Kay Susan
einem Mann mit so einzigartigen Talenten.«
Ich blieb stumm, wissend, daß der Boden unter meinen Füßen gefährlich schwankend geworden war.
Der Schah legte seine Wasserpfeife beiseite, um die Pläne sicher in der Schublade seines Schreibtischs zu verschließen.
»Ich habe vor, ihm ein Geschenk zu machen, ein kleines Zeichen meiner großzügigen Wertschätzung«, fuhr er bedächtig fort. »Ich wäre sehr interessiert zu hören, wie er es aufnimmt. Die Natur Ihrer Arbeit erfordert, daß Sie sehr genau beobachten können, Daroga. Ich erwarte von Ihnen einen Bericht über die genauen Einzelheiten seiner . . . wie wollen wir sagen? . . . seiner Dankbarkeit.«
Ich verbeugte mich tief, um nicht das Lächeln eines Mannes sehen zu müssen, dessen Mutter ihn gelehrt hatte, die Feinheiten der Folter zu schätzen.
Hinter dieser plötzlichen Laune spürte ich die eifersüchtige Wut der Khanum.
Offenbar sollte Erik nun endlich für all die Monate willentlicher Abwesenheit bestraft werden.
Das Mädchen war eine Odaliske, eine Sklavin des königlichen Harems, die ihre Ausbildung als Konkubine abgeschlossen hatte, aber noch nicht zum Dienst auf dem königlichen Lager erwählt worden war. Es gab keine größere Ehre, die der Schah einem bevorzugten Diener erweisen konnte, als ihm eine Haremsjungfrau als Gattin zu schenken.
Als ich meine eingeübten Worte stammelnd vorgebracht hatte, herrschte tödliches Schweigen in Eriks dämmrigem Gemach.
Er starrte das Mädchen mit einer Gier an, welche die Maske nicht verbergen konnte, und sein plötzliches, überwältigendes Verlangen war schockierend in seiner wilden Intensität.
Als er dann zu mir aufblickte, geschah das mit bitterem Haß, als kenne er den genauen Zweck meiner Anwesenheit an diesem Abend.
»Bringt sie her«, sagte er.
Eriks Stimme hatte all ihre Schönheit verloren; sie war zu einem rauhen, metallischen Krächzen geworden und ließ das Mädchen instinktiv zum Arm des Eunuchen zurückweichen. Es wurde durch den Raum geschleift und zu seinen Füßen niedergeworfen. Er stand langsam auf, beugte sich vor und zog dem Mädchen den Schleier fort; große, mit Antimon umrandete Augen starrten in unverhülltem Schrecken zu ihm auf.
»Wie alt bist du?« fragte er grob.
»Fünfzehn, Herr.« Seine Stimme war kaum zu vernehmen.
»Hat man dir gesagt, was von dir erwartet wird?«
»Ja«, flüsterte es.
»Sehr gut. Ich habe gesehen, was sich hinter deinem Schleier verbirgt, meine Liebe. Jetzt wirst du die entsprechende Ehre haben. Komm her und nimm mir die Maske ab.«
Das Mädchen rührte sich nicht; es verharrte kniend zu seinen Füßen.
»Wenn du mich jetzt zurückweist, dann weist du den Schah selbst zurück«, sagte Erik fest. »Wenn du dich wehrst, werde ich dich mit Gewalt nehmen und dich dann zur Hinrichtung in seine Hände geben. Wenn du aber freiwillig für diese eine Nacht zu mir kommst, so schwöre ich dir, dich bei Morgengrauen freizulassen. Mit einer Nacht kannst du dich für den Rest deines Lebens freikaufen und die Mittel erwerben, es in achtbarer Geborgenheit zuzubringen. Und vielleicht wird die Nacht schließlich gar nicht so schrecklich, wie du fürchtest . . . «
Als er sich niederbeugte, um dem Mädchen seine Hand zu reichen, wich es zurück und preßte mit einer flehenden Geste seine hennagefärbten Hände aneinander.
»Du willst lieber sterben, als mir beizuliegen?« fragte er mit schmerzlichem Unglauben. »Du willst wirklich lieber sterben?«
Das Mädchen zu seinen Füßen brach mit einem wilden, hysterischen Schluchzen zusammen. Abrupt wandte Erik sich von ihm ab.
»Bringt das Kind fort«, sagte er.
Der Eunuch sah mich erstaunt an, da er eine Anweisung erwartete, und ich durchquerte rasch den Raum, um leise und eindringlich mit Erik zu sprechen.
»Offensichtlich haben Sie den Brauch nicht verstanden, Erik«, flüsterte ich. »Das Mädchen ist ein Geschenk des Schahs, ein persönliches Zeichen seiner Wertschätzung. Wenn Sie es so zurückschicken, ist das ein unverzeihlicher Verstoß gegen die Etikette, eine Beleidigung, die Ihnen niemals verziehen würde.«
»Bringt sie fort«, erwiderte er tonlos. »Sagen Sie dem Schah, daß ich kein Verlangen nach mannbaren Mädchen habe. Sagen Sie ihm, ich sei . . . unfähig . . . , von einem solchen Geschenk Gebrauch zu machen. Verdammt, sagen Sie ihm, was immer nötig ist, damit es nicht bestraft wird.«
Ich gab dem Eunuchen ein Zeichen; bereitwillig zerrte er das weinende, hysterische Mädchen aus dem Zimmer. Ich wußte, es
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