Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
Vom Netzwerk:
sich gerade von den Frauen die Schlüssel aushändigen ließ.

»Wo ist denn die Anna Grätz?« rief Schappmann.
     
    »Die muß gleich kommen!« gab eine Frau zur Antwort. »Mach schnell, Anna!« rief sie in den Korridor hinein, wo die Gesuchte eben die Fenster schloß. »Herr Schappmann lauert schon auf dich!«
    Wittebold, der nicht länger warten wollte, ging nach seinem Gebäude und rief Schappmann im Weggehen noch zu: »Wenn Sie fertig sind, lieber Schappmann, kommen Sie doch mal zu mir rein!«
    Als Schappmann in Wittebolds Zimmer kam, hatte der einen großen Stoß Akten vor sich, die er ordnen mußte.
    »Na, was soll ich denn, Kollege? Wieder mal helfen?«
    »Ja, lieber Schappmann, helfen Sie mir doch wieder mal ein halbes Stündchen! Gibt heute wieder eine Mordsarbeit.«
    »Hab’ ich Ihnen ja gleich gesagt, Sie sollten sich nicht auch noch die Abteilung von Doktor Moran aufschwätzen lassen. Sagte Ihnen gleich, das wird zuviel für einen. Aber Sie wollten ja partout! Nu haben Sie’s!«
    Wittebold gab keine Antwort. Als Schappmann gegangen war, beeilte er sich, die Mappen in die verschiedenen Abteilungen zu bringen. Gerade wollte er zu Morans Abteilung hinaufsteigen, als ihm der Briefträger begegnete.
    »Morgen, Herr Wittebold! Wollen Sie da zu Doktor Moran? Ja? Dann nehmen Sie doch seine Post mit rauf. – So, danke schön!«
    Wittebold klemmte die Zeitungen und Briefe unter den Ann und ging nach Morans Zimmer. Der war noch nicht da. Er ließ die Post aus seinem Arm auf den Tisch rutschen und legte die Mappen daneben. Unwillkürlich warf er einen Blick auf die Briefe, die an Moran gerichtet waren.
    Plötzlich wurde sein Blick starr. Er trat dicht an den Schreibtisch heran und beugte sich über einen der Briefe, die da durcheinanderlagen, wie sie gefallen waren. Er nahm den Brief auf, ging zum Fenster, las immer wieder die Anschrift: »Herrn Dr. Moran, Langenau, MEA-Werke.«
    Diese Buchstaben – wie oft hatte er die charakteristischen Schriftzüge Hopkins’ gesehen! Hopkins ... Was hatte der an Moran zu schreiben?
    Der Brief in Wittebolds Hand begann leicht zu zittern. Sekundenlang schloß er die Augen. In jener Nacht, als er darüber grübelte, ob Dr. Abt allein oder mit anderer Hilfe seine dunklen Geschäfte trieb – in dieser Nacht war doch vor seinem Auge unter anderem auch plötzlich die Gestalt Morans erschienen. Damals hatte er den Verdacht, so schnell er kam, schon wieder verworfen.
    Ohne sich seines Tuns recht bewußt zu sein, steckte er den Brief in die Tasche und eilte in sein Dienstzimmer. In fliegender Hast entzündete er einen Spirituskocher und stellte einen kleinen Kaffeekessel darauf. Ungeduldig wartete er, bis das Wasser zu sieden begann. Dann hielt er die Rückseite des Briefes in den ausströmenden Dampf, bis der Klebstoff des Umschlages sich erweicht hatte. Vorsichtig öffnete er die Klappe, zog mit zitternder Hand den Brief heraus und las. Die Überschrift. Es war so, wie er geahnt: der Brief war von Hopkins, mit der Hand geschrieben; und unterzeichnet.

Schnell überflog er den Inhalt, nahm ein Blatt und schrieb den Text wortgetreu ab. Der Sinn der meisten Sätze war ihm unverständlich. Nur das eine ging klar aus den Zeilen hervor, daß Hopkins Dr. Moran heute abend um neun Uhr im Wannseehotel in Berlin zu einer Unterredung erwartete. Er tat den Brief in den Umschlag zurück und verschloß diesen wieder mit großer Sorgfalt und eilte dann schnell zu Morans Büro. Möglich, daß der noch nicht da war und er den Brief wieder unter die anderen mischen konnte. Er atmete erleichtert auf, als er Morans Zimmer leer fand. Schleunigst schob er Hopkins’ Schreiben unter die anderen Briefe und verließ den Raum.
    In seinem Zimmer ließ ihn die ungeheure Erregung, die in ihm tobte, wie gelähmt in einen Stuhl sinken. Wäre es möglich? Wäre das die Lösung des Rätsels? Moran der Dieb, der Spion? Moran in Hopkins’ Diensten? ... In wildem Chaos wirbelten Wittebolds Gedanken durcheinander. Er saß ... saß, dachte und sann. Sein Begriffsvermögen drohte zu versagen. Wie lange er da so gesessen, wußte er nicht. Er fuhr erst auf, als die Glocke in feinem Zimmer schrillte.
    Er eilte daraufhin in Morans Laboratorium und traf ihn neben Abts Arbeitstisch stehend. Moran gab ihm eine Mappe mit Unterschriften. Im Weitergehen hörte Wittebold noch, wie Moran sagte: »Wenn ich morgen etwas später kommen sollte, Herr Kollege, behalten Sie die Unterschriftsmappen bis gegen Mittag hier. Ich fliege heute

Weitere Kostenlose Bücher