Kein Alibi: Roman (German Edition)
jemandem treffen würde?«
»Wohl kaum.« Sie setzte ihr leeres Glas auf den Couchtisch. Beim Aufrichten straffte sie die Schultern. »Bin ich verdächtig?«
»Momentan ist jeder in Charleston verdächtig.«
Davee schaute ihm tief in die Augen. »Eine Menge Leute hatten guten Grund, Lute umzubringen.« Unter ihrem durchdringenden Blick wandte er die Augen ab.
Steffi Mundell machte einen Schritt nach vorne, als wollte sie Davee daran erinnern, dass sie noch immer anwesend und außerdem eine ernst zu nehmende Person sei, jemand, mit dem man rechnen müsse. »Tut mir Leid, Mrs. Pettijohn, dass ich ein wenig zu sehr vorgeprescht bin.«
Sie hielt inne, aber Davee hatte nicht vor, ihr die vielen Verstöße gegen die ungeschriebenen Regeln des guten Tons zu verzeihen. Davee verzog keine Miene.
»Ihr Mann war eine prominente Persönlichkeit«, fuhr Steffi fort. »Seine Geschäfte haben der Stadt, dem Bezirk und dem Staat hohe Einnahmen beschert. Seine Beteiligung an öffentlichen Angelegenheiten –«
»Ergibt das alles irgendeinen Sinn?«
Obwohl sie Davees Unterbrechung nicht schätzte, fuhr sie unverzagt fort: »Dieser Mord wird die ganze Gemeinschaft erschüttern, und mehr. Mein Büro wird dieser Sache so lange erste Priorität einräumen, bis der Schuldige gefunden und verurteilt ist. Ich garantiere Ihnen persönlich, dass die Gerechtigkeit schnell und gründlich ihren Lauf nehmen wird.«
Davee lächelte ihr hübschestes und gewinnendstes Lächeln. »Miss Mundell, Ihre persönliche Garantie ist mir vollkommen egal. Außerdem habe ich schlechte Nachrichten für Sie. Sie werden im Mordfall meines Mannes nicht die Anklage führen. Mit Schnäppchenware gebe ich mich nie zufrieden.« Sie warf Steffi einen Blick voll abgrundtiefem Abscheu zu.
Dann wandte sich die Ex-Debütantin an Smilow mit dem Auftrag, wie die Sache wirklich verlaufen würde: »Ich wünsche, dass sich damit nur die Spitzenleute befassen. Rory, kümmern Sie sich darum, sonst werde ich es tun, ich, Lute Pettijohns Witwe.«
5
»Nen Hunni, hier auf ’n Tisch.« Mit einem widerlichen Biergrinsen klatschte der Mann auf den verfleckten grünen Filz, dass es Bobby Trimble vor Abscheu buchstäblich schüttelte.
Mit spitzen Fingern zog Bobby seinen Geldbeutel aus der Gesäßtasche seiner Hose, holte zwei Fünfziger heraus und gab sie diesem blöden Mistkerl, einem Knallkopf, wie er im Buche stand. »Tolles Spiel«, meinte er lakonisch.
Der Mann sackte die Scheine ein, dann rieb er sich gierig die Hände. »Noch ’ne Runde?«
»Nicht gleich.«
»Biste sauer? Na komm, sei nicht sauer«, sagte er einschmeichelnd.
»Ich bin nicht sauer«, sagte Bobby. Es klang angesäuert. »Vielleicht später.«
»Doppelter Einsatz?«
»Später.« Augenzwinkernd feuerte er dem Kerl eine imaginäre Pistole in den fetten Wanst, ehe er mit seinem Drink in der Hand davonschlenderte.
Eigentlich hätte er nur allzu gern versucht, seine Verluste zurückzugewinnen, aber an der traurigen Tatsache, dass er pleite war, ließ sich nichts ändern. Die letzte Spielserie, bei der er jedes Mal verloren hatte, hatte ihn um mehrere hundert Dollar ärmer gemacht. Bis zur Behebung seines Bargeldproblems konnte er sich das Spielen nicht mehr leisten.
Auch die anderen schönen Dinge des Lebens waren für ihn tabu. Der letzte Hunderter hätte für längere Zeit sein ausgefranstes
Nervenkostüm aufpäppeln können. Nicht mit etwas Ausgefallenem, nur ein paar Kokslinien. Oder ein, zwei Pillen.
Ach ja …
Gut, dass er noch immer diese gefälschte Kreditkarte hatte. Damit konnte er seine Monatsausgaben decken, für Extras allerdings brauchte er Bargeld. Und das war ein bisschen schwerer zu beschaffen. Zwar nicht ganz unmöglich, aber man musste mehr dafür tun.
Dabei hatte sich Bobby in den Kopf gesetzt, weniger zu arbeiten und mehr Freizeit zu genießen. »Dauert nicht mehr lange«, redete er sich selbst gut zu und lächelte in sein Longdrinkglas. Sobald sich seine Investition ausgezahlt hatte, konnte er sich auf jahrelange Freizeit freuen.
Aber sein Lächeln war nur von kurzer Dauer. Unsicherheit legte sich wie eine Wolke über das Phantasiegebilde von einer sonnigen Zukunft. Unglücklicherweise hing der Erfolg seines Finanzplans von seiner Partnerin ab, an deren Zuverlässigkeit er allmählich Zweifel hegte. Tatsächlich nagte der Zweifel genauso heftig an ihm wie der billige Whisky, den er schon den ganzen Abend getrunken hatte. Offen gestanden traute er ihr nicht weiter als von
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