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Kay Scarpetta 16: Scarpetta

Titel: Kay Scarpetta 16: Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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rücksichtsvoll und berühren sie, als wären sie noch am Leben. Sie sprechen mit ihnen, als könnten sie Sie noch wahrnehmen und hören. Menschen könnten auch im Tod noch attraktiv und begehrenswert wirken. Deshalb sei Nekrophilie nicht so schwer nachzuvollziehen, wie die meisten meinen, insbesondere wenn der Körper noch warm ist. Wenn Sie Tote anfassen können, warum dann nicht mich? Warum können Sie mich nicht umarmen?«
      Sie hatte nie behauptet, sie würde Tote berühren, als wären sie noch am Leben. Und sie sprach ganz sicher nicht mit ihnen, als könnten sie sie wahrnehmen und hören. Niemals hatte sie eine Leiche als begehrenswert bezeichnet oder Verständnis für Nekrophile geäußert. Was zum Teufel redete dieser Mensch da?
    »Hat der Angreifer versucht, sie zu erwürgen?«, fragte sie. Die Fingernagelspuren an seinem Nacken waren nämlich absolut senkrecht.
      »Irgendwann hat er mir die Hände um den Hals gelegt und seine Nägel hineingegraben, doch ich habe mich herumgewälzt und konnte mich losreißen«, erwiderte Oscar. »Ich bin nämlich stark. Ich weiß nicht, was sonst geschehen wäre.«
      »Sie haben mir erzählt, das Nachspionieren hätte angefangen, nachdem Sie mit Terri zusammen waren. Wie haben Sie sie denn kennen gelernt? «
    »Im Internet. Sie war eine meiner Studentinnen, und zwar schon eine ganze Zeit lang. Ich weiß. Sie dürfen nicht darüber reden.«
    »Wie bitte?«
      » Keine Sorge, ich erzähle Ihnen alles«, fuhr er fort. »Sie war in mein Seminar zum Thema Geschichte der Psychiatrie eingeschrieben und wollte forensische Psychologin werden. Seltsam, dass so viele Frauen forensische Psychologin werden wollen. In dieser Abteilung wimmelt es von hübschen jungen Studentinnen vom John Jay. Man möchte doch meinen, dass Frauen, insbesondere hübsche, vor den Patienten hier Angst haben.«
      Scarpetta begann, seine breite, unbehaarte Brust zu untersuchen, und vermaß weitere flache Abschürfungen. Als sie die Verletzungen berührte, legte er die mit Handschellen gefesselten Handgelenke auf seinen Schritt. Seine blau-grünen Augen waren wie Hände, die ertasten wollten, was sich unter Scarpettas Laborkittel verbarg.
      »Meinen Sie nicht auch, dass Frauen sich davor fürchten sollten, an einem solchen Ort zu arbeiten?«, fragte er. »Fürchten Sie sich?«
    Als Shrew vor anderthalb Jahren den geheimnisvollen Anruf erhalten hatte, hatte sie nicht geahnt, dass er ihr ganzes Leben verändern sollte.
      Der Mann, der wie ein Italiener klang, hatte sich als Vertreter einer britischen Treuhandgesellschaft vorgestellt. Ihren Namen habe er von der Beraterfirma, wo sie als Leiterin der Abteilung Datenbank-Marketing beschäftigt gewesen sei. In seinem gebrochenen Englisch hatte er ihr mitgeteilt, er werde ihr per E-Mail eine Stellenbeschreibung schicken. Shrew hatte sie ausgedruckt. Sie hing noch immer an der Kühlschranktür und erinnerte sie an die Zufälle im Leben: Webmaster gesucht: Wir erwarten die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Arbeiten. Die Tätigkeit wird zu Hause ausgeübt. Kontaktfreudigkeit und ein Gespür für das Dramatische sind ebenso Voraussetzung wie grundlegende Computerkenntnisse. Diskretion ist unabdingbar. Weitere Konditionen Verhandlungssache. Ausgezeichnete Verdienstmöglichkeiten!
    Sie hatte sofort geantwortet, großes Interesse bekundet, aber um zusätzliche Informationen gebeten. Auf ihre Frage hatte der Agent in seinem gebrochenen Englisch erklärt, Kontaktfreudigkeit bedeute lediglich, dass Shrew neugierig auf andere Menschen sein müsse. Sie dürfe zwar nicht mit ihnen sprechen, müsse jedoch wissen, was ihre »niedrigsten Instinkte« anspräche. Wie ihr bald klar geworden war, handelte es sich hierbei um Voyeurismus und Freude an der Demütigung anderer.
    Shrews Antwort hing ebenfalls am Kühlschrank:
    Ich erkläre mich mit allen Bedingungen einverstanden und fühle mich geehrt. Ich könnte sofort anfangen und habe nichts dagegen, zu arbeiten, wann immer ich gebraucht werde, also auch an Wochenenden und Feiertagen.
    In gewisser Weise war Shrew so zur anonymen Internet-Version von Kathy Griffin geworden, einer Kabarettistin, die sie bewunderte. Sie ließ sich keine ihrer Shows entgehen und schnappte dabei immer wieder die eine oder andere Information auf, die man benutzen konnte, um die Reichen und Berühmten bloßzustellen und sie einem unersättlichen Publikum auf dem Silbertablett zu servieren. Die Menschen suchten verzweifelt nach einem Grund zu

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