Kein Alibi: Roman (German Edition)
Alkoholisches. Ich bin sicher, dass mich dieser Mr. Daniels dabei gesehen hat. Das ist der einzige Zeitpunkt und Ort, als er mich gesehen haben könnte, denn vor Mr. Pettijohns Zimmer habe ich nie gestanden.«
»Er hat uns ausführlich geschildert, dass Sie genau das gegen fünf Uhr getan haben.«
»Er irrt sich.«
»Sie haben in der Bar etwas getrunken.«
»Ja, gleich neben der Halle. Ungesüßten Eistee.«
Steffi beugte sich zu Hammond und flüsterte: »Die Kellnerin bestätigt das. Aber das heißt nur, dass sie wenigstens von zwei Leuten im Hotel gesehen wurde.«
Er nickte kommentarlos, weil Smilow soeben eine neue Frage stellte und ihn Alex’ Antwort interessierte.
»Was haben Sie gemacht, nachdem Sie ausgetrunken hatten?«
»Ich bin zum Parkplatz zurück, wo mein Auto stand.«
»Um wie viel Uhr war das?«
»Viertel nach fünf. Nicht später als halb sechs.«
Hammond bekam vor Erleichterung weiche Knie. John Madison hatte in seiner ersten Vermutung den Zeitpunkt des Todes später angesetzt. Also war sein Schweigen gerechtfertigt. Fast. Wenn sie tatsächlich völlig unschuldig war und das Opfer eines Versehens durch einen Mann, der unter einer Lebensmittelvergiftung litt, warum hatte sie bei seinem Eintreten nicht reagiert? Warum hatte sie so getan, als wären sie einander nie begegnet? Er
hatte Gründe, warum er ihre Begegnung für sich behielt. Sie offensichtlich auch.
»Ich habe dem Parkplatzwächter zehn Dollar gegeben, den kleinsten Schein; den ich bei mir hatte«, sagte sie gerade.
»Das ist ein sehr großzügiges Trinkgeld.«
»Ich dachte, eine Bitte um Wechselgeld würde billig wirken. Der Parkplatz war voll, und er hatte zu tun, war aber trotzdem sehr nett und höflich.«
»Was taten Sie, nachdem Sie Ihren Wagen geholt hatten?«
»Ich habe Charleston verlassen.«
»Und wohin sind Sie gefahren?«
»Nach Hilton Head Island.«
Hammond schluckte hörbar. So viel zur Wahrheit. Warum log sie? Um ihn zu schützen? Oder sich selbst?
»Hilton Head.«
»Ja.«
»Haben Sie unterwegs irgendwo angehalten?«
»Zum Tanken.« Sie senkte die Augen, wenn auch sehr kurz. Vermutlich fiel es nur Hammond auf.
Sein Herz pochte heftig gegen seine Rippen. Jener Kuss. Der Kuss. Der Kuss, an den er sich den Rest seines Lebens erinnern würde. Keiner war je so gut gewesen, keiner hatte sich so verdammt richtig angefühlt – oder war so verdammt falsch gewesen. Dieser Kuss konnte in letzter Konsequenz sein Leben verändern, seine Karriere ruinieren und ihn verdammen.
»Erinnern Sie sich noch an den Namen der Tankstelle?«
»Nein.«
»Texaco? Exxon?«
Achselzuckend schüttelte sie den Kopf.
»Standort?«
»Irgendwo an der Autobahn«, antwortete sie unvermittelt. »Es war nicht in einer Stadt. Selbstbedienung. Bezahlung am Fenster. Solche gibt es auf dieser Autobahn zu Dutzenden. Der Kassierer sah sich einen Wrestlingkampf im Fernsehen an. Das ist alles, was ich noch weiß.«
»Haben Sie mit Kreditkarte bezahlt?«
»Bar.«
»Ich verstehe. Mit einem dieser großen Scheine.«
Hammond sah die Falle und hoffte, dass sie es auch tat. Die meisten Tankstellen mit Selbstbedienung und Kioske nahmen keine größeren Scheine als Zwanzigdollarnoten, besonders nicht nach Einbruch der Dunkelheit.
»Mit einem Zwanziger, Mr. Smilow«, sagte sie mit einem müden Lächeln. »Ich habe für zwanzig Dollar getankt und nichts herausbekommen.«
»Echt cool, wirklich.«
Trotz Steffis leisem Gemurmel hatte Alex es gehört und schaute verstohlen zu ihnen hinüber, zuerst zu Steffi, dann zu Hammond. Wieder musste er daran denken, wie er ihr Gesicht zwischen den Händen gehalten und ihren Mund zu seinem gezogen hatte.
»Sag nicht Nein. Sag nicht Nein.«
Mit Smilows nächster Frage konzentrierte sich Alex wieder voll auf ihn. Hammond atmete aus, aber es fiel niemandem auf, dass er den Atem angehalten hatte.
»Wann sind Sie in Hilton Head angekommen?«
»Das war das Schöne an diesem Tag. Ich hatte nichts Konkretes vor, keinen Stundenplan. Da ich weder auf die Uhr geschaut noch eine direkte Route gewählt habe, kann ich mich auch nicht an den genauen Zeitpunkt meiner Ankunft erinnern.«
»Ungefähr.«
»Ungefähr… neun Uhr.«
Ungefähr um neun hatten sie Maiskolben gegessen. Ihre Lippen waren fettig von der geschmolzenen Butter gewesen. Sie hatten darüber gelacht und beschlossen, sämtliche Manieren zu vergessen und sich schamlos die Finger abzuschlecken.
»Was haben Sie auf Hilton Head gemacht?«
»Ich bin die
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