Kayankaya 4 - Kismet
Autoschlüssel verweilen, kombinierte das Opelzeichen am Anhänger mit der Schrottkarre hinter mir, ließ das Gitter los, beugte sich leicht hinunter und fragte: »Ihr Wagen? Kenn ich den nicht…?«, als seine Augen Leila erspähten.
»Tja, von diesen alten Dingern fahren doch immer noch erstaunlich viele rum. Ist natürlich nicht mein privater. Aber, wie Sie sehen, betreiben wir Sprengstoffexperten nicht gerade ‘n sauberes Geschäft, und da gibt uns die Stadt eben diesen Fuhrparkausschuß. Spaß macht’s keinen, damit rumzufahren, das kann ich Ihnen sagen.«
»So so, Sprengstoffexperte. Polizei, ja?«
»Hmhm, Kripo Frankfurt.«
Er richtete sich auf, fixierte mich unbeeindruckt und deutete mit dem Daumen zum Autofenster. »Und wer is das da? Auch Kripo Frankfurt?«
»Das, ahm… tja…« Ich näherte mich seinem Ohr und senkte die Stimme. »Der Anschlag, von dem ich eben sprach, richtete sich gegen ein Asylantenheim - Sie verstehen. Und das ist eine der Zeuginnen, eine…«, ich ließ ein dreckiges Grinsen aufblitzen, »… na, Sie sehen ja die Haarfarbe und den dunklen… äh… Teint.«
Er reagierte, als luge vor ihm auf der Straße die Ecke eines Zwanzigmarkscheins aus einem Haufen Hundescheiße. Erst leuchteten die Augen auf, und er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, dann fror sein Ausdruck plötzlich ein, verdüsterte sich, bis der Mann abrupt einen Schritt zurücktrat und kopfschüttelnd erklärte: »So hab ich das aber nicht gemeint! Nicht, daß Sie mir hier irgendwas anhängen. So ‘ne Sachen, da bin ich nämlich absolut dagegen. Alles, was ich gesagt hab, ist, daß der Typ, dem das Büro da oben gehört hat, ’n arrogantes Arschloch is und ganz sicher keine blauen Augen hat, und das wird man ja wohl noch sagen dürfen!«
»Aber war ja noch schöner, wenn nicht! Machen Sie sich mal keine Sorgen, wir von der Polizei sind, was das betrifft, auch nicht von gestern. Wir wissen, was die Uhr geschlagen hat, und ein offenes Wort ist uns allemal lieber als der ganze Benetton-Mist. Ich meine…«, ich näherte mich wieder seinem Ohr, »… woher kommen denn die Nobelpreisträger, frag ich immer - aus Afrika vielleicht?«
Er verharrte noch einen Augenblick in Skepsis, bis sich langsam die Mundwinkel hoben und seine Pupillen verschwörerisch zu glitzern begannen. »… Das haben Sie aber prima formuliert.«
»Na ja«, winkte ich ab, »man macht sich eben so seine Gedanken. Wenn ich Sie jetzt trotzdem noch mal bitten dürfte, mir die Person zu beschreiben, die Sie von >Heidi< aus gesehen haben?«
Was er beschrieb, war ein kleiner fetter weißer Mann mit dicken Lippen - Ahrens’ Hesse, der mir die Nase eingeschlagen hatte.
Ich bedankte mich bei meinem neuen Ku-Klux-Klan-Kumpel, tippte mir an die Stirn und ging zum Auto.
Als ich den Motor anließ, fragte Leila: »Was hat die Ohrring-Schwuchtel gesagt?«
Vielleicht hätte ich die beiden miteinander bekannt machen sollen. Vielleicht wären sie nach dem Ausräumen gewisser Vorurteile prima ins Gespräch gekommen.
»Wie ich gedacht habe: Gasexplosion.«
»Du hast lange geredet für Wie-ich-gedacht-habe…«
»War ‘n netter Kerl. Hat mir ’n bißchen was über die Gegend erzählt. Immerhin werde ich ab nächsten Monat täglich hier sein.«
Ich lenkte den Opel vorbei an Krankenwagen und Diskutiergrüppchen - »Dreckschwein«, »Negerdetektiv«? - und reihte mich in den Feierabendverkehr ein.
»Ich glaub nicht.«
»Hm?«
»Gasexplosion.«
»So?« fragte ich leichthin und warf ihr dieses Lächeln zu: Du kannst noch soviel rumspinnen, ich werde dir nicht böse sein. Leider war ihr völlig egal, ob und wie ich sie anlächelte.
»Erst Gregor und das ganze Heim ist kaputt, und du fährst los, ein neues Büro angucken?«
»Lag auf dem Weg. Warum nicht?«
»Ich glaub nicht. Du bist ganz voll mit Dreck. Und du denkst an Ahrens wegen Gregor. Und dann: Wir fahren ganz genau dieselbe Weg zurück.«
Und du mir die Buckel runterrutschen, dachte der aufsteigende Stern im Bockenheimer Verband zur Rettung des weißen Mannes.
Was konnte ihr eher den Mut nehmen? Der soundsovielte Beweis, daß der Boss ihrer Mutter bei seinen Geschaffen nicht gerade auf Verhandlungsgeschick setzte, oder ein Detektiv, von dem sie annehmen mußte, daß er sie belog?
Ich sagte ihr die Wahrheit. Von Hysterie keine Spur.
»Blöd mit Büro«, bemühte sie sich. »Aber das ist dein Problem mit Ahrens. Ich hab mein Problem, und ich bezahle dafür. Du suchst erst meine Mutter,
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