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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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vergessen?”
    “Alles.”
    Er sah sie an.
    “Dass du sie umgebracht hast.” Endlich sprach sie es aus.
    “Nein.”
    Kaylin biss sich auf die Lippe.
    “Würdest du?”
    Sie wollte Ja schreien. Tat es aber nicht. Sieben Jahre lang wäre die Antwort Nein gewesen. Aber in den Hohen Hallen hatte die Antwort sich verändert, und das Fundament, auf dem ihr Leben aufgebaut war, hatte Risse bekommen. Sie versuchte Zeit zu schinden. “Warum?”, fragte sie, nach einer Erklärung für sein klar hervorgebrachtes Nein verlangend.
    “Weil ich sie nun einmal umgebracht habe. Es zu vergessen ändert nichts an der Tatsache.”
    “Es könnte dich verändern.”
Es könnte uns verändern.
    “Das könnte es”, stimmte er leise zu. Seine Stimme war kaum noch zu hören. “Aber es würde sie nicht zurückbringen. Es würde nichts, was geschehen ist, ändern.”
    “Aber es …”
    “Kaylin. Elianne. Wer du auch bist. Es ist ein Teil von mir. Es hat mich zu demjenigen gemacht, der ich heute bin. Ich habe lange Zeit damit verbracht, zu lernen, damit zu leben. Es gibt Tage …” Er schüttelte den Kopf, verwarf die Worte. Sie wollte sie hören, aber sie kannte Severn. Die Worte waren irgendwo, wohin sie nicht folgen konnte.
    “Ich würde mich nicht entscheiden, zu vergessen. Außerdem”, sagte er und drückte ihre Hand, “bist du jetzt ein Falke. Früher oder später würdest du es herausfinden, und dann müssten wir alles noch einmal von vorne durchmachen.” Sein Lächeln war gepresst. “Und ich möchte die ersten Jahre nicht noch einmal erleben. Nicht mal für dich.”
    Dann verstand sie. “Das ist eine Prüfung”, stellte sie fest.
    Er nickte, als hätte er es schon verstanden, als er die Blumen erblickt hatte.
    “Es ist eine blöde Prüfung.”
    “Vielleicht sehen Barrani das anders. Sie leben ewig, und ihre Erinnerung verblasst viel langsamer als unsere. Wahrheit ist nicht ihre Stärke … sie spielen Spiele, sie leben und atmen Täuschung. Deshalb geben sie gute Falken ab”, fügte er hinzu. “Sie sind wahre Meister der Täuschung.”
    “Und ich?”
    “Du bist keine Barrani.” Er hielt inne. “Die Barrani würden den Tod der beiden nicht für ein Verbrechen halten. Es wäre kein Mord. Sie begreifen Loyalität zu Angehörigen kaum.”
    “Das stimmt nicht.”
    “Es trifft nicht auf alle von ihnen zu”, räumte er ein, “aber ich bemitleide die, bei denen es der Fall ist.”
    “Warum?”
    Aber er schüttelte wieder nur den Kopf. “Willst du vergessen?”
    Sie schluckte. “Manchmal.”
    “Meinst du, das würde irgendetwas verbessern?”
    “Es würde ändern, wie ich dich sehe.”
    “Und ist das wichtig?”
    Sie hätte fast gelacht, aber es wäre kein echtes Lachen gewesen. “Severn … du warst meine ganze Welt. Du warst der Einzige, auf den ich mich verlassen konnte. Steffi und Jade habe ich anders vertraut – sie waren Kinder. Meine Kinder”, fügte sie bitter hinzu. “Aber ich hätte sie nie gebeten, mein Leben zu retten. Ich hätte sie nie bitten können, für mich zu kämpfen. Ich hätte nie geglaubt, dass sie mich schützen können.”
    “Vor was?”
    “Vor
allem
.”
    “Begreifst du, dass ich nicht deine ganze Welt geblieben wäre? Selbst wenn die beiden am Leben geblieben wären?”
    Der Mond schien hell. Der Himmel war bedeckt, und durch den Nebel entstand ein weicher Ring aus Licht um das helle Angesicht des Mondes. Sie konnte ihn jetzt sehen, deutlich erkennen. Er war fast voll. Der rote Mond
war
voll. Zwei Tage.
    Sie hatte zwei Tage, um die Barrani vor etwas Bitterem und Schrecklichem zu retten, das sie nicht verstand, und für diesen Moment war es auch egal.
    “Du warst dreizehn”, sagte er zu ihr, “noch ein Kind.”
    “Jetzt bin ich kein Kind mehr.”
    “Nein? Aber du denkst noch wie eines.”
    Das hätte sie ärgern sollen. Vielleicht würde es das später tun. “Weil ich mich daran erinnern kann, wie sehr ich an dich geglaubt habe?”
    “Nein. Weil du es immer noch willst. Weil du die Wahrheit kennst und es immer noch willst. Ich bin, was ich bin”, sagte er zuletzt.
    “Das ist nicht, was du früher gewesen bist.”
    “Nein. Aber ich habe mich damals verändert. Ich habe begriffen, was ich zu tun bereit bin. Du hast es ebenfalls verstanden.”
    Sie nickte.
    “Es gibt keinen Weg zurück.”
    “Es gibt keinen Weg nach vorn.”
    “Doch, Kaylin. Du warst damals kein Falke. Ich war kein Falke. Kein Wolf. Wir waren in den Kolonien gefangen. Jetzt sind wir frei.”
    “Wir

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