Kein Alibi: Roman (German Edition)
an – voll spürbarer Vorurteile und offenem Hass. In einer Ansammlung von Habenichtsen war er definitiv einer der Besitzenden, was die Ablehnung hochschnellen ließ. Zu jeder anderen Zeit hätte er sich auf dem Rückweg zu seinem Wagen ständig nach hinten umgesehen und fast erwartet, dass man ihn aufgebrochen hatte. Heute Nacht war er so in Gedanken versunken, dass er die feindseligen Blicke, die man ihm zuwarf, gleichgültig und sorglos negierte.
Lorettas Bericht über Alex hatte ihn in einen moralischen Sumpf gestürzt. Die belastende Information wirkte lähmend und hatte seinen Emotionen einen schweren Schlag versetzt.
Das Ergebnis war so niederschmetternd, dass er nicht in der Lage war, Einzelaspekte herauszugreifen.
Wenn Smilow von ihrer Vergangenheit Wind bekam – und es war nur eine Frage der Zeit, bis einer seiner Detectives darauf
stieß –, würde er feuchte Träume bekommen und Steffi eine Flasche Champagner köpfen. Aber für ihn und Alex wäre diese Entdeckung eine Katastrophe, beruflich wie persönlich.
Die Enthüllung hing wie ein Bleigewicht an einem immer dünner werdenden Faden direkt über seinem Kopf. Wann würde es fallen? Heute Nacht? Morgen? Übermorgen? Wie lange könnte er den Druck ertragen? Wie lange konnte er mit seinem eigenen Gewissen ringen? Auch wenn sie auf Grund des Todeszeitpunkts als eigentliche Mörderin nicht in Frage kam, musste sie bis zu einem gewissen Umfang darin verstrickt gewesen sein.
Diese Gedanken waren so trübe und dominierend, dass sie ihn fast bis zur Unbeweglichkeit lähmten. Er hatte jedes Gefühl für Ort und Zeit verloren. Er dachte an Lizenzentzug und nicht an tätlichen Übergriff. Als er die enge Gasse erreichte, in der er sein Auto geparkt hatte, öffnete er die Fahrertür mit der Fernbedienung, ohne auch nur einen Blick daran zu verschwenden, ob er das sicher tun konnte.
Eine plötzliche Bewegung hinter ihm ließ ihn zusammenfahren, er reagierte schnell. In Windeseile wirbelte er mit erhobenem Arm zur Deckung oder zum Angriff herum.
Beinahe hätte er zugeschlagen, ehe er im letzten Moment innehielt. Alex.
»Verdammt noch mal!« Automatisch suchte er die unmittelbare Umgebung ab, wobei er sich erst jetzt des dunklen, bedrohlichen Viertels bewusst wurde. »Verdammt noch mal, was machst du in dieser Gegend?«
»Ich bin ihr hierher gefolgt.«
»Wem?«
Grüne Augen funkelten wütend. »Wem glaubst denn du, Hammond? Der Frau, die du engagiert hast, um mich zu beschatten.«
»Scheiße!«
»Ganz meine Meinung«, sagte sie hitzig. »Ich fand es merkwürdig, dass dieselbe Touristin gleich zweimal am Tag durch meine Straße läuft und mein Haus fotografiert. Zuerst heute Morgen, dann wieder kurz nach dem Abzug von Smilows Meute. Ich war gerade auf dem Heimweg von diesem demütigenden Verhör. Da
stand sie wieder und versuchte so zu tun, als würde sie sich für Wassermelonen interessieren. Schließlich dämmerte mir, dass ich überwacht werde.«
»Keine Überwachung.«
»Wohl wahr, denn das würde Professionalität erfordern, während es sich hier um geschmackloses, feiges und hundsordinäres Nachspionieren handelt.«
»Alex –«
»Also bin ich ihr ausgewichen und zurückgelaufen. Ich habe den Spieß umgedreht und bin ihr von da an gefolgt. Ich dachte, Detective Smilow müsste dahinter stecken. Stell dir mal meine Überraschung vor, als du zu einem Treffen mit ihr hier aufgetaucht bist.«
»Wirf mich nicht mit Smilow in einen Topf.«
»O, du stehst weit unter Mr. Smilow«, sagte sie, wobei ihre Stimme vor unterdrückter Wut brach. »Du bist heimtückischer und noch hinterhältiger. Du schläfst vorher noch mit mir.«
»So ist es aber nicht.«
»Wirklich? Und wie ist es dann? Welcher Teil stimmt denn nicht? Ist sie Polizistin?«
»Privatdetektivin.«
»Noch schlimmer. Du hast sie bezahlt, damit sie hinter mir herschnüffelt.«
»Okay, du hast mich erwischt«, sagte er, inzwischen zornig. Allmählich war er genauso wütend wie sie. »Du bist eine ganz schlaue Dame, Dr. Ladd.«
»Habt ihr zwei nett über mich geplaudert?«
»Es war zwar ganz und gar nicht nett, aber was sie über dich ausgegraben hat, war verdammt interessant. Besonders die Akten aus Tennessee.«
Sie schloss die Augen und taumelte etwas, erholte sich aber rasch, machte die Augen wieder auf und riet ihm, sich zu verpissen.
Dann machte sie auf dem Absatz kehrt, aber Hammond erwischte sie am Arm und drehte sie wieder herum. »Alex, ich bin nicht schuld an dem, was sie
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