch warf.
    Während sich alle auf der Kegelbahn versammelten, ging Wittebold noch einmal zurück und sagte zum Wirt: »Hab’ meinen Bleistift vorhin verloren!« Er beugte sich unter den Tisch, nahm unbemerkt die Teile des zerrissenen Umschlags auf und schlenderte dann wieder nach hinten.
    Von kräftigen Fäusten gesetzt, donnerten die Kugeln über die Bahn. Das Beförderungsfäßchen von Wittebold trug nicht wenig zur Hebung der Stimmung bei. Embacher war, wie immer, der Matador. Keiner schob so viele Neunen wie er. Um sich’s bequemer zu machen, legte er jetzt, wie die meisten seiner Kameraden, seinen Rock ab, hängte ihn an die Hinterwand des Zimmers und kegelte in Hemdsärmeln weiter. Wittebold folgte seinem Beispiel und hängte seinen Rock daneben.
    Als Embacher mal hinausgegangen war, machte sich Wittebold an seinem Rock zu schaffen. Dabei glitten seine Finger verstohlen in die Nachbartasche. Bald hatten sie das Kuvert mit der französischen Marke erfaßt. Flink bugsierte Wittebold den fremden Brief in seine eigene Tasche, warf den Rock über und verließ ebenfalls den Raum.
    In der Toilette schloß er sich ein, öffnete den Brief und las den Inhalt, indem er gleichzeitig

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