Kay Scarpetta 16: Scarpetta
auch wenn es nicht viel sei. Sie habe sich mit ihnen ausgesöhnt. Ich glaube, sie haben sie sogar einmal besucht und waren mit dem Viertel nicht einverstanden. Deshalb haben sie ihre Unterstützung erhöht, so dass sie in ihre jetzige Wohnung ziehen konnte. So hat sie es mir wenigstens geschildert. Man muss ihnen also zugute halten, dass sie ihr wenigstens finanziell unter die Arme gegriffen haben.«
Zornesröte stieg ihm ins Gesicht, und sein kurzes goldenes Haar schimmerte metallisch.
»Bei solchen Leuten gibt es immer irgendwo einen Haken«, fuhr er fort. »Ich vermute, sie haben auch aus der Entfernung versucht, sie weiter unter ihrer Fuchtel zu halten. Ich habe nämlich festgestellt, dass es mit ihren Zwangshandlungen immer schlimmer wurde. Ihre E- Mails klangen zunehmend ängstlicher. Selbst vor unserer ersten Begegnung. In den letzten Monaten hat sich ihr Zustand weiter verschlechtert. Keine Ahnung, warum. Sie ist machtlos dagegen. Ich muss sie sehen. Bitte sorgen Sie dafür, dass ich sie sehen kann. Ich muss mich von ihr verabschieden. Zum Teufel mit den Cops. Ich scheiß auf die Typen.«
Er wischte sich mit den gefesselten Händen die Augen ab. »Warum waren sie so brutal zu mir und haben mich angeschrieen und herumgeschubst? Und dann die Funkgeräte. Ich habe überhaupt nicht verstanden, was da geschah. Ich verabscheue diesen Detective ... «
»Den, dem Sie gestattet haben, Ihre Wohnung zu durchsuchen? «, hakte Scarpetta nach.
»Ich habe ihn mir nicht ausgesucht! Er hat mich angebrüllt und mir befohlen, ihn anzuschauen, wenn er mit mir redet.
Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass ich ihn nicht hören kann, wenn ich ihn anschaue. Er hat mich im Wohnzimmer befragt und Antworten eingefordert. Schauen Sie mich an, schauen Sie mich an. Anfangs wollte ich noch helfen. Ich habe ihm gesagt, dass wahrscheinlich jemand unten an der Haustür geklingelt hat. Sicher hat sie gedacht, dass ich es bin. Sie könnte geglaubt haben, ich sei zu früh dran und hätte meinen Schlüssel vergessen. Jedenfalls muss es einen Grund gegeben haben, warum sie es für ungefährlich hielt, die Person hereinzulassen.«
»Sie haben häufig wiederholt, Terri sei sehr ängstlich gewesen. War sie auch übertrieben vorsichtig?«
»Wir sind hier in New York. Niemand macht einfach so die Tür auf. Außerdem war sie immer sehr auf ihre Sicherheit bedacht. Kleinwüchsige Menschen müssen das sein. Das ist einer der Gründe, warum ihre Eltern sie so behütet und in ihrer Jugend praktisch zu Hause eingesperrt haben. Sie hätte nie die Tür aufgemacht, wenn sie eine Gefahr vermutet hätte.«
»Was hat das Ihrer Ansicht nach zu bedeuten? Wie ist der Täter ins Haus gelangt? Welchen Grund könnte jemand Ihrer Ansicht nach gehabt haben, Terri etwas anzutun?«
»Diese Leute haben ihre Motive.«
»Ist Ihnen in der Wohnung aufgefallen, ob etwas gestohlen wurde? Könnte das ein Motiv gewesen sein?«
»Meiner Meinung nach hat nichts gefehlt. Aber ich habe auch nicht nachgeschaut.«
»Was war mit ihrem Schmuck? Trug sie einen Ring, eine Kette oder sonst etwas, das nicht mehr da war?«
»Ich wollte sie nicht loslassen. Sie hatten kein Recht, mich dazu zu zwingen und mich wie einen Mörder in den Wagen dieses Detective zu verfrachten. Der Kerl sieht mit seinen Rapperklamotten und den Zöpfchen eher wie ein Verbrecher aus als ich. Ich habe mich geweigert, mit ihm zu reden.«
»Sie sagten doch gerade, Sie hätten im Haus mit ihm gesprochen.«
»Für sie stand das Urteil schon fest. Ich hasse die Cops. Das habe ich schon immer getan. Sie fahren in ihren Streifenwagen an mir vorbei, lästern über mich, lachen und glotzen. Als ich sechzehn war, hat jemand mein Auto mit einem Schlüssel zerkratzt und sämtliche Scheiben eingeschlagen. Und da meinte dieser Cop zu mir: „Sieht aus, als hätten wir ein kleines Problem.“ Dann setzte er sich in mein Auto und stellte die Füße auf die verlängerten Pedale, dass seine Knie bis zum Lenkrad reichten. Sein Kollege hat gelacht. Ich scheiß auf die Kerle.«
»Was ist mit anderen Leuten? Sind Sie schon öfter misshandelt oder verspottet worden?«
»Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen, wo alle mich kannten, und hatte Freunde. Außerdem war ich in der Ringermannschaft und ein guter Schüler. Im letzten Jahr war ich sogar Jahrgangssprecher. Ich bin Realist und gehe nicht leichtfertig Risiken ein. Außerdem mag ich Menschen. Die meisten sind in
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