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Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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selber verboten ist, sie dir zu übermitteln.”
    “Kann ich?”
    Das Knurren des Leontiners wurde lauter. “Übertreib es nicht”, sagte er. “Ich habe gelogen. Er hat nicht nur eine Frage gestellt, sondern eine ganze Reihe. Sie haben alle zu der geführt, die du mir gestellt hast, und der Duft der Drachen ist durchdringend. Wenn ich wetten müsste – und das ist eine Phrase, die du hoffentlich nie in meinem Namen zitierst – dann würde ich sagen, ja, er glaubt, dass Catti nur wegen der Heilung geholt wurde.”
    “Woher sollten die davon wissen?”
    “Ich weiß es nicht. Und für den Augenblick ist deine Informationsquelle versiegt.”
    Sie nickte und begann zur Tür zu gehen, aber er hielt sie auf, indem er ihr die Klaue auf die linke Schulter legte. “Hättest du die Armschiene nicht getragen, wäre jetzt vielleicht die halbe Findelhalle zerstört. Nimm sie nicht ab.”
    “Werde ich nicht.”
    “Wohin gehst du, Kaylin?”
    “Zivile Sachen machen”, antwortete sie und zwang sich dazu, den süßen Sarkasmus nicht anklingen zu lassen.
    “Vergiss nicht, dass du Severn nicht treffen darfst, falls du daran überhaupt erinnert werden musst.”
    Sie fluchte fast. Fast. “Severn hat die Antworten, die ich will, sowieso nicht”, sagte sie stattdessen.
    “Du kannst das Mädchen alleine nicht finden. Versuch es gar nicht erst.”
    “Marcus, bitte mich darum nicht.”
    “Ich habe dich nicht gebeten. Ich will dich bei den Falken behalten, Kaylin – aber wenn du hierbleibst, dann
nur
als Falke.” Er hielt inne. “Lord Grammayre muss zufrieden mit dem sein, was du ihm geboten hast. Er ist mein Vorgesetzter, und das akzeptiere ich.”
    Was eine Veränderung wäre. Eine riesige Veränderung. Es wurde immer schwerer, nichts zu sagen.
    “Und weil er zufrieden ist, stellt er sich den Lords der Gesetze, und falls es keinen kaiserlichen Erlass gibt, der etwas anderes besagt, dann sorgt er dafür, dass du deinen Platz in meinem Rudel behältst. Falls du das tust”, fügte er hinzu, und dieses Mal bemühte er sich, das tiefe Knurren aus seinen vorsichtig geformten Worten zu lassen, “musst du deine Vergangenheit mit Severn bewältigen.”
    “Das hätte ich heute Nachmittag gekonnt.”
    Sein Knurren kam mit voller Kraft zurück. “Vor Marrins Jungen?”
    “Nein”, sagte sie und senkte den Kopf. “Das werde ich nie wieder tun.”
    Sie blieb so lange sie konnte in dieser Haltung. Es kostete sie Mühe, weil sie bereits ein Ziel vor Augen hatte, und sie hatte die meisten Tagesstunden in der Gesellschaft des Falkenlords verbracht. Sie konnte es sich nicht leisten, noch mehr Zeit zu verlieren.
    Doch sie zog noch ihren Mantel aus, ehe sie das Büro verließ, und gab ihn Marcus. Er knüllte ihn zu einem Ball zusammen und warf ihn über die Schulter. Da sie zu Hause genau das Gleiche machte, gab es nicht viel, worüber sie sich beschweren konnte.
    Sie ging nach Hause, wo im Spiegel schon eine Nachricht auf sie wartete. Die Farbe des blinkenden Leuchtens war neutral. Sie konnte nicht sagen, wer sie geschickt hatte, und sah fast nicht nach. Aber dann tat sie es doch.
    “Kaylin Neya”, sagte eine vertraute Stimme. Sie betrachtete die Spiegeloberfläche, aber es gab kein Bild zur Nachricht. Wahrscheinlich traut Tiamaris Marcus nicht zu, so scharfsinnig zu sein, wie er ist, dachte sie spöttisch.
    “Marcus wird dir davon nichts sagen, weil er nicht ganz begreift, in welcher Gefahr du dich befindest. Aber du
bist
in Gefahr, wenn du getan hast, was ich glaube, dass du getan hast. Ich kann hier nicht bleiben. Der Spiegel, den ich benutze, kann von den Lords der Gesetze weder benutzt noch aufgezeichnet werden.
    Das Kind, Catti, ist für unseren Feind wie ein Geschenk. Wenn wir sie nicht finden, bist du in größerer Gefahr, als bei allen Opfern vorher. Nimm die Armschiene auf keinen Fall ab. Egal, was du sonst in deiner Abwesenheit tust, das nicht.”
    “Okay”, sagte sie zu ihm, auch wenn sie wusste, dass er sie nicht hören konnte, weil der Spiegel nicht für ein Gespräch geöffnet war. Sie setzte sich auf ihr Bett, zog die Stiefel aus und rümpfte die Nase. Und dann griff sie nach dem Kleid, das sie aus der Burg Nightshade mitgebracht hatte, und zog den Rest ihrer Falkenuniform mit einem Schaudern aus, das nichts mit Schweißgeruch zu tun hatte. Sie zog sich das Kleid über den Kopf. Die Zartheit der kalten Seide war ein ganz eigener Schock.
    Dolche waren nicht das beste Accessoire zu dem Kleid, aber sie legte ihre

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