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Kein Alibi: Roman (German Edition)

Kein Alibi: Roman (German Edition)

Titel: Kein Alibi: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Vergewaltigt. Verlassen.
    Noch einmal durchlebte sie die Ereignisse der letzten Nacht. Anfänglich schien es, als wäre eine ihrer langjährigen Phantasien wahr geworden: Ein gut aussehender Fremder hatte sie allen jüngeren hübscheren schlankeren Mädchen im Nachtclub vorgezogen. Er hatte den ersten Schritt gemacht. Er hatte sie zum Tanzen aufgefordert und ihr einen Drink spendiert. Die spontane Anziehung war gegenseitig gewesen, so wie sie es sich immer vorgestellt hatte, wenn »es« ihr passieren würde.
    Außerdem war er weder geistlos noch plump gewesen. Er hatte eine Lebensgeschichte . Eine Geschichte von Liebe und Verlust, die ihr zu Herzen gegangen war. Er hatte seine Frau wahnsinnig geliebt. Als sie krank wurde, hatte er sich bis zu ihrem Hinscheiden aufopfernd um sie gekümmert. Trotz der Belastung für ihn und sein Geschäft hatte er gekocht, geputzt und gewaschen. Er hatte für seine Frau alles getan, auch die unangenehmsten Dinge. Bei den seltenen Anlässen, an denen sie ausgehen konnte, hatte er sie geschminkt.
    Was für ein Opfergeist! Das war der Inbegriff von Liebe. Dieser Mann war es wert, ihn kennen zu lernen. Dieser Mann war all der Liebe wert, die Ellen jahrelang aufgespart hatte und die sie sehnlichst zu teilen wünschte.
    Außerdem war er ein phantastischer Liebhaber gewesen.
    Ihre diesbezüglichen Erfahrungen beschränkten sich zwar auf einen älteren Cousin, der sie einmal zum Zungenkuss gezwungen hatte, einen Jugendfreund, der zweimal in seinem Auto mit ihr geschlafen und dabei von Liebe geredet hatte, ehe er sie sitzen ließ, und auf einen verheirateten Kollegen, mit dem sie aufregend geflirtet hatte, ohne dass es je zu etwas Ernstem gekommen wäre, bis er an eine andere Schule versetzt wurde. Trotzdem hatte sie erkannt, dass Eddie – so hieß er – im Bett eine Ausnahme war. Er hatte Dinge mit ihr getrieben, die sie bisher nur aus den Romanen kannte, die sie in ihrem Keller in beschrifteten Kartons sammelte. Er hatte sie mit seiner Leidenschaft restlos erschöpft.
    Aber nun trübten finstere Ängste den rosenroten Schimmer der Romantik, wie sie einmalige Abenteuer mit völlig fremden Männern nun einmal mit sich bringen. Schwangerschaft. (He, so etwas konnte Frauen über vierzig durchaus passieren.) Geschlechtskrankheiten. Aids.
    Jede dieser Folgen würde ihren Traum von einer Ehe für immer zerstören. Ihre Aussichten auf ein Eheleben hatten sich von Jahr zu Jahr verringert, aber erst der Fehltritt von letzter Nacht hatte sie für immer ins Traumreich verbannt. Welcher Mann würde sie jetzt noch wollen? Kein anständiger. Jetzt nicht mehr, wo sie eine Vergangenheit hatte.
    Ihre Situation konnte nicht schlimmer sein. Wurde sie aber.
    Man hatte sie obendrein ausgeraubt.
    Sie entdeckte es, als sie schließlich doch das Bett verließ und ins Bad ging, um den Schaden zu begutachten. Ihr fiel auf, dass ihre Handtasche nicht mehr auf dem Stuhl lag, auf den sie sie letzte Nacht fallen gelassen hatte. Sie erinnerte sich ganz genau. So etwas konnte sie kaum vergessen, denn zum ersten Mal war ein Mann von hinten an sie herangetreten und hatte seinen… na, Sie wissen schon… an ihr gerieben. Dann hatte er nach vorne gegriffen, ihr die Hand in den Ausschnitt gesteckt und ihren Busen gestreichelt. Mit buchstäblich weichen Knien hatte sie ihre Tasche auf den Stuhl fallen lassen. Dessen war sie sich sicher.
    Trotzdem durchsuchte sie aufgeregt das Zimmer, wobei sie sich selbst Vorwürfe machte, die Fernsehwerbung missachtet zu haben,
in der eingehend dafür plädiert wurde, nie ohne Reiseschecks das Haus zu verlassen.
    Vielleicht waren es diese mörderischen Selbstvorwürfe, vielleicht aber auch die Erinnerung daran, wie leicht sie der schleimige Eddie von seinen Lügen hatte überzeugen können. Jedenfalls unterbrach Ellen Rogers plötzlich die vergebliche Suche nach ihrer Handtasche und stand wie angewurzelt mitten im Hotelzimmer. Splitterfasernackt stemmte sie die Hände in die Hüften, ließ ihre anständige Hülle fallen und fluchte wie ein Marktweib.
    Jeder Hauch von Selbstmitleid war dahin. Sie war stocksauer.

23
    Als Hammond das Justizgebäude erreichte, war es fast Mittag. Im Vorbeigehen bat er die Empfangsdame, ihm eine Tasse Kaffee zu bringen. Er war nicht erfreut, als er Steffi in seinem Büro auf der Lauer liegen sah.
    Noch mehr verstimmte ihn, als sie ihn von oben bis unten musterte und dann meinte: »Harte Nacht gehabt?«
    Er war erst kurz vor Sonnenaufgang heimgekommen. Kaum war

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