Kay Scarpetta 16: Scarpetta
aufgepasst hat«, fügte er hinzu.
Scarpetta schrak zusammen, als plötzlich »Do Ya Think I'm Sexy« von Rod Stewart erklang.
Der Klingelton von Morales' mobilem Büro, einem ziemlich teuren.
Er drückte auf seinen Bluetooth-Ohrhörer. »Ja«, meldete er sich.
Scarpetta verließ den Raum und traf Benton in der Bibliothek an. In seinen behandschuhten Händen hielt er eine Ausgabe von The Air Loom Gang.
»Die Handlung spielt im späten achtzehnten Jahrhundert.
Es geht darum, dass der Verstand eines Menschen von einer Maschine kontrolliert wird«, verkündete er. »Alles in Ordnung? Ich wollte mich nicht einmischen und dachte, du würdest schon schreien, wenn du wolltest, dass ich ihn zu Brei schlage.« »Er ist ein Arschloch.« »Das kannst du laut sagen.«
Er stellte das Buch zurück in die Lücke im Regal.
»Ich habe dir doch gerade von The Air Loom Gang erzählt«, fuhr er fort. »Diese Wohnung ist wie eine Szene daraus. Chaos.«
»Ich weiß.«
Er blickte sie an, als erwartete er, dass dem noch etwas hinzuzufügen wäre.
»War dir bekannt, dass Oscar eine Tasche mit Ersatzkleidung bei sich hatte, damit er sich jederzeit verabschieden konnte?«, begann sie. »Und dass Morales ihn gestern hierher gefahren hat?«
»Mir war klar, dass niemand Oscar zum Bleiben zwingen konnte«, erwiderte er. »Das war kein Geheimnis.«
»Ich finde es nur merkwürdig. Fast, als ob Morales ihn zum Gehen ermutigen wollte, damit er das Krankenhaus so schnell wie möglich wieder verließ.«
»Was bringt dich darauf?«, fragte Benton. »Einige Dinge, die er gesagt hat.«
Besorgt, Morales könnte jeden Moment hereinkommen, drehte Scarpetta sich zur offenen Tür um.
»Zum Beispiel habe ich den Eindruck, dass auf der Autofahrt vom Tatort hierher ziemlich hart verhandelt wurde«, meinte sie.
»Das wäre nicht ungewöhnlich.«
»Du verstehst sicher, in welcher Zwickmühle ich stecke«, sagte sie und ließ, wieder vergeblich, den Blick über die antiken Bücher schweifen.
Oscar hatte beteuert, das Buch mit der CD stünde im zweiten Bücherschrank links von der Tür im vierten Regal. Aber das Buch war nicht da. Im vierten Regal stapelten sich Kartons mit der Aufschrift »Zeitschriften«.
»Was fehlt deiner Ansicht nach in seiner Sammlung, um sie vollständig zu machen?« Sicher verfolgte Benton mit dieser Frage eine Absicht.
»Warum interessiert dich das?«
»Es gibt da einen Wachmann namens Jeb, der mir so einiges erzählt hat. Leider redet Jeb mit vielen Leuten. Aber er wollte sicher verhindern, dass dir heute auf der Station etwas zustieß, und war gar nicht einverstanden, vor der Tür warten zu müssen. Als ich anrief und erfuhr, dass Oscar fort war, haben Jeb und ich ein wenig geplaudert. Also, was fehlt hier?«
»Mich wundert, dass er Die Erlebnisse eines Irrenarztes von Littleton Winslow nicht besitzt.«
»Wirklich erstaunlich«, meinte Benton, »dass du ausgerechnet dieses Buch erwähnst.«
Als Scarpetta ihn am Ärmel zupfte, gingen sie vor dem zweiten Bücherschrank in die Hocke.
Sie nahm die Archivkartons vom untersten Regal und fühlte sich orientierungslos, als ob sie ihr GPS oder ein anderes Ortungsgerät verloren hätte, das ihr die richtige Richtung wies. Sie wusste nicht mehr, wer verrückt war und wer nicht, wer log und wer die Wahrheit sagte, wer mit wem sprach und wer im nächsten Moment auftauchen würde, aber nicht wollte, dass sie ihn sah.
Der erste Karton enthielt Pamphlete aus dem neunzehnten Jahrhundert, die sich mit Fesselungstechniken und Wasserkuren befassten.
»Ich hätte gedacht, dass er es besitzt«, meinte sie.
»Das tut er deshalb nicht, weil es dieses Buch nicht gibt«, erwiderte Benton und berührte ihren Arm, während sie die Pamphlete betrachteten.
Seine körperliche Gegenwart wirkte sehr beruhigend und war genau das, was sie jetzt brauchte.
»Jedenfalls nicht von diesem Autor«, fügte Benton hinzu. »Die Erlebnisse eines Irrenarztes wurde von Montagu Lomax geschrieben, und zwar etwa fünfzig Jahre nachdem Littleton Winslow, der Sohn von Forbes Winslow, seine berühmten Werke Geistige Unzurechnungsfähigkeit und Leitfaden der Geisteskrankheiten verfasst hatte.«
»Warum hat Oscar gelogen?«
»Er traut niemandem und glaubt wirklich, dass man ihm nachspioniert. Es könnte ja sein, dass die Bösen mithören und so erfahren, wo er seinen einzigen Beweis versteckt hat.
Und deshalb hat er dir nicht die ganze
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