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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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hält nichts fest”, sagte er leise. Er streckte beide Hände weit von sich.
    Und das Knurren und Schnappen direkt neben ihnen wurde auf einmal sehr echt. Severn bewegte sich bereits, Andellen und Samaran waren direkt hinter ihm, auch wenn Barrani theoretisch schneller waren. Kaylin hatte ihre Dolche erhoben.
    Sie gab dem Wilden, der ihr am nächsten war, einen Tritt, und er stolperte rückwärts über den Rand des Abgrunds. Die Nebel verschluckten ihn. Severns Wilde – zwei davon – gingen kopflos zu Boden, und das Blut bespritzte ihre Kameraden. Andellen und Samaran waren nicht in Gefahr, aber sie folgten Kaylins Beispiel. Sie benutzten den Klippenrand und schickten die Wilden zurück in die Dunkelheit.
    Nun erhoben sich andere Gestalten aus der Finsternis.
    Andellen sagte ein einziges Wort. Kaylin hatte es noch nie gehört. Sie wollte nicht wissen, was es bedeutete, aber sie wusste es trotzdem. Er erkannte wenigstens eine dieser Gestalten.
    “Können wir dagegen kämpfen?”, brüllte sie ihm zu.
    Sein Gesichtsausdruck war Antwort genug.
    Sie wendete sich an den Barrani auf der Brücke. An den Lord der grünen Auen.
    “Du bist kein Barrani”, sagte sie ruhig.
    “Du bist auch keine Barrani, dennoch bist du hier. Warum? Warum bist du auf Geheiß von Kreaturen gekommen, die sich so wenig aus deiner Art machen? Sie haben euch in Unzahlen gejagt und vernichtet, und in ihrer Geschichte haben sie noch sehr viel Schlimmeres getan. Ich habe es alles gesehen. Würdest du auch gern Zeuge sein?”
    “Nicht wirklich”, sagte sie zu ihm, “ich glaube dir auch so.”
    “Dann glaube auch so, dass die Lords dieser Hallen hereingelegt wurden. Sie sind nicht die Herren hier – sie sind die Opfer. Sie wurden verschlungen, all jene, die es gewagt haben, hierherzukommen. Sie wurden aufgesaugt. Sie wurden geboren und haben ihre armseligen Jahrhunderte gelebt und sich selbst zu uns geführt wie Schafe zur Schlachtbank, und wir haben sie
alle
genommen.”
    “Nicht alle”, sagte sie zu dem Barrani.
    “Einige hängen an den Hallen fest”, sagte er mit einem kalten Schulterzucken. “Einige wählen ein Leben als
Diener
. Es ist eine Art der Sklaverei, findest du nicht?” Dann wendete er sich an Andellen. “Ich habe deinen Namen geschmeckt”, sagte er leise, spottend. “Ich habe deinen Durchgang gespürt. Und du, der du einmal entkommen bist, bist zurückgekehrt. Zu mir. Was war der Lohn für deinen Dienst? Was war der Lohn für deine Wachsamkeit? Dein
Name
. Deine Knechtschaft.”
    Er schien zu bemerken, dass er zu viel redete, und richtete sich auf. Kaylin war genervt.
    Doch seine Stimme war leiser und sanfter, als er wieder sprach, fast väterlich. Sie hasste das.
    “Wir waren nie dazu gedacht, eure Ketten zu sein. Wir wurden es dennoch. Doch es kann Befreiung aus der Knechtschaft, Freiheit für dein Volk geben, wenn ihr den Mut habt, danach zu greifen. Glaubst du noch nicht, dass ihr Sklaven seid?”
    Andellen antwortete nicht.
    “Dann lass es mich dir zeigen.”
    Die Schlucht grollte.
    “Lass mich dir zeigen, was du damals nicht gesehen hast.”
    Und aus den Nebeln stieg erneut etwas empor, und Kaylin brauchte einen Moment, um die Wesenheiten zu erkennen. Es waren Barrani, die dort aufstiegen. Und wenn sie die Wilden schon nicht hatte zählen können, waren es doch zehnmal so viele Barrani. Hundertmal. Es war eine ganze Stadt, eine Stadt, die viel bedeutender war als die über ihren Köpfen. Sie hatte noch nie so viele Barrani an einem Ort versammelt gesehen.
    Und diese … oh, diese …
    Andellen machte sich bereit. Sie konnte es sehen, auch wenn sich an seiner Haltung nichts zu verändern schien. Samaran andererseits war auf die Knie gefallen, die Augen rund und so dunkelblau, dass sie fast schwarz waren. Ohne nachzudenken, legte sie ihm eine Hand auf die Schulter und drückte fest zu.
    “Mein Vater”, sagte er. Und er hob eine Hand und zeigte auf etwas. “Mein Vater.” In Barrani. Gebrochenem Barrani.
    Und einer der vielen Tausend Barrani drehte sich auf das eine Wort hin um und kämpfte sich durch die Massen. Der Nebel teilte und schloss sich wieder, wo er auf anderen Nebel traf. Der Barrani ging voran, bis er in den Reihen der Wilden stand, die auf einmal so winzig wirkten.
    “Samaran”, sagte er.
    Kaylin zuckte zusammen. Und hielt weiter an ihm fest. Aber sie bezichtigte die Dunkelheit nicht der Lüge. Nicht hier. Nicht im Angesicht dessen, was sie auf einmal so deutlich sehen konnte.
    Samaran blieb

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