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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Schluß der Vernehmung über den Korridor geführt wurde, fiel eine Frau in Krämpfen schreiend zu Boden. In dem Gedränge, in dem allgemeinen Tumult gelang es Bernhard, zweifellos mit tatkräftiger Unterstützung von Komplicen, zu entfliehen. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, seiner wieder habhaft zu werden.«

Die erregten Zwischenrufe, die dieser Mitteilung folgten, unterbrach Dr. Wolff, indem er weitersprach: »Doch dies ist nicht die einzige Hiobsbotschaft, die ich zu melden hätte. In der Nacht von gestern auf heute ist auch die Adrienne L’Estoile, wie sie sich nennt, aus dem Gefängnislazarett entflohen. Wie man jetzt festgestellt hat, waren ihr im Untersuchungsgefängnis von außen her opiumhaltige Mittel zugesteckt worden, deren Genuß die Dame in einen gewissen Krankheitszustand versetzte, so daß sie ins Lazarett kam. Auf irgendeine Weise ist sie dort in den Besitz einer Schwesterntracht gekommen. In dieser Verkleidung konnte sie ungesehen verschwinden. Denn die Polizei glaubt sicher zu sein, daß sie mit einem Flugzeug ins Ausland geflogen ist. Diese Vorfälle sind überaus bedauerlich. Zeigen sie doch auch, wie stark der Hinterhalt ist, auf den die Agenten sich stützen können. Andere Agenten, die das natürlich erfahren, sehen, wie fürsorglich man ihrer im Falle der Not gedenkt. In der Folge werden sie natürlich ihr Handwerk um so frecher treiben ... Das Entweichen dieser Adrienne L’Estoile ist besonders unangenehm. Lag es uns doch daran, zu erfahren, woher die Gegenseite wußte, daß Herr Düsterloh gerade in der betreffenden Zeit die wichtigen Geschäftspapiere in seiner Privatwohnung in Hannover hatte ...«
    Eine Stimme rief den Namen »Lohmann!«
    Wolff zuckte die Achseln. »Es ist möglich, vielleicht wahrscheinlich, daß Lohmann derjenige war, der der Gegenseite die günstige Gelegenheit verpfiff. Es ist natürlich mehr als auffällig, daß Herr Lohmann unmittelbar nach der Verhaftung der L’Estoile seine gute Position hier verlassen hat und niemals wieder ein Lebenszeichen von ihm hierher gelangt ist.«
    Kampendonk wollte die Sitzung schließen, da erhob sich Direktor Lindner und fragte: »Ich möchte darauf hinweisen, daß die Aktien der MEA-Werke in der letzten Zeit in einer Weise gestiegen sind, die mit Rücksicht auf den allgemeinen Stand der Börsenpapiere als außerordentlich bezeichnet werden muß. Wäre es vielleicht möglich, eine Erklärung hierfür zu geben?«
    Kampendonk strich sich lächelnd den weißen Bart. Sein Auge ging fragend über die Versammlung. Als sich niemand zum Wort meldete, wollte er selbst sprechen. Da wurde von ein paar Seiten der Name »Moran« gerufen.

Kampendonk schaute mit ironischem Lächeln nach der Richtung, wo diese Rufe laut geworden waren. »Wenn einige Herren meinten, die ... glücklichen ... Arbeiten des Herrn Doktor Moran gäben den Anlaß zu dieser Kurssteigerung, so dürften die Herren wohl in einem starken Irrtum sein. Diese unbekannten Käufer sind Leute, die auf lange Sicht arbeiten. Ich nehme viel eher an, daß die Kurssteigerungen auf Gerüchten basieren, die über Doktor Fortuyns Arbeiten umgehen. Sie wissen doch alle, daß man in England einiges Material über diese Arbeiten hat, und man wird da vielleicht fester als anderswo ...« Kampendonk wiederholte das Wort ›anderswo‹, »an einen Erfolg glauben. Eine Gefahr droht uns aus diesen Käufen nicht. Selbst wenn die im freien Handel befindlichen Aktien sämtlich in einer Hand vereinigt wären, würde es nicht einmal zu einer qualifizierten Minderheit langen. Wir können diesen Käufen ruhig zusehen.«
    Die Versammlung wollte sich zerstreuen, da nahm der Generaldirektor noch einmal das Wort: »Die Herren, die außer Herrn Direktor Fortuyn und mir an der Beisetzung unseres früheren Direktors Terlinden teilnehmen wollen, bitte ich, mir das noch im Laufe des Morgens mitteilen zu wollen.«

Als Kampendonk davon sprach, daß selbst die größten Aktienkäufe keine qualifizierte Minderheit zusammenbringen könnten, ahnte er nicht, daß nur ein Zufall es verhindert hatte, daß Mr. Steve Hopkins bei der nächsten Generalversammlung ein Paket MEA-Aktien auf den Tisch des Hauses legen konnte, das eine solche Minderheit repräsentiert hätte. Ungefähr zur selben Zeit, als Kampendonk jene beruhigenden Worte sprach, saßen Steve Hopkins und Elias Bronker an der Côte d’Azur mit Dolly Farley zusammen.
    Der lachende Himmel, die in herrlichem Sonnenschein liegende blaue Flut, das duftende,

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