Kay Scarpetta 16: Scarpetta
hat ziemlich geheimnisvoll getan. Von Dr. Lester habe ich noch nichts gehört. Offenbar lässt sie sich Zeit. Ich nehme an, bei dir hat sie sich auch nicht gemeldet.«
Morales hatte Dr. Lester vorhin in der Gerichtsmedizin abgesetzt, nicht ahnend, was Lucy herausgefunden hatte. Inzwischen wusste er, dass nach ihm gesucht wurde, denn Berger hatte sich mit ihm in Verbindung gesetzt. »Ich denke, Sie sind uns eine Erklärung schuldig«, lauteten ihre einzigen Worte.
Sie war noch dazu gekommen, das Silbernitrat und Dr. Stuart zu erwähnen. Dann hatte er aufgelegt.
»Wahrscheinlich wird mir jemand Bescheid sagen, ob meine Anwesenheit notwendig ist«, meinte Scarpetta. »Obwohl ich das ernsthaft bezweifle. Sie soll Eva Peebles gründlich röntgen, ich muss das wiederholen, denn die Leiche darf die Gerichtsmedizin nicht verlassen, ohne dass jeder Zentimeter von ihr durchleuchtet worden ist. Dasselbe gilt für Terris Leiche, und zwar ebenso gründlich.«
»Darum kümmere ich mich noch«, erwiderte Berger. »Doch im Moment beschäftigt mich der eingepflanzte Mikrochip mehr. Hattest du bei deinem Gespräch mit Oscar den Eindruck, er hätte das aus irgendeinem Grund zugelassen? Lucy und ich schauen uns gerade immer wieder dieses grausame Video an, in dem der Mörder davon redet. Morales, meine ich. Inzwischen wissen wir, dass er es ist.«
»Oscar hätte das niemals erlaubt«, antwortete Scarpetta. »Stattdessen hat er sich darüber beklagt, die Behandlungen seien sehr schmerzhaft gewesen, insbesondere die Haarentfernung mit dem Laser. Er hat sich die Behaarung am Rücken und vielleicht auch am Gesäß entfernen lassen. Sein ganzer Körper ist, abgesehen von Gesicht, Kopf und Schambereich, völlig haarlos. Außerdem hat er Demerol erwähnt. Wenn jemand im OP-Kittel und mit Gesichtsmaske den Raum betreten hat, während Oscar auf dem Bauch lag, hat er den Assistenten vermutlich nicht gesehen, geschweige denn ihn später wiedererkannt. Als Morales Oscar nach dem Mord an Terri in deren Wohnung antraf, hätte dieser ihn niemals mit irgendeiner Hilfskraft aus Dr. Stuarts Praxis in Verbindung gebracht.«
»Auf dem Video klingt es, als ob Terri ihn Juan nennt. Wir sind nicht ganz sicher. Du musst es dir selbst anhören«, antwortete Berger.
»Es gibt da ein R&D-Netzwerküberwachungssystem mit drahtlosen, in Glas eingeschlossenen GPS-Chips und winzigen Antennen, dessen Batterien etwa drei Monate halten. Etwa so groß wie ein Reiskorn, vielleicht sogar kleiner. Ein solches Ding könnte in sein Gesäß implantiert worden sein, ohne dass er davon weiß, insbesondere, falls es noch tiefer gewandert ist, was häufig passiert. Wenn wir ihn aufspüren, werden wir es mit Hilfe einer Röntgenaufnahme finden. Übrigens ist er nicht der Einzige, der in dieser Hinsicht paranoid ist. Die Regierung hat einige Pilotprogramme in dieser Richtung laufen, und es gibt viele, die befürchten, das Tragen eines Chips könnte bald gesetzlich verpflichtend werden.«
»Dann wandere ich aus«, kommentierte Berger.
»Da dürftest du nicht die Einzige sein. Viele bezeichnen den 666-Chip von Mark Tech als Teufelswerk.«
»Aber auf Terris Röntgenbildern hast du nichts dergleichen entdeckt?«
»Ich habe nachgesehen«, sagte Scarpetta. »Die Dateien und alles andere liegen mir vor, und ich habe seit unserem letzten Gespräch nichts anderes getan, als darüber zu brüten. Die Antwort lautet nein. Es ist sehr wichtig, dass Dr. Lester weitere Aufnahmen macht, die ich mir unbedingt anschauen muss. Insbesondere vom Rücken, dem Gesäß und den Armen. Normalerweise werden Mikrochips in den Arm eingesetzt. Morales kennt sich sicher sehr gut mit Mikrochip- Technologie aus, und zwar aus dem einfachen Grund, weil man diese Dinger normalerweise Tieren einpflanzt. Gewiss hat er in Tierarztpraxen beobachtet, wie Haustieren Chips implantiert wurden. Möglicherweise hat er es sogar selbst getan, denn es ist keine Kunst. Man braucht nur den Chip und eine Implantationsspritze mit einer Fünfzehner-Nadel. Ich könnte in etwa einer halben Stunde bei euch sein.«
»Das wäre gut.«
Berger beendete das Gespräch und legte den Hörer zurück auf die Ladestation. Dann machte sie sich weitere Notizen, wobei sie einzelne Wörter und Sätze unterstrich. Als Lucy und sie einen langen Blick wechselten, hätte sie sie am liebsten noch einmal geküsst und das fortgesetzt, was unten an der Tür begonnen hatte. Berger hatte sie an der Hand genommen und in
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