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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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anderes.
    »Schönen guten Tag«, flötete die Frau und wandte sich dabei so betont und ausschließlich in meine Richtung, als wollte sie das Mädchen in einen Blumentopf oder sonst irgendwas verwandeln, das ich nicht weiter beachten würde. Vielleicht schämte sie sich für den Schmutzhaufen in ihrem Büro oder für ihren Astralleib neben dem Gerippe. Oder es war einfach ihre Art, mit einem Mann und einem Mädchen im selben Raum umzugehen.
    »Guten Tag«, erwiderte ich. »Kayankaya. Privatdetektiv.«
    Sie fuhr leicht zusammen, und ihre Augen verengten sich, als hätte ich ihr ins Gesicht gepustet. »Privatdetektiv«, wiederholte sie, bemüht, den munteren Ton beizubehalten, »… und, ahm, womit kann ich Ihnen helfen?«
    Eigentlich wollte ich sie bitten, das Mädchen für eine Weile rauszuschicken, ließ es dann aber bleiben. Es hätte sie nur gewarnt, daß es um mehr ging als um geklaute Fahrräder.
    »Ich möchte mit Ihnen über eine Schutzgelderpresserbande sprechen, die wahrscheinlich Bewohner dieses Heims zur Mitarbeit zwingt.«
    Während der Herfahrt hatte ich mich auf einen dieser zähen, meist erfolglosen Nachmittage eingerichtet, bei denen mir ein Haufen Leute immer wieder mehr oder weniger deutlich zu verstehen gab, wie wunderbar es wäre, wenn ich keine Fragen mehr stellte und mich endlich verkrümelte. Um so überraschter registrierte ich, wie ich hier in Null Komma nix ganz offensichtlich einen Volltreffer gelandet hatte. Ihr Unterkiefer klappte idiotisch herunter, die Augenlider begannen zu zucken, und die Charlie-Chaplin-Köpfe schaukelten wie eine Freispielanzeige bei einem uralten Flipperautomaten. Ich sah zu, wie sie darum kämpfte, wieder in Form zu kommen, bis sie unvermittelt in laute Heiterkeit ausbrach.
    »Und ich dachte schon, ich hätte es mit einem Spinner zu tun. Privatdetektiv! Wo gibt’s denn so was!« Sie lachte auf.
    »Sie wollten einfach einen Witz machen, was? Das ist Ihnen aber wirklich gelungen. Sind Sie der Elektriker, nicht wahr? Es geht um die Flurbeleuchtung. Warten Sie, ich zeig’s Ihnen gleich. Leila …« Mit einem Wink zur Tür wandte sie sich an das Mädchen. »… Kleines, gehst du bitte nach oben, wir reden später weiter.«
    Entweder hatte sie ziemlich schnell verstanden, wie wenig sie bei einem Gespräch mit mir eine Zuhörerin gebrauchen konnte, oder mein Volltreffer war noch viel umfassender, als ich ahnte. Vielleicht war mein ganzes Auftauchen im Sekretariat genau zu diesem Zeitpunkt einer.
    Doch wie auch immer, bis hierhin ließ sich ihre kleine Vorführung gar nicht so schlecht an - und wenn das Mädchen aufgestanden und gegangen wäre, hätte sie so weitermachen können: ein bißchen dumm, ein bißchen Flurbeleuchtung, ich weiß von nichts, glauben Sie’s oder lassen Sie’s bleiben, auf Wiedersehen.
    Doch das Mädchen stand nicht auf und machte auch nicht den Eindruck, als würde man es dazu so einfach überreden können. Die Hände um die Stuhllehnen gekrampft, schob sie trotzig die Lippen vor und starrte die Frau hinterm Schreibtisch mit unbewegtem Blick an.
    »Leila!« Der Mund lächelte noch, aber die Stimme hatte sich schon Richtung Kasernenhof verabschiedet. Leila schien das nicht zu kratzen. Zur Verdeutlichung ihrer Unverrückbarkeit schlüpfte sie aus ihren Plastikschlappen und klemmte die Füße hinter die Stuhlbeine. Ansonsten rührte sie sich nicht.
    Die Frau gab sich alle Mühe, mir mit amüsiertem Augen-verdrehen zu bedeuten, wie üblich, wie irgendwie liebenswert, aber eben auch wie anstrengend so eine Bockigkeit bei Jugendlichen sei. Selbstverständlich völlig grundlos, darüber wären wir Erwachsene uns ja wohl einig…
    »Leila, sonst muß ich Gregor rufen, und der bringt dich samt Stuhl auf dein Zimmer.« Sie beugte sich vor und lachte das Mädchen an, wobei sie die Augen so weit schloß, daß ich ihren Blick nicht sehen konnte. »… Und willst du mir etwa meinen Stuhl wegnehmen? Ich muß mit dem Mann hier über die Flurbeleuchtung sprechen, und ich möchte ihm anbieten, sich zu setzen. Das verstehst du doch?«
    Leila öffnete langsam den Mund, spielte ein bißchen mit der Zunge zwischen den Zähnen und betrachtete die Frau wie eine Taschenspielerin, der die einfachsten Tricks mißlangen, die aber trotzdem anschließend den Hut rumgehen ließ. Dann sagte sie ruhig: »Ich hab gehört, alte Fotze«, und deutete mit dem Finger auf ihr Ohr. »Privatdetektiv. Scheiße, Flurbeleuchte.«
    Für die folgende Pause hätte man Eintritt nehmen

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