Kay Susan
einem Diener, den
Rollstuhl außer Hörweite zu schieben.
»Nun?« fragte ich zitternd, als wir wieder allein waren. »War dies
nicht genau das, was Sie hören wollten?«
Er antwortete nicht. Mit einer Hand fuhr er kurz über den Hals
der Katze, und das juwelenbesetzte Halsband war verschwunden.
Ich ging zu ihm, beherrschte den Aufruhr meiner Gefühle und
zwang ihn, mich anzusehen.
»Nehmen Sie sich, was Sie wollen«, sagte ich ruhig, »bestehlen
Sie die ganze Welt, wenn Sie Ihre berufliche Eitelkeit damit befriedigen müssen. Aber nehmen Sie mir nicht das Herz meines Kindes,
nur, weil Sie dazu in der Lage sind. Sperren Sie mich nicht in diese
Folterkammer, Erik.«
Er wandte sich um, bedauernd das Haus betrachtend, als nehme
er im stillen Abschied von etwas, das ihm sehr teuer war. »Alle vernünftigen Menschen lernen, ihre Türen vor Dieben zu
verschließen«, sagte er.
Dann barg er die Katze unter seinem Umhang und ging davon.
Das Verschwinden des Katzenhalsbands wurde niemals aufgeklärt.
Der Schah raste und ließ einige der Wächter wegen Vernachlässigung ihrer Pflichten ins Gefängnis werfen, aber wenn er Erik verdächtigte, was er gewiß tat, so behielt er das für sich. Noch war
es ihm nicht genehm, sich von einem Mann zu trennen, der ihm so
viele einzigartige Dienste leistete. Für den Augenblick war er bereit,
den Verlust zu ertragen.
Und doch gab es feine Nuancen, die seinen allmählich wachsenden Groll auf einen Diener erkennen ließen, der sich unentbehrlich
gemacht hatte. Vielleicht war es zuerst amüsant gewesen, mit einem
Mann umzugehen, der nie eine höfische Anrede benutzte, mit ihm
wie mit einem Gleichgestellten sprach und sich nie mit Schmeicheleien abgab. Doch mit der Zeit verblaßt alles Neue, und der Schah
war in der Wahl seiner Günstlinge notorisch wankelmütig. Ich wußte, früher oder später würde ein schrecklicher Preis zu
bezahlen sein. Ich hoffte nur, daß ich nicht dabei sein mußte, wenn
schließlich der Tag der Abrechnung dämmerte.
8. Kapitel
Als der Hof nach Teheran zurückkehrte, bat Erik, in Mazenderan bleiben zu dürfen, um die Bauarbeiten bis zum Ende zu beaufsichtigen. Doch da die Khanum seine unbefristete Abwesenheit nicht dulden wollte, wurde ihm die Erlaubnis verweigert. Folglich mußte er während des ganzen Frühjahrs und Sommers 1851 ständig über die Elburz-Berge hin und her reisen.
Ich beobachtete, wie er mit jedem Monat erschöpfter und gereizter wurde, und ich spürte, daß die fortgesetzten Beleidigungen durch den Großwesir sich tiefer und tiefer in seine Seele fraßen. Die Feindschaft zwischen den beiden Männern wurde immer unverhüllter, als Erik seinen Einfluß bei der Khanum nach und nach dazu benutzte, einige der Vorschläge, die dem Premierminister am Herzen lagen, zu hintertreiben. Als ich Mirza Taqui Khan an einem schwülen, stickigen Spätsommernachmittag aus dem Ratszimmer stürmen sah, vermutete ich, daß es zwischen ihnen wieder zu einer hitzigen Auseinandersetzung gekommen war.
»Es ist unerträglich!« sagte der Großwesir laut. »Völlig unerträglich, wenn den Ansichten eines schwachsinnigen Zauberers solches Gewicht beigemessen wird. Wie kann Persien seinen Platz in der zivilisierten Welt einnehmen, wenn seine Angelegenheiten weiter von den verdrehten Launen dieses verrückten Monsters fehlgeleitet werden?«
Entsetztes Schweigen senkte sich über die Freunde des Premierministers, als sich zuerst einer, dann ein weiterer umwandte und in stillem Schrecken das »verrückte Monster« in der Tür des Ratszimmers stehen und zuhören sah. Der Großwesir folgte ihren Blicken. Mit einem Ausdruck kalter Verachtung sprach er dann weiter zu seinen Zuhörern, als habe er Eriks Anwesenheit nicht bemerkt.
»Meine Herren, es ist an der Zeit, daß wir darüber nachdenken, wie lange es dem Schah noch gefallen wird, sich von einer Kreatur bedienen zu lassen, die eigentlich in einen Käfig gehört.«
Ich sah, wie Erik erstarrte.
»Einen Käfig?« wiederholte er leise.
Der Premierminister fuhr ärgerlich zu ihm herum.
»Ein Käfig, mein Herr, ist der Ort, an den Sie gehören und wo
ich Sie am liebsten sähe . . . als das scheußliche Ungeheuer, das Sie sind. Daß Sie Anspruch darauf erheben, ein Mensch zu sein, ist eine Beleidigung für jeden ehrlichen Mann bei Hofe!«
»Gibt es bei Hofe ehrliche Männer?«
Eriks Stimme klang leicht sarkastisch und rief selbst bei den Anhängern Khans nervöses Lachen hervor, aber ich ließ mich von seiner scheinbaren
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