Kay Scarpetta 16: Scarpetta
wie immer, und sie hoffte, dass er das Richtige tat ebenso wie sie selbst.
»Ich werde Jaime nichts davon sagen und mich raushalten«, sagte sie und bemerkte im selben Moment, dass sie angefangen hatte, sie Jaime zu nennen, seit sie so viel Zeit mit Lucy verbrachte.
In all den Jahren hatte sie sie nur als Berger bezeichnet, ein wenig distanziert und vielleicht auch nicht sonderlich respektvoll.
»Ich werde ihr mitteilen, dass sie sich an dich halten soll«, fügte sie, an Benton gewandt, hinzu. »Schließlich ist es nicht mein Sender, und außerdem stehst du nicht unter meinem Pantoffel, auch wenn das die meisten Leute anders sehen.«
Marinos Mobiltelefon läutete. Er griff danach und warf einen Blick auf die Leuchtanzeige.
»Das Finanzamt. Sicher wegen meiner vielen wohltätigen Treuhandfonds«, meinte er und drückte auf das blinkende Bluetooth-Headset, um das Gespräch anzunehmen. »Marino. Ja. Ich sitze gerade so rum. Und Sie? Moment, ich schreibe mit.«
Alle verstummten, damit er sprechen konnte. Marino klemmte das Mobiltelefon zwischen Ohr und Schulter und stützte den Notizblock auf sein breites Knie. Dann fing er an, ihn zu bekritzeln. Marinos Handschrift sah immer gleich aus, egal ob man sie vorwärts oder rückwärts betrachtete. Scarpetta hatte sie noch nie entziffern können, zumindest nicht, ohne dabei ziemlich ungeduldig zu werden, denn er hatte seine eigene Form von Kurzschrift entwickelt.
»Ich wollte nicht witzig sein«, sagte Marino. »Aber als Sie die Isle of Man erwähnten, hatte ich wirklich keine Ahnung, wo das ist. Ich dachte, es wäre eine dieser karibischen Steueroasen oder eine der Fidschiinseln. Aha, da hätten wir ja etwas. Und dabei war ich schon mal dort. In England, meine ich. Mir ist klar, dass sie nicht in England selbst liegt. Die Isle of Man ist eine gottverdammte Insel. Aber wenn Sie in Erdkunde nicht gefehlt haben, wissen Sie, dass England ebenfalls eine gottverdammte Insel ist.«
Scarpetta beugte sich zu Bentons Ohr vor und wünschte ihm viel Glück. Wie gern hätte sie ihm trotz der Anwesenheit von Zeugen gesagt, dass sie ihn liebte, aber aus irgendeinem Grund tat sie es nicht. Sie stand auf, zögerte jedoch, denn Marino schien sein Telefonat fast beendet zu haben.
»Nehmen Sie es nicht persönlich, aber das ist uns bekannt.
Diese Adresse haben wir«, meinte Marino.
Kopfschüttelnd sah er Bacardi an, wie um auszudrücken, dass der Finanzbeamte, mit dem er gerade sprach, so blöd wie Brot sei - einer seiner Lieblingsausdrücke.
»Richtig«, erwiderte er. »Nein, Sie meinen sicher oA. Also Terri Bridges' Wohnung. Ich weiß, dass es sich um eine eingetragene Gesellschaft handelt und dass Sie den Namen noch nicht haben, aber das ist ihre Wohnung. Nein. Nicht 10. Sie wohnte in oA.« Er runzelte die Stirn. »Sind Sie sicher. Ich meine, wirklich sicher? Moment mal. Der Typ ist doch Brite, richtig? Okay, er ist Italiener, lebt aber in Großbritannien und hat die britische Staatsbürgerschaft. Gut, das würde zu dem Mist mit der Isle of Man passen. Hoffentlich haben Sie recht, denn in etwa einer halben Stunde wird diese verdammte Tür eingetreten.«
Marino berührte sein Headset und beendete das Telefonat mit dem Finanzbeamten, ohne sich zu bedanken oder zu verabschieden.
»Gotham Gotcha«, sagte er. »Wir kennen zwar noch nicht den Namen der Person, die dahintersteckt, wissen aber, wo sie wohnt. Und zwar über Terri Bridges. ID. Falls sich nichts geändert hat, ohne dass man es uns mitgeteilt hätte, ist noch immer keiner der Bewohner zu Hause. Der Mieter besagter Wohnung ist ein italienischer Finanzdienstleister namens Cesare Ingicco, Hauptwohnsitz Isle of Man, wo sich auch seine Firma befindet. Die Gesellschaft, die die Wohnung angemietet hat, ist eine Investmentfirma, von deren Existenz wir dank Lucy wissen. Ganz sicher wohnt der Kerl nicht selbst in dieser Wohnung, sondern lässt eine andere Person dort arbeiten. Vielleicht steht sie ja auch leer. Wir sollten uns einen Durchsuchungsbeschluss besorgen und reingehen. Oder wir machen es umgekehrt. Egal. Warum Zeit vergeuden? Schließlich war Eva Peebles indirekt bei diesem Cesare Ingicco von gegenüber beschäftigt. Allerdings lebt der wahrscheinlich nicht wirklich in dieser Wohnung, sondern auf seiner Insel. Sicher werden wir herausfinden, dass er nur telefonisch Kontakt zu Eva gehalten hat. Und Eva hatte nicht den blassesten Schimmer, was gespielt wurde. Schöner Mist!«
»Am
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