Keeva McCullen 2 - In den Klauen der Sukkubus (German Edition)
Lucas hatte Latein in der Schule gelernt und kein vertrautes Wort entdecken können.
Trotzdem – oder gerade deswegen - war ihm beim Vorlesen ein Schauer über den Rücken gelaufen. Diese Sprache war ihm zwar unbekannt - klang aber dennoch auf eine geradezu unheimliche Art vertraut. Die Worte erzeugten Bilder tief in seinem Innersten, die eine alte, längst vergessen geglaubte Furcht in ihm weckten und den Wunsch erzeugten, so schnell wie möglich wegzulaufen und sich zu verstecken.
„Ich habe mich bemüht, alles buchstabengetreu vorzutragen“, erwiderte er. „Aber ob es nun auch genauso ausgesprochen wird, kann ich natürlich nicht beschwören.“
„Beschwören“, kicherte Thomas. „Genau das wollten wir doch.“
Er schwankte so stark, dass Oliver unwillkürlich ein paar Schritte in seine Richtung ging und seinen Arm ergriff. Lange würde ihr Freund nicht mehr aufrecht stehen können.
„Wo sind jetzt die Weiber?“, grölte Thomas und hob seine Flasche. Dabei kippte er nach hinten und wäre wohl tatsächlich umgestürzt, wenn Oliver ihn nicht festgehalten hätte.
Oliver sah Lucas über Thomas‘ Schulter hinweg vielsagend an. Lucas erwiderte den Blick und wollte gerade vorschlagen, dass sie am besten alles aufräumen und ihren volltrunkenen Freund nachhause bringen sollten - solange er noch halbwegs auf den eigenen Beinen laufen konnte - als die Tür aufflog.
Alle drei, sogar Thomas, blickten überrascht auf die Gestalt, die nun in das Kerzenlicht trat. Trotz der schlechten Beleuchtung wusste Lucas sofort, dass vor ihm das schönste Wesen stand, das er jemals gesehen hatte.
Oliver hatte recht gehabt. Gegen diese Frau, die jetzt langsam in den Raum stolzierte, waren alle Isabellas und Sophies dieser Welt nur unscheinbare kleine Mädchen. Sie hatte einen wohlgeformten und trotzdem üppigen Körper, der Lucas Phantasie Purzelbäume schlagen ließ. Ihr dichtes, schwarzes Haar wallte lockig über ihre nackten Schultern. Sie trug lediglich eine äußerst knappe Bekleidung aus schwarzem Leder, die Hände hatte sie aufreizend in die wunderschön geschwungenen Hüften gestützt - und ihre feurigen Augen blickten nur auf ihn, Lucas.
Wilde Begierde und heftige Eifersucht ergriffen sofort von ihm Besitz. Das dort war seine Frau, seine ganz allein. Und er würde sie mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln beschützen und alles tun, was sie von ihm verlangte.
„Ah, da ist ja mein Gebieter“, sagte sie mit dunkler, unglaublich sinnlicher Stimme. Noch immer hatte sie nur Augen für Lucas – und er nur für sie. Sein kompletter Verstand war wie ausgelöscht und ihn beherrschte nur noch ein Gedanke: Ich will diese Frau!
Sie senkte den Kopf ein wenig und sah ihn von unten verführerisch an. Dann hob sie den Zeigefinger und führte lockende Bewegungen aus, dabei spiegelte sich das flackernde Licht der Kerzen bezaubernd im dunkelroten Nagellack ihrer langen Fingernägel.
Lucas kam der Aufforderung nach, ging wie in Trance auf sie zu – und nichts auf der Welt hätte ihn davon abhalten können.
Als er schließlich vor ihr stand und ihren betörenden Duft einsog, fühlte er unbändigen Hass auf alle anderen Männer dieses Universums in sich aufsteigen. Ihm war vollkommen klar, dass jedes männliche Wesen diese Frau begehren würde – doch er wollte sie nicht teilen, niemals. Er würde es nicht ertragen, wenn auch nur der Blick eines anderen auf ihr ruhen würde!
Und so verspürte er eine unglaubliche Befriedigung, als die Frau mit einer einzigen, eleganten Kreisbewegung des Armes mit ihren langen, messerscharfen Fingernägeln die Kehlen des entgeistert guckenden Olivers und des schon wieder halb weggetretenen Thomas‘ durchschnitt. Dieses wundervolle Wesen verlor dabei nicht für einen einzigen Moment den Blickkontakt zu ihm.
Während sie seine Freunde aus einem früheren Leben tötete, während deren Blut in hohem Bogen wie ein dickflüssiger Regen ihre Haut benetzte, während dieser ganzen Zeitspanne versenkten sich ihre Augen tief und voller Verheißung in die seinen.
Und er war glücklich.
*
„Hi Shane“, sagte eine Mädchenstimme.
Shane Truax, der vor sich hin geträumt hatte, schreckte hoch. Vor ihm, auf der anderen Seite seines Flohmarktstandes, stand Sophie, ein Mädchen aus der Nachbarschaft.
„Ah, hallo Sophie“, grüßte er zurück. Sie lächelte ihn an, wirkte aber trotz ihres Lächelns unglücklich. Irgendetwas schien sie zu bedrücken.
„Was ist los?“, sprach er sie darauf
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