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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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Handfläche etwas zu trocken.
    Sie ließ ihre Hand lässig an ihre Seite fallen, dorthin, wo ihre Dolche ordentlich drapiert waren.
    Fast unmerklich richtete sie sich auf und drehte sich um.
    Ein Mann stand am anderen Ende der Brücke, nur dass er keiner war. Kein Mann.
    Das Erstaunen raubte ihr für einen Augenblick die Worte, aber es gab ihr den Impuls, den Dolch zu ziehen. Es war mehr als Warnung gedacht. Oder vielleicht als Gruß, in einem Kampf würde ihr die Waffe nicht viel bringen.
    Er war Barrani.
    Sie nicht. Seine Chancen standen also ungleich besser.
    Selbst wenn sie Barrani gewesen wäre, hätten seine Chancen besser gestanden. Dieser “Mann” war immerhin Lord Nightshade, der kriminelle Herrscher, unter dessen eiserner Hand die Kolonie Nightshade erblühte.
    “Die Sonne geht unter”, sagte Lord Nightshade, als er die Brücke betrat. Die hölzernen Planken schienen sein Gewicht gar nicht zu bemerken. Was in Anbetracht des Alters der Brücke mehr über seine Bewegungen aussagte als über die Planken.
    “Fast.” Es gelang ihr, mit den Schultern zu zucken.
    “Du solltest dich nicht auf der Straße aufhalten, Kaylin. Ich war, glaube ich, sehr deutlich, was das angeht.”
    Sie zuckte wieder mit den Schultern, ehe seine Worte bei ihr angekommen waren. Manchmal machte Nervosität sie vorschnell. Manchmal wurde sie langsamer. Schnell bevorzugte sie. “Deutlich zu wem?”
    Er hob eine perfekt geschwungene, dunkle Braue. Sie war perfekt, weil er Barrani war. Tatsächlich waren seine Augen, dieses tiefe erstaunliche Grün, ebenfalls perfekt, und gerahmt von, ja, perfekten Wimpern. Sein Gesicht war so lang und fein wie das von allen Barrani, sein Haar lang und makellos rabenschwarz. Er bewegte sich wie ein Tänzer. Oder wie ein Raubtier auf der Jagd.
    Aber er trug Kleidung – ein langer, dunkler Umhang über einer Robe, die sehr elegant und mit Gold eingefasst war. Nichts an der Kleidung der Barrani war etwas anderes als prunkvoll, selbst wenn sie die gleichen Uniformen – nur größer – trugen, die sie selbst gerade anhatte.
    Das hasste sie. Jeder gesunde Mensch tat das.
    Na ja gut, jeder gesunde Mensch, der nicht auch unsterblich und perfekt war und diese überirdische Schönheit als gegeben hinnahm.
    “Warum bist du hier?”
    “Weil du es bist”, antwortete er. “Du hast mich die ganze Woche lang gerufen.”
    Sie runzelte die Stirn. “Habe ich nicht.”
    Sein Schulterzucken war elegant, es ließ ihres ungelenk aussehen. Und im Gegensatz zu Teela und Tain gab er sich nicht einmal Mühe. Er sprach Barrani, und dazu noch das Barrani der hohen Kasten, das sie am meisten hasste. Teela sprach Elantranisch, wenn sie mit anderen Falken zusammen war. Selbst wenn es Barrani waren. Wenn Teela anfing,
irgendein
Barrani zu sprechen, bedeutete das Ärger.
    “Wie du wünschst”, sagte er leise.
    Er kam näher und blieb zwei Fuß entfernt stehen. Er lehnte sich allerdings nicht gegen das Geländer.
    “Du bist fast auf meinem Gebiet”, sagte sie leise.
    “’Fast’ ist ein sterbliches Wort.” Er blickte hinaus auf den Fluss und machte eine Geste. Sie schien das Wasser in seinem Bett erstarren zu lassen, wie glattes Glas. Sie konnte sich deutlich in dem plötzlichen Spiegelbild sehen, konnte ihn deutlicher sehen, und am Ende war es der Koloniallord, den sie sich ansah. Wer würde das nicht?
    “Du bist nicht zu mir gekommen”, sagte er leise.
    Sie begann zu antworten und verschluckte die Worte, ehe sie ihren Mund verlassen konnten, vielleicht zum ersten Mal an diesem Tag. Der Koloniallord war nicht für seinen Sinn für Humor bekannt. Oder vielleicht doch: Er brachte regelmäßig Leute um, die ihn beleidigten, indem sie auch nur andeuteten, er könne einen besitzen.
    Für Mut zahlte man in den Kolonien einen hohen Preis. Trotz war zwar schmerzhafter, aber letztendlich nicht teurer.
    “Nein”, sagte sie, als sie wieder sprechen konnte. “Bin ich nicht.”
    Ehe sie sich bewegen konnte, streckte er eine Hand aus, um ihre Wange zu berühren. Seine Finger liebkosten die Haut, die sein Zeichen trug. Er berührte keinen anderen Teil ihres Gesichts, aber das musste er auch nicht – die Bedeutung, die in seiner Geste lag, war deutlich.
    “Du könntest es entfernen”, sagte sie ihm leise.
    “Ja, das könnte ich. Aber das hätte seinen Preis.” Sein Lächeln war beunruhigend. “Du sprichst meinen Namen, wenn du schläfst”, sagte er leise, “meinen wahren Namen. Und man kann es nicht überhören – ich

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