Kein Alibi: Roman (German Edition)
er eingeschlafen, hatte er wie ein Toter mehrere Stunden dagelegen. Als er endlich aufwachte, fluchte er beim Anblick der Uhr auf seinem Nachttisch. Er konnte auf Steffis Hinweis, wie spät es war, gut verzichten.
»Was ist mit deinem Daumen passiert?«
Er hatte zwei Pflaster gebraucht, um den Riss zu verbinden. »Ich habe mich beim Rasieren geschnitten.«
»Haare auf den Daumen?«
»Steffi, was ist los?«
»Smilow hat weitere Beweise, die schon ins SLED unterwegs sind. Er hofft auf einen Haarvergleich.«
Er versteckte seine mentale Kurzschlussreaktion hinter einer gelassenen Fassade. Legte seine Aktentasche auf den Schreibtisch,
zog sein Jackett aus, hängte es auf und blätterte einen Stapel mit Post und Telefonnachrichten durch. Während er eine las, fragte er geistesabwesend: »In welchem Fall?«
Steffi, die extrem beunruhigt war, verschränkte die Arme vor der Brust. »Im Mordfall Lute Pettijohn, Hammond.«
Er nahm hinter seinem Schreibtisch Platz und dankte der Empfangsdame, als sie den Kaffee brachte. »Möchtest du auch einen, Steffi?«
»Nein, danke.« Ziemlich unsanft schloss Steffi hinter ihr die Tür. »Jetzt sitzt du ja endlich bequem und hast deinen Kaffee. Könnten wir nun, bitte, diese letzte Entwicklung besprechen?«
»Smilow hat in Pettijohns Hotelsuite ein Haar gefunden?«
»Korrekt.«
»Und das lässt er mit einem vergleichen…«
»Das er heute Morgen während der Hausdurchsuchung der Haarbürste von Alex Ladd entnommen hat.«
Bei diesem Satz zuckte er zusammen. »Hausdurchsuchung?«
»Er hat heute in aller Früh einen Durchsuchungsbefehl bekommen. Die Prozedur ist bereits abgeschlossen.«
»Ich wusste nicht einmal, dass er einen Durchsuchungsbefehl beantragt hat. Du etwa?«
»Nicht bis vor kurzem.«
»Warum hast du mich nicht angerufen?«
»Ehe wir nicht etwas Handfestes hatten, sah ich keine Veranlassung dazu.«
»Steffi, das ist mein Fall.«
»Nun, so verhältst du dich aber ganz und gar nicht, verdammt noch mal«, sagte sie und wurde immer lauter.
»Wie verhalte ich mich denn?«
»Das kannst du dir selbst ausmalen. Als Erstes könntest du dich vielleicht fragen, weshalb du dich so spät hierher schleppst. Du musst nicht mich anfauchen, nur weil du nicht da warst, als die Dinge ins Laufen kamen.«
Wütend starrten sie einander über seinen Schreibtisch hinweg an. Er war wütend, weil er nicht dabei gewesen war, als sie gemeinsam mit Smilow diese Schlinge geknüpft hatte. Die beiden
agierten in diesem Fall praktisch wie siamesische Zwillinge. Trotzdem waren ihre Argumente treffend, auch wenn es ihm noch so widerstrebte, das zuzugeben. Er war wütend auf sich selbst und auf die Situation, und das ließ er an ihr aus.
»Noch etwas?«, erkundigte er sich weitaus höflicher.
»Er hat auch die Nelken.«
»Nelken? Zum Kuckuck, wovon redest du eigentlich?«
»Erinnerst du dich noch an den Partikel, den man auf Pettijohns Ärmel gefunden hat?«
»Vage.«
Sie erklärte, dass dieses Teilchen als Nelke identifiziert worden war und dass in Alex Ladds Diele eine Schale mit nelkengespickten Orangen stand. »Sie parfümieren Räume wie ein natürliches Potpourri. Obendrein wurde in ihrem Haussafe ein Packen Geld gefunden. Tausende Dollar.«
»Und was soll das beweisen?«
»Hammond, ich weiß nicht, was es bis jetzt beweist, aber du musst zugeben, dass es ungewöhnlich ist, wenn jemand so viel Bargeld daheim in einem Safe hat.«
Mit zugeschnürter Kehle fragte er: »Und wie steht’s mit der Waffe?«
»Leider ist die nicht aufgetaucht.«
Sein Telefon klingelte. Die Empfangsdame teilte ihm mit, dass Detective Smilow in der Leitung war.
»Wahrscheinlich ist der Anruf für mich«, meinte Steffi und griff nach dem Hörer. »Ich habe ihm gesagt, ich wäre in deinem Büro.«
Sie hörte einen Augenblick zu und meinte dann fröhlich nach einem Blick auf ihre Armbanduhr: »Sind schon unterwegs.«
»Unterwegs wohin?«, wollte Hammond wissen, als sie auflegte. »Schätzungsweise hat Dr. Ladd begriffen, dass sie bis zum Hals in der Du-weißt-schon-Was steckt. Sie kommt zu einem weiteren Verhör.«
Obwohl sich auf seinem Schreibtisch unerledigte Akten, Notizen, Memos und unbeantwortete Telefonate türmten, dachte er nicht im Traum daran, Steffi an seiner Stelle hinzuschicken. Er
musste unbedingt dort sein und hören, was Alex zu sagen hatte, auch wenn es etwas wäre, das er nicht hören wollte.
Sein leibhaftiger Albtraum ging weiter. Der Schrecken eskalierte. Smilow war nicht
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