Kavaliersdelikt-Liebe ist universell
Badezimmertür auf und eilte zur Treppe. Am Absatz hielt er an und holte tief Luft.
Okay. Du schaffst das, schwor er sich. Du gehst da jetzt runter und hörst dir an, was er zu sagen hat. Ganz cool, ganz gelassen. Du wirst dir gar nichts anmerken lassen. Bring es einfach hinter dich und dann vergiss ihn endlich.
Vorsichtig schielte Hendrik nach unten.
Leandro stand etwas verloren im Flur herum und betrachtete die Bilder an der Wand. Es waren Hendriks Bilder, Aquarelle vornehmlich, aber auch ein paar Kritzeleien, die er als kleines Kind gemalt hatte. Es war eine sentimentale Elterneigenart, solch abstrakte Kunstwerke neben jenen aufzuhängen, auf die Hendrik stolz war.
Völlig unsinnig, aber es versetzte diesem einen unangenehmen Stich, zu sehen, wie Leandro sie interessiert musterte. Dazu hatte er irgendwie kein Recht. Sie waren persönlich, gehörten zu Hendrik, waren ein Teil von ihm.
Leandros schwarze Haare waren ein wenig unordentlich und auch er sah nicht gerade taufrisch aus. Bitter stieß Hendrik die Erkenntnis auf, dass er bestimmt noch lange und ausgiebig mit seinen Freunden und seiner Freundin gefeiert hatte. Vielleicht hatte er seine Freundin mit zu sich genommen? Ob sie …?
Hastig verdrängte Hendrik den Gedanken und straffte sich.
Leandro lächelte versonnen und wandte unvermittelt den Kopf. Sein Blick traf Hendrik und das Erschrecken in seinem Blick machte Hendrik umso wütender. Er wollte nicht, dass Leandro ihn auf diese Weise ansah. Weder Mitleid noch Verständnis wollte er bei ihm sehen.
„Was willst du hier?“, begrüßte Hendrik ihn unwirsch und blieb auf den letzten Stufen der Treppe stehen. Erhöht und fluchtbereit; er war sich dessen durchaus bewusst und reckte sein Kinn entschlossen vor.
„Hallo … Hendrik“, begrüßte ihn Leandro leise, griff an seine Schulter und erklärte, während er die Tasche abstreifte: „Du hast gestern deine Sachen vergessen und ich … ich dachte, ich bringe sie dir besser vorbei. Da ist ja deine Geldbörse drin und alles andere. Deine Jacke habe ich auch reingetan.“
Wie erstarrt hing Hendriks Blick an der Tasche. Eindeutig seine. In Leandros Händen. Diesen langen, schlanken Fingern, die sich so schnell und magisch über die Tasten seines Keyboards bewegen konnten.
Die ihn sanft berührt hatten.
Rasch unterdrückte er ein Schaudern.
Deshalb hatte Leandro also gewusst, wo er wohnte. Er hatte seine Tasche und Jacke an sich genommen und durchsucht. Der Gedanke passte ihm nicht.
„Hast du etwa meine Sachen durchwühlt?“, fragte Hendrik schnippisch, rührte sich jedoch nicht von der Stelle. Leandro machte ein verlegenes Gesicht.
„Naja, ich musste ja deine Adresse herausfinden, damit ich sie dir bringen kann“, entschuldigte er sich und hielt ihm die Tasche hin. Notgedrungen musste ihm Hendrik entgegenkommen.
„Ganz Kavalier oder was?“, schnappte dieser und ergriff die Tasche.
Dieser blöde Mistkerl Leandro war einfach zu gut erzogen und widerlich höflich. Das war doch nicht normal.
Hastig sah er hinein und zog seine Jacke hervor. Natürlich war noch alles da.
Und von Leandro berührt worden …
Verdammt, sein Herz pochte so irre laut, dass dieser es einfach hören musste und seine Hände zitterten derart stark, dass er beinahe die Tasche fallen gelassen hätte.
„Danke“, brachte Hendrik etwas verspätet und fahrig hervor, ohne Leandro jedoch anzusehen.
Aus der Küche erklang das leise Klappern von Geschirr. Seine Mutter bereitete wohl das Mittagessen zu. Hendriks Magen zog sich alleine bei dem Gedanken daran, etwas zu essen, zusammen.
Leandros Blick wanderte verlegen von Hendrik zu den Bildern an der Wand und zu diesem zurück.
„Du kannst echt toll malen“, meinte er.
Jetzt verteilt der auch noch Komplimente. Hendriks Herz zersprang fast vor Schmerz und Sehnsucht und Leandro folterte ihn genüsslich mit seiner Gegenwart und dieser wahnsinnigen Liebenswürdigkeit. Das war nicht zum aushalten. Konnte der nicht einfach gehen?
Stattdessen sah ihn Leandro direkt an. Dunkle, schwarzbraune Augen. Ein blasses Gesicht, umrahmt von diesen wundervollen schwarzen Haaren. Wenn er doch nur nicht so unglaublich toll aussehen würde.
Hendrik kämpfte mit dem Kloß in seiner Kehle, der sich immer höher schob, ihn zu ersticken drohte. Er würde sich keine Schwäche anmerken lassen, er würde Leandro nicht zeigen, wie elend er sich fühlte. Wie verletzt, wie enttäuscht, wie schwach.
„Ich ...“, begann Leandro und brach ab. Seine
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