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Kay Scarpetta 16: Scarpetta

Titel: Kay Scarpetta 16: Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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wieder hoch und band ihn zu.
      »Sie hätten das Handtuch nicht wegzunehmen brauchen«, widersprach er. »Ich habe ihnen doch erklärt, dass nirgendwo Blut war. Nur die Kratzer an den Beinen. Offenbar hat er sie mit etwas geschlagen. Vielleicht mit einem Brett. Keine Ahnung, wo der Täter das Brett herhatte. Oder die Täter. Ich habe nichts gesehen, womit sie ihre Beine zerkratzt haben könnten. Ihr Gesicht war dunkelrot. Sie hatte eine Strieme am Hals. Als ob er sie mit einer Schnur oder etwas Ähnlichem erdrosselt hätte. Jedenfalls befand sich der Gegenstand nicht mehr an ihrem Hals. Die Cops brauchten das Handtuch nicht wegzunehmen, um das zu sehen, oder ihr den Puls zu fühlen und ihre Handgelenke anzuschauen. Es war auf den ersten Blick zu erkennen, dass sie tot war. Mir ist kalt. Gibt es hier eine Decke?«
    Da Scarpetta keine finden konnte, zog sie den Laborkittel aus und legte ihn Oscar über die Schultern. Er zitterte. Seine Zähne klapperten.
      »Ich saß neben ihr auf dem Boden, streichelte ihr Gesicht und ihr Haar und sprach mit ihr«, fuhr er fort. »Dann habe ich die Polizei verständigt. Ich erinnere mich an Füße. Schwarze Stiefeletten und eine dunkle Hose an der Tür. Ich habe sie mit einem Handtuch zugedeckt und sie im Arm gehalten.«
    Er starrte an die Wand.
      »Ich habe Stimmen gehört, die riefen, ich solle sie loslassen. Sie haben mich gepackt. Ich habe geschrien, weil ich sie nicht hergeben wollte. Aber sie haben mich gezwungen. Sie haben mir nicht einmal erlaubt, sie noch einmal zu betrachten. Keinen letzten Blick. Ihre Familie lebt in Arizona. Sicher wird sie dorthin gebracht. Ich werde sie nie wiedersehen.«
      »Sie sagten doch, die Zentrale Ihres Internet-College sei in Arizona.«
      »Ihr Vater ist der Rektor«, erwiderte er mit dem Gesicht zur Wand. »Deshalb hat sie auch dort studiert. Sie haben es Gotham College genannt, als befände es sich hier in New York. Aber in Wirklichkeit ist es nirgendwo. Es gibt nur ein Gebäude in Scotsdale, vermutlich weil es dort schöner und viel billiger ist als hier. Ihre Eltern besitzen ein großes Haus in der Nähe des Camelback Mountain. Wir waren nie zusammen in Scotsdale, da die nächste Sitzung erst im März stattfindet. Sie gehört zwar nicht dem Lehrkörper an, aber sie wäre trotzdem ... Nun, sie wollte heute Morgen für ein paar Tage nach Scotsdale fliegen.«
      »Haben Sie gestern Abend in ihrer Wohnung ihre Koffer gesehen? War alles gepackt?«
      »Terri lässt keine Sachen herumliegen, die sie nicht gerade benutzt. Außerdem weiß sie, dass mich der Anblick ihrer Koffer traurig gemacht hätte, weil ich sie nicht begleiten sollte. Es hätte uns den Abend verdorben.«
      »Hat sie Sie nicht aufgefordert, mit nach Scotsdale zu kommen?«
    »Sie wollte ihren Eltern zuerst von mir erzählen.«
      »Nach drei Monaten wussten sie noch nichts von Ihrer Beziehung?«
      »Sie behüten Terri sehr und ersticken sie mit ihrer Fürsorge.« Oscar blickte weiter zur Wand, als spräche er mit ihr. »Deshalb sollten sie es erst erfahren, wenn sie sich ihrer Sache sicher war. Ich habe ihr geantwortet, ihre Zwangshandlungen seien kein Wunder. Es läge nur an ihren Eltern.«
    »Wessen wollte sie sich denn sicher sein?«
      »Ihres Verhältnisses zu mir. Dass es etwas Ernstes war. Ich war verliebter in sie als sie in mich.«
      Er wechselte noch immer zwischen den grammatikalischen Zeiten, wie viele es nach dem Tod eines geliebten Menschen tun.
      »Ich wusste sofort, was ich wollte. Aber ihre Eltern ... Nun, sie hatte keine Lust, ihnen etwas erklären zu müssen, falls es zwischen uns doch nicht geklappt hätte. Sie hat sich schon immer vor ihnen gefürchtet und wollte sie nicht verärgern. Es sagt eine Menge über sie aus, dass sie endlich den Mut gefunden hat, von zu Hause auszuziehen. Ihre Eltern haben noch zwei weitere Kinder, die nicht kleinwüchsig sind. Sie haben an der Universität studiert und führen ihr eigenes Leben. Ganz im Gegensatz zu Terri. Sie ist die Klügste in der Familie. Einer der klügsten Menschen, die ich kenne. Aber sie hat sich unterbuttern lassen. Bis sie fünfundzwanzig war, musste sie zu Hause wohnen. Doch irgendwann konnte sie es nicht mehr ertragen und wollte selbst etwas erreichen. Es hat einen Riesenkrach gegeben, als sie ging.«
    »Wie konnte sie sich New York leisten?«
      »Damals kannte ich sie noch nicht. Mir hat sie erzählt, sie hätte Ersparnisse und bekäme eine kleine Unterstützung von ihren Eltern,

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