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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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kann es nicht.”
    “Ich kann ihn nicht aussprechen”, sagte sie, und ihre Worte wurden durch etwas wie Angst geformt.
    “Ich weiß. Ich glaube, du hast es versucht, als Tiamaris dich gefragt hat.”
    “Ich habe es versucht. Ein einziges Mal.”
    “Was hat er gehört?”
    “Nichts.”
    “Aber ich habe es gehört”, sagte er leise.
    “Du bist damals in der Nachtschattenburg gewesen.”
    Er hob die Augenbrauen. “Ja”, sagte er, und es schien, dass hinter der Bestätigung Vorsicht lag. “War ich.”
    “Warum hast du … warum bist du hier?”
    Seine Augen wechselten die Farbe. Es kam plötzlich, aber vollkommen unerwartet. Nichts, was Barrani taten, konnte man vorher erwarten, das war Teil ihres Wesens. Man konnte ihnen einfach nicht vertrauen, und Vorhersehbarkeit setzte einen gewissen Glauben an Routine voraus. “Der oberste Lord hat den Hof zusammengerufen”, sagte er leise. Die falsche Art von leise.
    “Ich … weiß.”
    “Anteela wird dort sein.”
    “An… oh. Teela.” Sie erinnerte sich daran, dass auch Lord Evarrim sie so genannt hatte, auch wenn das ein ganzes Leben her zu sein schien. “Sie ist fort. Aber sonst keiner von den Barrani.”
    “Das werden sie auch nicht. Keiner von den anderen Barrani, wie du es so leichtfertig ausdrückst, hat sich dem Hofe des Lords entzogen, um ein faules Leben als … Falke zu führen.”
    “Sie ist ein …”
    “Auf Elantranisch würde man sie Lady Anteela nennen”, sagte er und benutzte das Wort “Lady” mit Missfallen. “Wenn sie es wünschte. Sie tut es nicht.”
    “Also ist sie abgehauen.”
    Sein Lächeln war kalt. “Die Falken werden in Beobachtung geschult, nicht wahr?”
    “Werden sie.”
    “Dann ist ihre Ausbildung darin mehr als mangelhaft.”
    “Wir beobachten die Fakten.”
    “Fakten, wie du es so malerisch ausdrückst, kann man schlecht verstehen, wenn man sie außerhalb ihres Zusammenhangs betrachtet. Sie hat sich vom Hofe zurückgezogen. Ihre Abwesenheit wurde bemerkt. Sie wurde allerdings nicht befürwortet.”
    Sie fragte ihn nicht, woher er das wusste.
    “Weise”, befand er. “Du musst verstehen, Kaylin Neya, dass du im Zentrum vieler Gespräche stehen wirst, wenn der Hof sich zusammengefunden hat.”
    “Und das wäre wann?”
    “Wenn der Mond voll ist”, antwortete er, “und silbern.”
    “Welcher Mond?”
    “Es gibt nur einen, der zählt.”
    Sie fragte nicht. In ihrer Welt gab es zwei. “Warum bist du hier?”, sagte sie wieder.
    “Ich möchte dich in den Ränkespielen, die sich zweifellos entspinnen werden, nicht verlieren. Du weißt zu wenig über unsere Bräuche.”
    “Du bist ein Ausgestoßener”, sagte sie, ohne nachzudenken. “Das sind nicht mehr deine Bräuche.” Sie biss sich auf die Lippen.
    Seine Augen waren jetzt so blau wie Saphire. Mitternachtsblaue Saphire. “Komm”, sagte er und ging los, die Brücke hinab.
    In die falsche Richtung.
    “Du kannst … da kannst du nicht hingehen!”
    “Es mag stimmen, dass ich mich selten außerhalb meines eigenen Reiches zeige, aber niemand hält mich auf, wenn ich es tue.”
    Er ging weiter, und nach einem Augenblick stieß sie sich vom Brückengeländer ab und lief hinter ihm her. Seine Schritte waren ein gutes Stück länger als ihre, und sie musste sich anstrengen, um Schritt zu halten. Es war schwierig, gelassen und gefasst auszusehen, wenn man außer Atem geriet.
    Sie folgte ihm und sah sich immer unwohler nach hinten und zur Seite um. Niemand schien zu merken, dass der verdammte
Koloniallord
von Nightshade in den Straßen von Elantra herumspazierte. Andererseits hätte sie selber es auch nicht geglaubt. Er wäre für sie nur ein weiterer Barrani in Begleitung eines Nachwuchsfalken gewesen.
    Aber je weiter sie ihm folgte, desto vertrauter wurden ihr die Straßen. Nicht einmal die kunterbunten Bänder und Kränze, die Symbole von Dutzenden verschiedenen Göttern, die Statuen – Schichten neuer Farbe auf Schichten alter Farbe wie eine Miniaturode an Gesteinsformationen – konnten
diese
Straßen so neu oder fremd aussehen lassen, dass sie sie nicht erkannte. Selbst wenn sie die Augen schloss und langsamer ging, würden ihre Füße den Weg kennen.
    Er brachte sie
nach Hause
.
    Sie blieb stehen, in der vagen Hoffnung, dass er es auch tun würde. Stattdessen wuchs die Entfernung zwischen ihnen, bis sie wirklich sprinten musste, um ihn wieder einzuholen.
    Sie konnte sich nicht dazu bringen, ihn zu berühren. Wäre er Severn gewesen, hätte sie ihn an den

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