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Kay Susan

Titel: Kay Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Phantom
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weiser Mann seinen Feind auch nur für einen einzigen sorglosen Augenblick aus den Augen ließ.
    Nachdem ich durch die Hohe Pforte geschritten war, die in den Palastkomplex führte, wurde ich hinaus in die Gärten geleitet, zu dem hölzernen Pavillon, der hastig und halbherzig errichtet worden war, um die Halle der Vierzig Säulen zu ersetzen. Er sah schon jetzt einsturzgefährdet aus, das Ergebnis eines minderwertigen Entwurfs, dürftiger Materialien und fauler Arbeiter. Nach einer glorreichen Vergangenheit begann Persien allmählich zu stagnieren; überall sah man Anzeichen von Dekadenz und Verfall.
    Pflichtschuldigst warf ich mich auf dem starkgemusterten Teppich zu Füßen eines türkischen Diwans nieder und entbot dem König der Könige den vorgeschriebenen Gruß.
»Möge ich Euer Opfer sein, Hort des Universums.«
    Unbewegt von der Absurdität meiner Anrede blickte der Schah von der Katze auf, die unter seiner streichelnden Hand einen Buckel machte, und vollzog die kurze Geste, die mir befahl aufzustehen.
    »Daroga! Sie kommen spät.«
»Ich bitte tausendmal um Vergebung, kaiserliche Hoheit.« Ich neigte in gespielter Demut den Kopf, und er war es zufrieden.
    Ich war nicht zu spät gekommen, und wir beide wußten das, aber er war jung, kaum zwei Jahre auf dem Thron, und verspürte noch die Notwendigkeit, durch Nörgeln seine Autorität zu festigen. Jetzt, da ich zum ergebenen Bittsteller geworden war, konnten wir zum Geschäft kommen.
    »Haben Sie den Pelzhändler aus Samarkand verhört, wie ich befohlen hatte?«
»Ja, kaiserliche Hoheit.« Immer bekam ich die heiklen Aufgaben, solche, die niemand sonst bei Hof übernehmen mochte. Ich hatte zwei Monate gebraucht, um diesen unglücklichen Pelzhändler aufzutreiben und ihm seine unglaubliche Geschichte zu entreißen.
»Und welchen Eindruck haben Sie von der Aufrichtigkeit des Mannes?«
»Er ist ein einfacher Mann, Hoheit, ein sehr einfacher Mann. Ich würde sagen, daß er nicht die nötige Phantasie hat, um sich eine solche Geschichte auszudenken.«
Der Schah richtete sich auf dem Diwan auf, und die Siamkatze – sein besonderer Liebling, ein Geschenk des siamesischen Königshofes – sprang auf den Teppich, wobei sich ihr mit märchenhaften Juwelen besetztes Halsband verschob, und beäugte mich mit purer Boshaftigkeit. An diesem Hof war es eine ernste Sache, sich eine Katze zum Feind zu machen, aber so sehr ich mich auch bemühte, ich kam mit diesen Tieren einfach nicht zurecht.
»Es stimmt also«, murmelte der Schah nachdenklich, »er existiert tatsächlich, dieser geheimnisvolle Zauberer, der singt wie ein Gott und unvorstellbare Wunder vollbringt. Die Khanum wird entzückt sein. Sie hat schon gesagt, daß eine solche Erscheinung in Nischni Nowgorod vergeudet wäre. Er muß sofort hierhergebracht werden, die Khanum wünscht es.«
Ich verharrte in respektvollem Schweigen, da ich nicht wagte, meine Gedanken zu äußern. Wie der Rest des Hofes war ich es von Herzen leid, die Launen der Mutter des Schahs zu befriedigen. Sie war schön, herzlos, intrigant und seit zwei Jahren die Macht hinter dem Thron; sie würde unser Leben weiterhin mit ihren Kapricen beherrschen, bis ihr Sohn sich von ihrer mütterlichen Dominanz befreite. Bedauerlicherweise gab es dafür keinerlei Anzeichen. Der Schah hatte drei Hauptfrauen und zahllose Konkubinen, doch keine Frau im Harem hatte sich bisher als fähig erwiesen, aus dem Schatten der Khanum herauszutreten, um deren heimtückischen Einfluß herauszufordern. Wir alle hatten Angst vor Der Dame.
»Ich habe die Absicht, diese kleine Angelegenheit Ihrer werten Obhut zu übergeben, Daroga«, fuhr der Schah fort und beobachtete, wie die Katze mich mit einem unheilvollen Schwingen ihres Schwanzes umkreiste. »Sie werden sich sofort zur Abreise nach Rußland vorbereiten.«
Ich öffnete den Mund, um zu widersprechen, und schloß ihn rasch wieder, als der Gesichtsausdruck des Schahs schon vorab Mißbilligung ankündigte.
»Wie Ihr wünscht, Schatten Gottes.«
Als ich mich rückwärts unter Verbeugungen entfernte, trat mein Fuß auf etwas Sehniges. Ich hörte ein wütendes Aufkreischen, und Krallen schlugen in die nackte Haut über meinem Fußknöchel. Noch so eine höllische Katze! Allah sei Dank, diesmal war es nicht die Lieblingskatze des Schahs, aber doch eine, die genügend geschätzt wurde, um mir ein Runzeln der kaiserlichen Stirn einzutragen, das mir den Schweiß auf die Oberlippe trieb.
»Sie sind heute unachtsam, Daroga.«
Wie

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