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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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Angestellten auf die Straße. Der Wirt schloß ab, nickte beiden zu, und jeder machte sich in eine andere Richtung davon. Ich vergaß Knie und Schultern, stieg aus, drückte leise die Wagentür zu und folgte dem Küchengehilfen. In einer dunklen Seitengasse schnappte ich ihn mir. Ich schlich mich bis auf zehn Meter heran, dann rannte ich los. Etwa im selben Augenblick, als er erschrocken herumfuhr, stieß mein Pistolenlauf gegen seine Brust.
    »Keinen Mucks!«
    Ich packte ihn am Kragen und zerrte ihn in den nächsten Hauseingang. Sein schmächtiger Körper zitterte wie ein Tier. Erst jetzt wurde mir bewußt, wie jung er sein mußte. Höchstens zwanzig.
    »Keine Angst, dir passiert nichts.«
    »Bitte …«, flehte er keuchend, »…ich gehör da nicht dazu!«
    »Weiß ich. Ganz ruhig.« Ich klopfte ihm auf die Schulter. »Du sollst mir nur ein paar Sachen erklären.«
    »Aber ich hab keine Ahnung. Ich bin nur sein Neffe. Ich arbeite da, um Geld zu verdienen. Mit den Leuten hab ich nichts zu tun.«
    Er redete so schnell, daß ich ihn kaum verstand. Dabei ließ er die Pistole keine Sekunde aus den Augen und wandte gleichzeitig so weit wie möglich den Kopf von ihr ab.
    »Paß auf: Ich steck sie weg, wenn du mir versprichst, keinen Mist zu versuchen.«
    »Bitte?« Er hörte mich nicht.
    »Die Pistole. Guck…« Ich schob sie in die Sakkotasche. »Besser jetzt?«
    Er starrte noch einen Moment auf den Taschenschlitz, ehe er mir zögernd ins Gesicht sah, als erwarte ihn der Anblick eines Monsters. »Was… was wollen Sie?«
    »Du sollst mir sagen, was du bei der Arbeit oder von deinem Onkel über die Armee der Vernunft gehört hast.«
    »Armee der Vernunft?«
    »Kann sein, daß der Name nie ausgesprochen wird. Es handelt sich um eine Bande, die in Frankfurt vor etwa zwei Wochen angefangen hat, Schutzgeld zu erpressen. Ich vermute, der >Adria-Grill< ist so eine Art Treff, und sei es nur zum Biertrinken.«
    Bei >Schutzgeld erpressen< zuckte er zusammen, und ich sah, wie er aus den Augenwinkeln die Fluchtmöglichkeiten prüfte. Ich stellte mich noch etwas breitbeiniger hin und schüttelte den Kopf. »Denk gar nicht dran. Wenn du mir hilfst, sehen wir uns nie wieder, und niemand wird erfahren, daß du mit mir gesprochen hast. Wenn nicht, sag ich deinem Onkel, du hättest mich angerufen und versucht, mir Informationen zu verkaufen.«
    »Sind Sie irre?!« platzte es aus ihm heraus, ehe er den Blick abwandte und mit zusammengepreßten Lippen zu Boden starrte. Ich wartete. Wie er jetzt ohne Küchenschürze vor mir stand, wirkte er wie ein Jugendlicher aus einer anderen Zeit. Er trug spitze Schuhe mit Leopardenfellbesatz, eine viel zu große Anzughose, ein weißes LIemd mit gestärktem Kragen und einen Bürstenschnitt. Vielleicht war seine Lieblingsband The Who, und entweder gehörte sich das so in Offenbach, oder er hatte gute Chancen, in drei bis vier Jahren Vorreiter eines Revivals zu sein.
    »Ich… Wissen Sie, ich geh im Herbst auf die Universität und wollte den Sommer über arbeiten, um im ersten Jahr keine Jobs nebenher machen zu müssen. Dabei mochte ich meinen Onkel nie besonders - Quatsch, nie besonders: kein bißchen. Aber weil ich nichts Besseres gefunden habe… Ich hatte doch keine Ahnung, in was ich da reingerate. Stellen Sie sich vor, Sie wollen einfach nur Geld verdienen, und auf einmal sind Sie in so ‘nem…«
    Er brach ab und starrte erneut vor sich hin. Ich steckte mir eine Zigarette an und registrierte, wie in meinem Körper das Adrenalin Feierabend machte und die Schmerzen den Laden wieder übernahmen. Nach einer Weile hob er den Blick und deutete mit einem Finger vorsichtig auf meine Sakkotasche.
    »Die haben Ihnen doch die Kugeln rausgenommen, oder?«
    »Ich hatte ein Ersatzmagazin im Auto.«
    »Ah.« Er verzog das Gesicht, als müsse er an irgendein ekelhaftes Essen denken. »… Hätten Sie geschossen?«
    »Jedenfalls hätte ich dich nicht laufenlassen.«
    Er überlegte kurz, dann nickte er für sich. »Die haben Sie ganz schön rangenommen.«
    »Ja, und es tut weh, und ich möchte ins Bett. Erzähl mir von der Schutzgelderpresserbande.«
    »Okay«, seufzte er, »aber Sie müssen…«
    »Ich muß gar nichts«, schnauzte ich. Nachdem er sich bis eben noch fast in die Hose gemacht hatte, war er mir jetzt etwas zu sehr dabei, eine kleine Plauderrunde einzurichten. »Entweder du vertraust mir, oder du läßt es bleiben. Ich warte noch fünf Minuten. Wenn ich bis dahin nichts gehört habe, was mich

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