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Kay Susan

Titel: Kay Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Phantom
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sagen, zeigte ich nur auf die Spinne, und er lachte, als er zu meinem Bett hinüberging.
»Ich fürchte, davon gibt es hier unten ziemlich viele. Ein prächtiger Bursche, nicht wahr: Ich nehme an, sein Weibchen ist auch irgendwo in der Nähe.«
»Oh, Gott«, sagte ich erschrocken und betrachtete nervös den Fußboden. »Glaubst du wirklich?«
»Gewöhnlich findet man sie paarweise«, sagte er abwesend, beugte sich vor und nahm das schreckliche Ding behutsam in die Hand. »Wenn ich die hinausgebracht habe, komme ich zurück und schaue nach, wenn du willst.«
Ich starrte ihn entsetzt an.
»Du bringst sie nur hinaus? Kommt sie dann nicht einfach zurück?«
»Das ist sehr unwahrscheinlich, meine Liebe.«
»Aber sie könnte zurückkommen«, beharrte ich störrisch. »Erik, ich würde vor Angst sterben, wenn eine Spinne über mich krabbelte, während ich schlafe. Ich habe immer furchtbare Angst vor Spinnen gehabt. Ich wäre viel glücklicher, wenn du sie einfach . . . beseitigen würdest.«
Er versteifte sich, und als er sich umdrehte, um mich anzusehen, war etwas in seinen Augen, das mich erschauern ließ.
»Du willst, daß ich sie töte?« sagte er tonlos.
»Wenn es dir nichts ausmacht«, stammelte ich.
»Oh, es macht mir nicht das Geringste aus«, sagte er mit unverkennbarem Zorn. »Ich denke nur, die Spinne könnte etwas dagegen haben. Aber schließlich ist es ja nur eine Spinne, nicht wahr? Nur ein unverständiges, seelenloses, häßliches Ding, das kein Recht hat, zu leben und die Leute zu erschrecken!«
Ohne ein weiteres Wort preßte er seine Faust fest zusammen, ließ das zerquetschte Insekt auf den Teppich fallen und ging aus dem Zimmer.
»Erik!« rief ich ihm ängstlich nach. »Was ist mit der anderen?«
»Bring sie selbst um, wenn du sie findest«, sagte er kalt und ließ die Tür heftig zufallen.
Ich bedeckte die Spinne mit meinem Schal, damit ich sie nicht sehen mußte, und nachdem ich vorsichtig zwischen die Laken geschaut hatte, setzte ich mich unglücklich auf mein Bett.
Es war das erstemal, daß er je so zu mir gesprochen hatte, als hasse er mich.
Langsam streifte ich das spitzenbesetzte Nachthemd über und wagte schließlich, mich ins Bett zu legen, wobei ich mit den Zehen vorsichtig die kühlen Laken erforschte. Ich lag lange wach und grübelte über seinen Zorn nach, aber irgendwann muß ich eingeschlafen sein, denn das Gefühl, daß etwas meine Wange streifte, ließ mich mit einem Schrei erwachen.
In gedankenloser Panik sprang ich aus dem Bett und lief ins Nebenzimmer.
»Christine!« Erik legte sein Buch beiseite und kam besorgt auf mich zu.
Ich bedeckte mein Gesicht mit den Händen. Ich zitterte von Kopf bis Fuß wie eine Närrin.
»Erik, ich weiß, daß du sehr böse auf mich bist, aber bitte, bitte geh in mein Zimmer und suche die andere Spinne. Ich weiß, daß noch eine da ist . . . «
»Du bist wirklich sehr ängstlich, nicht wahr?« sagte er ruhig.
»Ja . . . « Meine Zähne klapperten vor Kälte und Schrecken. »Es tut mir leid, aber ich kann nichts dagegen machen. Ich weiß, daß es grausam ist, ich weiß, daß sie wie jede andere Kreatur ein Recht haben zu leben, aber ich kann sie einfach nicht ertragen. Wenn mich eine berühren würde, bliebe mir das Herz stehen.« Mit einer Geste wies er mich an, mich in seinen Sessel am Feuer zu setzen. Er führte mich hin, als sei ich eine Marionette, die sich ohne seine Hilfe nicht bewegen könne. Und doch berührte er mich nicht.
Ich saß da, starrte ins Feuer und hörte, wie er im Nebenzimmer Möbel rückte. Sehr bald kam er zurück und warf ein zerknülltes Papier ins Feuer.
»Jetzt ist sie fort«, sagte er traurig. »Geh wieder zu Bett, und ich bringe dir etwas, damit du ohne Alpträume schlafen kannst.«
Schweigend stand ich auf und ging wie ein gehorsames Kind in mein Zimmer. Er hatte sich nicht mehr bewegt und nichts mehr gesagt. Und doch bin ich fast sicher, daß er zu weinen angefangen hatte.
»Wenn du mich berühren würdest, bliebe mir das Herz stehen«, ging es mir plötzlich durch den Kopf.
    Sie weiß es nicht, aber sie hat die Frage beantwortet, die ich nicht zu stellen wage. Dies ist eine Liebe, die Allah nicht gewollt hat. Sie ist eine Rose, die sich nie freiwillig öffnen wird, nicht einmal dem Lied einer Nachtigall.
    Wieder einmal stehe ich da und beobachte ihren Schlaf. Ich hätte ihr nicht so viel Laudanum geben sollen; jetzt wird sie rund um die Uhr schlafen, einen tiefen, traumlosen Drogenschlaf, der keine bewußten Erinnerungen

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