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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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eine unerwartete Einmischung.” Er ließ seine Hände fallen.
    Und eine Kreatur stieg aus dem Abgrund, die – genau wie die Tür – ebenholzschwarz glänzte. Nichts an ihm erinnerte an Nebel, alles an ihm war körperlich, wie die Wilden es gewesen waren. Wenn “ihm” überhaupt das richtige Pronomen war.
    “Andellen, was ist das?”
    Andellen hielt sein Schwert in der Hand, als er antwortete. “Einer der Erstgeborenen.”
    “Erstgeborene was?”
    “Die Lords der Gesetze waren nicht die einzigen Lords, die versucht haben, Leben zu erschaffen. Aber die Lords des Chaos waren sich weniger sicher dabei und ihre Kreaturen weniger fügsam.”
    “Diese hier scheint …”
    “Lauf, Kaylin.” Er hob sein Schwert. “Lauf, so schnell du kannst.” Und er drehte sich um und drückte ihr Samaran in die Arme. Die Kreatur trieb auf sie zu. Sie hatte Augen. Sie hatte zu viele Augen. Sie richteten sich nicht wirklich nach vorne oder eher, sie richteten sich in jede verdammte Richtung. Sie hatte Gliedmaßen, sozusagen, und Klauen, die so lang wie gebogene Schwerter waren, und sie war die Definition der Farbe Schwarz.
    Fast erinnerte die Kreatur sie an einen Drachen. Aber einen schrecklich verzerrten und verdrehten Drachen, ohne Flügel.
    Sie wäre fortgerannt, aber ihre Knie ließen sich nicht bewegen. Ein animalischer Teil ihrer Seele sagte ihr, dass sie, wenn sie sehr, sehr still stand, der Aufmerksamkeit dieser Kreatur entgehen konnte. Sie war nicht wichtig, und sie war keine Bedrohung. Doch sie hob ihre erbärmlichen Dolche trotzdem, und sie behauptete sich. Dass ihre Knie sich nicht bewegten, hatte mehr damit zu tun, als sie zugeben wollte.
    Die Kreatur stieg über die Wilden hinweg und zerquetschte dabei die wenigen, die zu dumm waren, aus dem Weg zu gehen. Dass sie tatsächlich einen Körper hatten, machte das Ganze noch viel beeindruckender. Die Barranigeister – nur so konnte sie an sie denken und ihren Verstand nicht verlieren – verstummten und sahen zu. Sie trugen keine Waffen, keine Rüstung, sie hatten nur ihre Stimmen, und die waren verstummt.
    Severns Klinge war in Bewegung, in seiner Kette fing sich das Licht, das Andellen nicht hatte verlöschen lassen. Dass es nicht mehr in seiner hohlen Hand gehalten wurde, schien nichts auszumachen. Es leuchtete hell.
    Dann schlug Severns Klinge gegen die Klauen der Kreatur, und falls sie ins Schwanken geriet, dann verdammt schnell. Zu schnell. Er zog gerade so zurück, ehe die Kreatur die Glieder der Kette zerrissen hatte.
    Andellen hob sein Schwert und stieß einen Schrei aus, der die ganze Höhle erfüllte.
    Die Hölle war ein sehr dunkler Ort.
    Aber in der Hölle gab es auch Feuer. Ein Auflodern, das Haar versengte und Stoff aufrollte. Es schmolz den verdammten
Felsen
. Es brach um die Kreatur herum aus und leuchtete so hell, dass Kaylin der Rest der Höhle für einen Augenblick nicht erkennen konnte.
    Sehen und Hören waren aber noch lange nicht das Gleiche.
    Sie hörte das Feuer, hörte sein Brüllen und Toben, und
spürte
, wie etwas um die Flammen zuschnappte und sie in einen Kreis einschloss. Die Wut der Kreatur war stärker als die Kraft dieser Fessel, stärker als die Stimme des Feuers.
    Aber Feuer … hatte sie selbst schon einmal gerufen.
    Und auch hier, im Herzen der Hohen Hallen, hatte sie das Wort auf der Zunge und in ihrem Mund, sobald der Gedanke vollendet war. Sie griff nach dem Medaillon um ihren Hals, obwohl sie dafür einen von Severns Dolchen fallen lassen musste.
    Und sie sprach das Wort langsam, zwang jede Silbe dazu, deutlich zu klingen und klare Umrisse zu haben.
    Feuer, ihr Feuer, vermengte sich mit den Flammen: Es war nicht sehr hell, aber wo es
brannte
, schrie und wand sich die Kreatur. Sie kämpfte gegen ihr Feuer an, als der seltsame Kreis hell aufleuchtete und noch heller.
    Andellen wich zurück, und Severn tat es ihm gleich. Sie stellten sich an ihre Seite. Sie ließ die letzte Silbe von ihren Lippen fallen.
    “Du hast Macht”, sagte eine Stimme, die sie erkannte, leise. “Und die Weisheit eines Säuglings ohne Namen.”
    Und als sie sich umdrehte, sah sie Lord Evarrim, vom Arkanum, und einen anderen Mann, dessen Gesicht von der Kapuze seines langen Umhangs verdeckt wurde. Evarrim war selbst hier in Rot gekleidet, aber sie sah, dass dem Diadem um seine Stirn jetzt ein Rubin fehlte. Seine Augen waren blau, dunkelblau, aber es fehlte ihnen nicht viel. Er sah, was sie bemerkt hatte.
    Und wendete sich an den Mann an seiner

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