Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kay Susan

Titel: Kay Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Phantom
Vom Netzwerk:
tiefster Demut muß ich sagen, daß dies kein geeignetes Betätigungsfeld für die Talente eines Hofmagiers ist.«
    »Wenn ich sage, daß er konsultiert werden soll«, sagte der Schah mit täuschender Milde, »dann wirst du ihn konsultieren. Ich kann dir versichern, daß du wenige Gelehrte finden wirst, die auch nur entfernt mit seinen Kenntnissen konkurrieren können.«
    Der Sklave, der Sorbets servierte, mußte sich an dieser Stelle zurückziehen und war daher nicht in der Lage, mir die Antwort des Großwesirs zu berichten. Er sagte mir jedoch, er habe gesehen, daß Mirza Taqui Khan einen Blick in Eriks Richtung warf, der reines Gift versprühte, ehe die doppelten Türen ihm den Blick auf die Szene versperrten.
    Mir war nicht wohl bei all dem, und ich hoffte, der Bau des neuen Palastes werde Eriks Aufmerksamkeit von dem gefährlichen Machtspiel ablenken, das er anscheinend zu spielen entschlossen war.
    Bei unserer Rückkehr in die Nordprovinzen begleitete ich ihn auf das auserwählte Terrain – ein lieblicher, bewaldeter Hügel eine halbe Meile außerhalb von Ashraf. Dort sah ich ihn zeichnen, bis es dunkel wurde.
    »Können wir nun gehen, Erik?« seufzte ich endlich, da der Hunger an mir zu nagen begann. »Wir sind nun seit mehr als acht Stunden hier.«
    »Tatsächlich?« sagte er verwundert. »Ich nehme an, Sie wollen schon wieder essen. Es ist wirklich nicht nötig, häufiger als einmal täglich zu essen.«
    Sobald die ersten Entwürfe für den Palast vollendet waren, begann er unter den Störungen zu leiden, die unweigerlich die Folge sind, wenn ein Mann sich an zu vielen Fronten unentbehrlich macht. Weder der Schah noch die Khanum waren bereit, ihr ständiges Verlangen nach Unterhaltung und Rat aufzugeben. Er hatte getan, als sei er allmächtig, und deshalb rechneten sie nicht damit, daß er den gleichen Beschränkungen von Zeit und Energie unterlag wie gewöhnliche Sterbliche. Er war ein großer Zauberer, und als solcher sollte er doch fähig sein, an mehreren Orten gleichzeitig zu weilen. Selten wurde er länger als einen oder zwei Tage vom Hof beurlaubt, und jedesmal, wenn ein neuer gebieterischer Befehl ihn von Stein und Meißel des langsam wachsenden Bauwerks trennte, fürchtete ich, er werde seinen kochenden Zorn diesmal nicht verbergen können.
    Die Khanum war diejenige, die seine Gereiztheit und Ungeduld am meisten erregte.
»Ich langweile mich«, klagte sie und rekelte sich träge auf den Satinkissen in ihrem Privatgemach, wo sie ihn, wie ich erfuhr, inzwischen empfing, nur durch einen dünnen Gazevorhang von ihm getrennt. »Mir ist langweilig, langweilig, langweilig! Wie nennt man dieses lästige Gefühl in Ihrem Land, Erik?«
»L’ennui, Madame.«
»L’ennui«, wiederholte die Khanum leise. »Was für eine reizende, verführerische Ausdrucksweise ihr Franzosen doch für die Langeweile habt! Empfinden Sie jemals ennui, Erik?«
»Nein, nie. Unverstand und Müßiggang sind die Voraussetzungen der Langeweile, und ich habe beide Annehmlichkeiten leider nie kennengelernt.«
»Sehen Sie mich nicht so höhnisch an«, sagte die Khanum indigniert. »Sie sind schon häßlich genug, ohne Ihr entsetzliches Gesicht so zu verziehen. Tatsächlich sind Sie so unglaublich und unsagbar abstoßend, daß es auf eine seltsame Art fast attraktiv ist.«
Er schwieg. Wie man mir sagte, quälte sie ihn häufig auf diese Weise und versuchte, irgendeine spontane Reaktion hervorzurufen, aber er starrte sie nur mit steinerner Verachtung an.
»Sie empfinden also keine Langeweile. Ich frage mich, was Sie überhaupt empfinden können, Erik.«
»Zorn«, sagte er leise. »Mörderischen Zorn.«
»Ich glaube, ich würde Sie gern zornig sehen«, murmelte die Khanum nachdenklich. »Ja, ich glaube, es wäre sehr interessant. Auch Zorn kann seltsam attraktiv sein, bei der richtigen Person.« Plötzlich richtete die Khanum sich aus ihren Kissen auf und sah ihn mit intensivem Interesse durch den dünnen Gazevorhang an. »Sagen Sie mir, Erik, haben Sie je eine Frau gehabt?«
Eine angespannte, pulsierende Stille stand zwischen ihnen.
»Ich verlange eine Antwort«, drängte sie ihn. »Sind Sie etwa noch eine Jungfrau?«
»Madame«, seufzte er, »ich habe sehr viel zu tun.«
»Zuviel zu tun, um an eine Frau zu denken? Kein wirklicher Mann hat das, mein Freund. Hätten Sie vielleicht gern eine Frau, Erik? Ich könnte das arrangieren. Ich könnte es ganz leicht arrangieren. Und ist es nicht das, was Sie sich mehr als alles andere

Weitere Kostenlose Bücher