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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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um neunzehn Uhr nach Berlin.«
    Als Wittebold an Fortuyns Laboratorium vorüberging, verlangsamte er seinen Schritt und blieb einen Augenblick überlegend stehen. Dann ging er durch das Laboratorium zu Fortuyns Zimmer.
    Fortuyn war in seinem Privatarbeitsraum an einer kleinen Maschine beschäftigt und sah erst auf, als Wittebold sagte: »Dürfte ich Sie um ein Darlehen von zweihundert Mark bitten, Herr Doktor?«
    Verwunderung, Überraschung malten sich auf dessen Zügen. »Was haben Sie, Herr Wittebold? Was ist denn mit Ihnen? Sie sehen so verstört aus. Sie haben etwas vor. Was ist passiert?«
    Wittebold schüttelte den Kopf und sprach stockend, ausweichend: »Ich weiß nichts Bestimmtes, Herr Doktor. Ein Verdacht ... wenn er wahr, vielleicht wäre dann alles, alles geklärt ... Ich will – ich darf noch nicht sprechen. Denn möglich wäre es doch, daß ich mich geirrt habe.«
    Fortuyn ging in sein Büro und schrieb einen Scheck aus. Während er in Wittebold überreichte, sah er prüfend in dessen Gesicht. Die starke Erregung, die er sah, übertrug sich auch auf ihn. Es drängte ihn, Wittebold zu fragen, was er vorhabe. Mit Gewalt unterdrückte er das Verlangen, fragte nur: »Brauchen Sie Urlaub?«
    »Nein. Ich möchte nur sofort das Flugzeug nach Berlin noch erreichen. Spätestens morgen mittag bin ich wieder hier.«
    Es dauerte lange, bis Fortuyn sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Das sonderbare Wesen Wittebolds wollte ihm gar nicht aus dem Sinn gehen. Mit Mühe zwang er sich zu seiner Arbeit.
    Die Mittagsstunde war herangekommen, da stellte er die Maschine still. Auch hier gab’s nun keinen Zweifel mehr. Aufatmend erhob er sich, ging in sein Büro, warf auf den Rand eines Schriftstückes ein paar Zahlen und schloß die Mappe.
    »Die Synthese des Isolationskautschuks im Großverfahren nach Dr. Fortuyn« – stand in breiter Schrift auf dem Deckel. Er lehnte sich wuchtig in seinen Stuhl zurück. In seinen Augen leuchtete es von Sieges-, von Entdeckerfreude. Seine Rechte legte sich schwer auf die Mappe. Diese Blätter, sein Lebenswerk! Das Werk, an das sich für alle Welt, für alle Zeiten sein Name knüpfen würde. Damit war der praktischen Ausnutzung der gewaltigen Atomenergie freie Bahn gegeben.
    Sein Auge glitt zu einem Stoß gleichförmiger Aktenstücke neben ihm. Die Patentanmeldungen für alle Kulturstaaten der Erde. Morgen würden sie rausgehen. Morgen würde jener kleine Artikel in der Werkzeitung stehen, der, von Presse und Rundfunk aufgegriffen, seinen Sieg über die ganze Erde hin verkünden mußte. Sieg ... Wer würde außer ein paar wenigen danach fragen, wie schwer dieser Sieg errungen war, wie lange er um ihn gekämpft hatte?

Er dachte an die ersten Versuche mit dem hochgespannten A-Strom. Damals war ihm der Gedanke gekommen, auf dem scheinbar längst erforschten Gebiet der Herstellung synthetischen Kautschuks neue Wege zu beschreiten. Hier am Ort, in den MEA-Werken mußte dieser Isolationskautschuk entwickelt werden, nicht in irgendeiner anderen chemischen Fabrik. Hier, wo es große wissenschaftliche Forschungslaboratorien gab, hatte er dem Generaldirektor Kampendonk sein Problem unterbreitet. Der hatte es mit den Fachleuten im Direktorium be­sprochen. Obgleich hier Fortuyns Ideen nur wenig Anklang fanden, war Kampendonk auf Fortuyns Vorschlag eingegangen, hatte ihn erst mit kleineren, später mit größeren Mitteln an der Synthese des Kautschuks arbeiten lassen.
    Harte Kampfjahre waren das gewesen. Zwar hatte sich allmählich die Zahl seiner Anhänger vermehrt; doch wirklich frei hatte er erst arbeiten können, als Professor Janzen, sein hauptsächlichster Widersacher, das Werk verlassen hatte. Auch dann noch gab es immer wieder kritische Zeiten, doch Kampendonk hatte stets fest zu ihm gestanden; auch dann noch, als eine starke Mehrheit im Direktorium das Engagement Morans durchdrückte.
    Nur eins, was ihm schon die ganze letzte Zeit und auch jetzt noch die Freude an seinem Werk trübte: der Gedanke, daß feindliche Mächte ein dunkles Spiel trieben, ihn durch Entwendung seiner Entdeckungen um die Früchte seiner Arbeiten zu betrügen suchten.
    Fortuyns Gedanken gingen wieder zu Wittebold. Wo wollte der hin? Was hatte er vor? Wozu brauchte er diese Summe für die kurze Zeit? Morgen wollte er wieder zurück sein ...
    Noch grübelte Fortuyn darüber, als Kampendonk eintrat. Dessen erster Blick ging zu dem Stapel der Patentschriften, »Erledigt, Herr Doktor? Alles geprüft?«
    »Ja, Herr

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