Kehrseite der Geschichte unserer Zeit (German Edition)
Opfers; »hier ist es.«
Und zum großen Erstaunen des Barons Bourlac reichte er ihm das Papier hin, das der alte Generalstaatsanwalt an sich nahm, während er sagte:
»Ich verstehe nicht...«
»Waren Sie es denn nicht, der mir Zahlung geleistet hat?«
»Sie sind bezahlt worden?«
»Ihr Enkelsohn hat das Geld heute früh zu dem Gerichtsvollzieher gebracht.
»Ist es wahr, daß Sie gestern bei mir beschlagnahmt haben?...«
»Sind Sie denn die letzten zwei Tage nicht nach Hause gekommen?« fragte Barbet; »Ein Generalstaatsanwalt weiß doch recht gut, was die Androhung der Verhaftung bedeutet...«
Nach diesen Worten verabschiedete sich der Baron kühl von Barbet und kehrte nach Hause zurück im Glauben, daß der Gerichtsvollzieher zweifellos wegen der in der zweiten Etage versteckten Schriftsteller sich dort aufhielte. Er ging langsamen Schritts, mit unbestimmten Vermutungen beschäftigt; je weiter er kam, desto dunkler und unerklärlicher erschienen ihm Nepomuks Worte. Sollte Gottfried ihn wirklich verraten haben? Mechanisch bog er in die Rue Notre-Dame des Champs ein, ging durch die kleine Tür, die zufällig offen stand, und stieß hier auf Nepomuk.
»Ach, Herr, kommen Sie doch schnell! Man bringt Herrn August ins Gefängnis! Er ist auf dem Boulevard verhaftet worden; er war's, den sie gesucht haben; sie haben ihn ausgefragt...«
Mit einem Sprung wie ein Tiger flog der Alte über die Allee durch das Haus und den Garten wie ein Pfeil auf den Boulevard und kam gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie sein Enkelsohn zwischen drei Männern in einen Wagen stieg.
»Was soll das bedeuten, August?« sagte er.
Der junge Mann brach in Tränen aus und wurde ohnmächtig.
»Mein Herr, ich bin der Baron Bourlac, der frühere Generalstaatsanwalt,« sagte er zu dem Polizeikommissar, den er an der Schärpe erkannte, »ums Himmels willen erklären Sie mir...«
»Wenn Sie der Baron Bourlac sind, mein Herr, so werden Sie alles begreifen, wenn ich Ihnen in zwei Worten sage: ich habe den jungen Mann eben vernommen, und er hat gestanden...«
»Was denn?«
»Daß er einen Diebstahl von viertausend Franken bei dem Doktor Halpersohn begangen hat.«
»Aber wie ist das möglich, August?«
»Großvater, ich habe ihm dafür als Unterpfand deine Diamantendose geschickt; ich wollte dich vor der Schande, ins Gefängnis zu kommen, retten.«
»Unglücklicher, was hast du getan!?« rief der Baron aus. »Die Diamanten sind ja falsch, die echten habe ich schon vor drei Jahren verkauft.«
Der Polizeikommissar und sein Gehilfe sahen sich mit eigentümlichen Blicken an. Diese vielsagenden Blicke, die der Baron Bourlac auffing, schmetterten ihn zu Boden.
»Herr Kommissar,« begann der alte Generalstaatsanwalt wieder, »seien Sie beruhigt, ich gehe selbst zu dem Herrn Staatsanwalt; Sie werden mir aber bezeugen können, daß ich meinen Enkel und meine Tochter in Unkenntnis gelassen habe. Sie müssen Ihre Pflicht tun; aber im Namen der Menschlichkeit bitte ich Sie, meinem Enkelsohn ein besonderes Zimmer zu geben... Ich werde selbst in das Gefängnis kommen... Wohin bringen Sie ihn denn?«
»Sind Sie auch wirklich der Baron Bourlac?« fragte der Polizeikommissar.
»Oh, mein Herr!«
»Ich frage deshalb, weil der Staatsanwalt, der Untersuchungsrichter und ich nicht glauben wollten, daß Leute wie Sie und Ihr Enkelsohn schuldig sein könnten, und weil wir, ebenso wie der Doktor, annahmen, daß Schurken sich für Sie ausgegeben hätten.«
Er nahm den Baron beiseite und sagte zu ihm:
»Waren Sie heute morgen bei dem Doktor Halpersohn?«
»Jawohl.
»Und ist Ihr Enkelsohn eine halbe Stunde nach Ihnen dort erschienen?«
»Davon weiß ich nichts, mein Herr, denn ich komme eben nach Hause und habe meinen Enkel seit gestern nicht gesehen.«
»Die Zahlungsbefehle, die er uns gezeigt hat, und die Akten haben alles erklärt,« fuhr der Polizeikommissar fort, »ich kenne den Grund für das Verbrechen. Eigentlich müßte ich Sie, mein Herr, als Mitschuldigen Ihres Enkels ebenfalls verhaften, denn Ihre Antworten bestätigen die in der Klage angeführten Tatsachen; aber die Zahlungsbefehle, die Ihnen zugestellt wurden, und die ich Ihnen hier zurückgebe,« sagte er und reichte ihm die Stempelpapiere hin, »beweisen, daß Sie wirklich der Baron von Bourlac sind. Jedenfalls aber müssen Sie sich bereithalten, vor Herrn Marest, dem Untersuchungsrichter, der mit der Angelegenheit betraut ist, zu erscheinen. Ich denke, daß ich mir mit Rücksicht auf Ihr
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