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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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ist Vereinbarung.«
    Ich hatte sie bisher nicht danach gefragt, und eigentlich wollte ich es auch gar nicht wissen, aber jetzt dachte ich doch einen Augenblick daran, was sie im bosnischen Krieg so alles erlebt haben mochte. Möglicherweise hielt sie im Vergleich dazu das Getue um ein in die Luft gesprengtes Zimmerchen für hysterischen Mercedesfahrerland-Scheiß.
    »… Und die wird selbstverständlich eingehalten. Keine Sorge.«
    »Gut. Aber warum lügst du wegen Büro?«
    »Weil deine Mutter wahrscheinlich bei Ahrens ist und ich nicht will, daß dir das angst macht.« Sie dachte darüber nach.
    »Verstehe. Aber ich hab keine Angst. Meine Mutter ist stark.«
    Ja, Herzchen, doch offenbar nicht stark genug, um letzten Sonntag zu dir nach Hause zu kommen, und ganz sicher nicht so stark wie Messer, Schlagringe und Schießeisen; und wenn Ahrens erfährt - und das hat er schon erfahren -, daß ich dich aus dem Heim mitgenommen habe, dann muß er kein Genie sein, um sich eine hübsche kleine, an meine Berufsehre appellierende Erpressung auszudenken, und dann haben wir zwei ein Problem: Denn so ehrenhaft, daß ich mich gegen deine Mutter austauschen und abknallen lasse, bin ich nicht.
    Statt dessen sagte ich: »Hab ich keinen Zweifel. Da muß ich mir nur ihre Tochter angucken.«
    »Ihre…?« begann sie, ehe sie verstand, und zum ersten Mal seit meinem Auftauchen in Schmidtbauers Büro verzogen sich ihre Luftkissenlippen zu einem Lächeln. »Ja, wir sind alle starke Leut.« Und nach einer Pause fast schon irritierend zutraulich: »Hör mal, wird schön, wenn meine Mutter wieder da ist. Wird dir auch gefallen.«
    »Ganz sicher«, stimmte ich zu. Dabei registrierte ich überrascht, wie mein Herz für ein paar Schläge den Takt änderte.
     
    Zehn Minuten später fuhren wir bei meiner Wohnung vor, und wenn ich mir die Befürchtung auch nicht eingestanden hatte, so spürte ich beim Anblick des friedlich dastehenden, von keiner Bombe zerstörten Hauses doch große Erleichterung. Meine Wohnung war zwar ebenfalls schlecht beheizt und rauhfasertapetenbeklebt, und ob ich lieber Heino oder Sting durch die Mauern hörte, mochte ich nicht entscheiden, aber im Gegensatz zu meinem Exbüro gefiel sie mir. Slibulsky hatte mich oft gefragt, warum ich mir nichts Charmanteres als diesen Zweizimmerneubau-Sarg mieten würde. Was Besseres, als daß der Zweizimmerneubau-Sarg nun mal dem entsprach, was ich mir unter einer Wohnung für mich vorstellte, war mir darauf nie eingefallen. Manchen Leuten standen karierte Anzüge, andere tranken Fanta zu Fisch, und ich hatte mal einen gesehen, der vollkommen glücklich zu einer deutschsprachigen Coverversion von »Stairway to Heaven« getanzt hatte. Ich war in Neubauwohnungen aufgewachsen. Das Eckige, Niedrige, immer leicht nach irgendeinem Kleister oder Putzmittel Muffende gab mir ein Gefühl wie anderen der Geruch von Weihnachtsplätzchen.
    Nachdem ich geduscht, Leila das Bett frisch bezogen, ihr das Bad gezeigt, Handtücher gegeben und zu ihrer Zufriedenheit beantwortet hatte, wieviel Kabelprogramme mein Fernseher empfing, bestellte ich bei einem türkischen Restaurant genug Eintopf, Salat und Käse für eine Runde lkw-Fahrer. Anschließend schenkte ich mir ein Glas Wodka ein, und während durch die Badezimmertür leises Plätschern und Blubbern drang, rief ich meinen Hausmeister-Gemüsehändler an.
    »Ach, Herr Kayaya!« tönte es überschwenglich aus der Muschel. Erst glaubte ich, das als Zeichen für eine bevorstehende Nuttennacht nehmen zu müsstn, und wegen Leilas Anwesenheit hätte ich ihn fast gebeten, es heute doch ein bißchen leiser angehen zu lassen. Doch dann kapierte ich, daß wir seit unserem Westlich-von-Thüringen-Pakt zum ersten Mal miteinander telefonierten und daß diese, jeden Augenkontakt verläßlich ausschließende Form der Kommunikation ihn wahrscheinlich schlicht begeisterte. Das unschuldig daherkommende Verhunzen meines Namens war ich gewohnt. Es gehörte zu den letzten Und-wann-geht’s-dann-wieder-zurück-in-die-Heimat?-Touren, die er sich von Zeit zu Zeit noch gönnte.
    »… Womit kann ich Ihnen helfen?«
    »Tja, es ist mir sehr unangenehm, aber ich muß es Ihnen einfach sagen…« Ich machte eine Pause, in der ich hören konnte, wie sein Atem leicht ins Stocken geriet. »… Wie Sie wissen, bin ich Privatdetektiv, und da hab ich hin und wieder mit Leuten zu tun, also, na ja, mit Leuten, mit denen man eigentlich lieber nichts zu tun haben möchte. Sie verstehen?«
    Er

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