Kein Alibi: Roman (German Edition)
plärren konnte. Tänzer fächelten sich mit Flugblättern Luft zu und warteten lachend und plaudernd, bis die Band wieder zu spielen begann.
Am Tanzbodenrand trieben sich Singles herum, prüften ihre Aussichten, musterten die Konkurrenz und versuchten, möglichst unauffällig und gelassen mit jemandem zusammenzukommen.
Loretta fiel auf, dass sich jede Menge Militär darunter befand. Frisch rasierte, junge Soldaten mit kurz geschorenen Köpfen schwitzten ihr billiges Rasierwasser aus, verschlangen die Mädchen mit den Augen und kippten ihre Bierchen.
Ein Bier würde ihr sicher gut tun. Ein einziges Bier? Was konnte das schon anrichten? Nicht, um sich voll laufen zu lassen, nur um einen brennenden Durst zu löschen, was eine Zuckerlimonade nie schaffte. Solange sie hier war, konnte sie auch noch Dr. Ladds Foto herumreichen. Vielleicht erinnerte sich einer der Soldaten noch vom letzten Wochenende an sie. Diese Jungs hatten immer ein Auge für attraktive Frauen. Vielleicht hatte sich einer in Alex Ladd verknallt.
Während sie sich einredete, dass sie nur ganz vernünftige Gründe suchte, um sich der Bier trinkenden Meute zu nähern, humpelte Loretta die Pavillonstufen hinauf und zuckte bei jedem Schritt vor Schmerz zusammen.
32
Als Frank Perkins seine Haustür öffnete, verschwand sein Begrüßungslächeln so schlagartig, als hätte sich die Pointe eines viel versprechenden Witzes als Rohrkrepierer erwiesen. »Hammond.«
»Darf ich reinkommen?«
Vorsichtig wählte Frank seine Worte und meinte: »Dabei wäre mir gar nicht wohl zu Mute.«
»Wir müssen uns unterhalten.«
»Ich habe ganz normale Bürozeiten.«
»Frank, das duldet keinen Aufschub, nicht einmal bis morgen. Das musst du sofort sehen.« Hammond zog einen Umschlag aus seiner Brusttasche und reichte ihn dem Anwalt. Frank nahm ihn und schaute vorsichtig hinein. Im Umschlag lag eine Eindollarnote. »Ach, Hm…«
»Frank, hiermit beauftrage ich dich als meinen Anwalt. Das ist eine Anzahlung auf deine Gebühren.«
»Zum Teufel, was hast du vor?«
»In der Nacht, als Lute Pettijohn getötet wurde, war ich mit Alex zusammen. Wir haben die Nacht gemeinsam im Bett verbracht. Kann ich jetzt reinkommen?« Wie erwartet verschlug es Frank Perkins bei dieser Erklärung die Sprache. Hammond nutzte seine Sprachlosigkeit und drängelte sich an ihm vorbei. Frank schloss die Tür zu seinem gemütlichen Vorstadthaus. Kaum hatte er sich wieder gefangen, ging er mit Vollgas auf Hammond los. »Ist dir klar, gegen wie viele ethische Regeln du soeben verstoßen hast? Und wie viele ich auf dem besten Wege bin, durch dein arglistiges Täuschungsmanöver zu verletzen?«
»Du hast völlig Recht.« Hammond nahm die Dollarnote wieder an sich. »Du kannst gar nicht mein Anwalt sein. Wegen des Interessenkonfliktes. Aber während der kurzen Zeit, in der du den Vorschuss in Händen hattest, habe ich dir etwas gestanden, das der Schweigepflicht unterliegt.«
»Du Mistkerl«, sagte Frank wütend. »Ich habe keine Ahnung, was du im Schilde führst. Und ich will es auch gar nicht wissen. Ich will nur eines: dass du mein Haus verlässt. Auf der Stelle!«
»Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Ich sagte, ich hätte –«
Er brach ab. Hinter Frank füllte sich der offene Flur mit neugierigen Gesichtern, die wissen wollten, was dieser Lärm bedeutete. Alex’ Gesicht war das Einzige, das Hammond registrierte.
Frank schaute ebenfalls in die Richtung und nuschelte: »Maggie, du erinnerst dich doch an Hammond Cross.«
»Natürlich«, sagte Franks Frau. »Hallo, Hammond.«
»Maggie. Es tut mir Leid, dass ich so bei Ihnen hereinplatze. Hoffentlich habe ich nicht gestört.«
»Eigentlich wollten wir gerade zu Abend essen«, sagte Frank. Einer seiner neunjährigen Zwillinge hatte einen verschmierten Mund. Es sah nach Spagettisoße aus. Maggie war eine liebenswürdige Südstaatenlady mit einem Stammbaum aus tapferen Ehefrauen und Witwen von Konföderierten. Die merkwürdige Situation, die sich in ihrer Diele abspielte, brachte sie nicht aus der Ruhe. »Wir haben uns eben erst hingesetzt, Hammond. Bitte essen Sie doch mit.«
Rasch warf er zuerst Frank einen Blick zu, dann Alex. »Danke, nein, trotzdem weiß ich Ihr Angebot zu schätzen. Ich werde Franks Zeit nur ein paar Minuten in Anspruch nehmen.«
»Nett, Sie wiederzusehen. Jungs.«
Damit packte Maggie Perkins ihre beiden Zwillinge an der Schulter, drehte sie um und scheuchte sie dorthin zurück, wo sie vermutlich hergekommen
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