Kein Alibi: Roman (German Edition)
Steffi, die keine Diplomatie kannte, überließ er der Polizei den Fall so lange, bis er an der Reihe war.
Aber hier handelte es sich um eine jener seltenen Ausnahmen. Hier war seine Beteiligung gefordert, und sei es nur aus politischen
Gründen. Amtspersonen von Stadt und Staat – einige waren zu Pettijohns Lebzeiten seine eingeschworenen Feinde gewesen, andere seine Gefolgsleute – benützten den Mord an ihm als politische Plattform und forderten über die Medien eine rasche Verhaftung und Verurteilung seines Mörders.
Ein Leitartikel in der Tageszeitung hatte das öffentliche Interesse noch angeheizt. Er klang wie die Fanfare der traurigen Wahrheit, dass niemand vor Gewalt sicher sei, nicht einmal eine anscheinend unverwundbare Person wie Lute Pettijohn.
Im Mittagsmagazin hatte ein Reporter die Leute auf der Straße befragt, ob sie erwarteten, dass Pettijohns Killer gefasst und seiner gerechten Strafe zugeführt würde.
Der Fall kreierte exakt den Medienrummel, nach dem sich sein Vater sehnte, während Hammond sich am liebsten so lange wie möglich aus dieser Schlacht herausgehalten hätte. Zu diesem Zweck vergrub er sich noch eine weitere halbe Stunde hinter seinen Aktenbergen.
Sofort nach dem Lunch tauchte Monroe Mason auf. »Wie ich höre, hat Smilow bereits einen Verdächtigen.« Sein Bass prallte wie ein Tennisball von Hammonds Bürowänden ab.
»Neuigkeiten haben schnelle Beine.«
»Also ist es wahr?«
»Ich habe es eben erst erfahren.«
»Dann gib mir eine Zusammenfassung.«
Er erläuterte die Sache mit Daniels und der Zeichnung. »Ein Flugblatt mit Endicotts Skizze und einer schriftlichen Beschreibung wurde im Viertel um das Charles Towne Plaza in Umlauf gebracht. Ein Parkplatzwächter hat Dr. Ladd identifiziert.«
»Meines Wissens ist sie eine prominente Psychologin.«
»So heißt es.«
»Hast du je von ihr gehört?«
»Nein.«
»Ich auch nicht. Vielleicht meine Frau, die kennt jeden. Denkst du, Pettijohn war ihr Patient?«
»Monroe, momentan weißt du so viel wie ich.«
»Sieh zu, was du herausbekommst.«
»Ich werde dich über den Fall auf dem Laufenden halten.«
»Nein, ich meine heute Nachmittag. Jetzt.«
»Jetzt? Smilow mag es nicht, wenn wir dazwischenfunken«, argumentierte Hammond, »schon gar nicht, wenn ich es tue. Steffi ist schon drüben. Wenn ich auch noch hingehe, wird ihm erst recht der Kamm schwellen. Dann sieht’s so aus, als würden wir ihn überwachen.«
»Falls er sich aufplustert, wird Steffi das wieder glätten. Ich muss etwas für die Reporter haben, wenn sie bei mir im Büro anrufen.«
»Monroe, ich kann nicht behaupten, dass Dr. Ladd verdächtig ist. Das wissen wir nicht. Um Himmels willen, sie wird nur verhört.«
»Immerhin war sie so besorgt, dass sie Frank Perkins mitgebracht hat.«
»Frank ist ihr Anwalt?« Hammond kannte ihn gut und respektierte ihn. Ein Plädoyer gegen ihn vor Gericht war immer eine Herausforderung. Einen fähigeren Anwalt konnte sie nicht haben. »Jeder vernünftige Mensch würde seinen Anwalt mitnehmen, wenn man ihn zum Verhör auf eine Polizeiwache bittet.« Mason ließ sich nicht ablenken. »Lass mich wissen, wie’s mit ihr steht.« Mit einem donnernden »Auf Wiedersehen« trat er ab, und damit auch jede Wahl, die Hammond noch geblieben war.
Kaum hatte er die Polizeiwache erreicht, ging er in den zweiten Stock und drückte auf den Summer an der versperrten Doppeltür, die zur Mordkommission führte. Eine Polizistin öffnete ihm. Da sie den Grund für seine Anwesenheit kannte, meinte sie nur: »Sie sind in Smilows Büro.«
»Warum nicht im Verhörzimmer?«
»War vermutlich belegt. Außerdem wollte Staatsanwältin Mundell durch den Spiegel zusehen.«
Hammond war beinahe froh, dass Alex nicht in jenem fensterlosen Kabuff verhört wurde, in dem es nach abgestandenem Kaffee und Schuldschweiß stank. Er konnte sie sich unmöglich im selben Raum vorstellen, wo man vor seinen Augen Pädophilen,
Vergewaltigern, Dieben, Zuhältern und Mördern in unnachgiebigen Verhören Geständnisse abgerungen hatte.
Er bog um die Ecke in den kurzen Flur mit den Büros. Er hatte gehofft, die Sache wäre bei seiner Ankunft schon vorbei und Alex längst fort. Leider war ihm das Glück nicht hold. Mit zusammengekniffenen Augen spähten Steffi und Smilow durch das verspiegelte Glas wie Geier, die auf den letzten Atemzug ihres Opfers lauern.
Er hörte Steffi sagen: »Sie lügt.«
»Natürlich lügt sie«, meinte Smilow. »Ich weiß nur nicht,
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