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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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blühende Land um sie her – nichts von alledem vermochte ihre Augen zu fesseln. Mißmutig und verdrossen glitten ihre Blicke über die paradiesische Landschaft, als ob sie an einem wüsten Gestade säßen.
    »Ich glaube, Steve, du wirst jetzt selbst einsehen, daß es keinen Zweck hat, hier länger zu bleiben«, unterbrach Dollys scharfe Stimme die Stille. »Ich halte es jedenfalls hier nicht länger aus. Wir sitzen nun schon wochenlang an der gepriesenen Riviera. Riviera hin, Riviera her! Ich bin sehr enttäuscht. In Capri gefällt es mir weit besser als hier. Paris, Berlin – ja, das ließe ich mir noch gefallen. Aber dahin willst du ja nicht!«
    »Ich dächte auch, Hopkins«, kam Bronker ihr zu Hilfe, »wenn Sie selbst in Berlin gewesen wären, würden Sie diese Schlappe vermieden haben. Vielleicht fahren Sie doch noch hin und suchen zu retten, was zu retten ist?«
    »Schlappe!« knurrte Hopkins vor sich hin. »Etwas sehr euphemistisch ausgedrückt, mein lieber Bronker! Ein schwerer Schlag, eine Niederlage ersten Ranges war das. Dieser Japaner! Weiß der Teufel, wie er es verstanden hat, diesen Büffel Düsterloh rumzukriegen!«

Bronker unterdrückte das Wort, das ihm auf der Zunge lag, und sprach dann, mit einem etwas bedenklichen Blick auf Hopkins wütendes Gesicht, begütigend: »Das hätte man beim besten Willen auch nicht ahnen können, Hopkins. Unser Ban­
    kier Holmgreen ist doch wahrhaftig ein gewiegter Geschäftsmann. Nach seinem Bericht – wie ihn dieser Düsterloh bei einem Versuch, ihm sein Aktienpaket abzukaufen, hat ablaufen lassen – da konnte man doch bei Gott nicht annehmen, daß dieser Büffel, wie Sie ihn eben nannten, seine MEA-Aktien plötzlich an Herrn Oboro verkaufen würde.«
    »Wüßte nicht, was ich in Berlin noch machen könnte«, brummte Hopkins. »Oder glauben Sie etwa, dieser Herr Oboro ließe sich, selbst mit höchstem Aufgeld, das Düsterlohsche Aktienpaket abkaufen? Herr Oboro hat ein persönliches Vermögen von 50 000 Pfund, wie ich aus sicherer Quelle weiß. Das Aktienpaket hat ihn, billig gerechnet, eine halbe Million Pfund gekostet. Da steckt ein andrer dahinter. Wahrscheinlich seine Regierung.«
    »Dann müßt ihr eben noch weiter am freien Markt kaufen!« fiel Dolly ein.
    Hopkins zuckte die Achseln. »Würde ein teurer Spaß werden, bei dem wahrscheinlich doch nichts rauskäme. Kann mir wenigstens nicht denken, daß wir durch Käufe am freien Markt die qualifizierte Minderheit bekommen.«
    Bronker hatte seinen Notizblock gezogen und schrieb emsig Zahlen über Zahlen untereinander. Jetzt zog er einen Strich, addierte und sagte dann mit schwerem Seufzer: »Wir müssen kaufen, Hopkins; und wenn die Kurse noch so sehr in die Höhe gehen! Erreichen wir auch nicht die qualifizierte Minderheit, so bekommen wir doch ein Paket zusammen, das uns die Macht gibt, den Herren in Langenau eine sehr unangenehme Opposition zu machen.«
    Dolly Farley zuckte mit den Beinen, als hätte sie jemand auf den Fuß getreten. »Oh, wir werden sehr teuer kaufen müssen! Sehr teuer!« stöhnte sie. »Ich begreife nicht, weshalb ihr das nicht tut, was ich immer wieder sagte: Bietet diesem Doktor Fortuyn doch die richtige Summe – und ihr werdet ihn haben! Sofort wären alle Schwierigkeiten aus der Welt geschafft.«
    Hopkins sah sie mit einem mitleidigen Lächeln an. »Alles kannst du kaufen, liebe Dolly«, – in Gedanken setzte er hinzu: ›auch mich‹ –, »aber den Doktor Fortuyn niemals!«
    Dolly schüttelte den Kopf, als könne sie das nicht begreifen. »Ist der so ein schlechter Geschäftsmann?« sprach sie nach einer Weile.
    »O nein, meine teuerste Miß Farley!« gab Bronker zur Antwort. »Aber er ist Gelehrter, Wissenschaftler. – Nachdem Sie nun wissen, daß dieser Fortuyn ein first-class-scientist ist, werden Sie sich denken können, was für ein Geschäftsmann er ist!«
    Dolly machte mit der Hand einige kreisförmige Bewegungen vor ihrer Stirn, womit sie ihre Meinung über Fortuyn ausdrükken wollte.
    Hopkins hatte während der letzten Worte nachdenklich vor sich hingestarrt. Als die anderen jetzt schwiegen, sah er auf, sagte: »Gut! Ich fahre nach Berlin!«

In Fortuyns Laboratorium sah es ein wenig bunt aus. Der Raum war zwar derselbe geblieben, aber die Arbeitstische waren stärker besetzt. Fortuyn hatte sich am ersten Tage seiner Anwesenheit nicht viel um seine Assistenten kümmern können. Die Direktionssitzung, die Vorbereitungen für seine Reise nach Wiesbaden zur Beisetzung

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