Kein Alibi: Roman (German Edition)
eine Pagermeldung; er sollte sofort seine Schwester anrufen. Margaret war hysterisch und flehte ihn an, auf der Stelle zu kommen. Er war so außer sich, dass wir den Tatort unserem Sicherungsteam überließen und ich ihn hinfuhr.
Hammond«, sagte sie und schüttelte verständnislos den Kopf, »bis wir dort waren, hatte sie das Haus komplett zerlegt. Ein Hurrikan hätte weniger Schaden angerichtet. Kein Glas war mehr heil, alle Kissen zerschlitzt, sämtliche Regale ausgeräumt. Man konnte keinen Schritt laufen, so war der Fußboden mit Bruchstücken übersät.
Offenbar hat sie herausgefunden, dass Pettijohn eine Freundin hatte. Als wir hinkamen, stand Margaret im Bad, hielt sich eine scharfe Rasierklinge ans Handgelenk und drohte mit Selbstmord. Smilow überredete sie, die Sache mit der Rasierklinge aufzugeben, und rief ihren Arzt an, der netterweise herüberkam und ihr eine Spritze gab. Anschließend ließ sich Smilow von mir zu Pettijohns Liebesnest fahren.
Langer Rede kurzer Sinn… er drang gewaltsam ein und erwischte das Mädel, wie es auf Lutes Gesicht hockte. Er und Pettijohn hatten sich ordentlich in der Wolle, ehe ich dazwischenging. Smilow war nicht mehr ansprechbar, ich musste ihn physisch bändigen. Wenn ich nicht da gewesen und ihn in Schach gehalten hätte, hätte er Pettijohn damals wahrscheinlich umgebracht. Ich habe noch nie einen Menschen, ob Mann oder Frau, so außer sich gesehen.«
Sie kniff die Augen zusammen und klopfte mit einem eingerissenen
schmutzigen Fingernagel gegen den hässlichen Resopaltisch. »Und genau deswegen hat Rory was gegen mich, daran glaube ich bis zu meinem letzten Stündchen. Der restlichen Welt gegenüber spielt er den Eisklotz, mimt den Mann ohne Emotionen, den Kalten, Kontrollierten. Aber ich habe erlebt, wie er so menschlich war wie alle anderen auch. Ja sogar noch menschlicher, denn er hat die Kontrolle verloren. Deshalb konnte er es nicht ertragen, mich tagtäglich als Erinnerung daran um sich zu haben.«
Hammond bezweifelte nicht, dass sie die Wahrheit sagte. Er hatte nie erlebt, dass Loretta log oder eine Geschichte auch nur ausmalte, trotz all ihrer Fehler. »Warum hast du mir das erzählt?«
»Wollte nur ein paar Möglichkeiten antippen.«
»Möglichkeiten? Glaubst du, Smilow hat Pettijohn getötet?«
»Ich sage lediglich, dass er’s getan haben könnte. Ob er die Möglichkeit dazu hatte, weiß ich nicht, aber ein Motiv hätte er todsicher gehabt. Er hat Lute Margarets Selbstmord nie verziehen. Und das sind nicht die Wahngebilde einer alten Saufnase. Deine Freundin Steffi hat auch schon daran gedacht. Ich habe gehört, wie sie das Thema in der Nacht im Krankenhaus zur Sprache gebracht hat. Sie machte eine Bemerkung darüber, wie liebend gern Smilow Pettijohn sterben sähe.«
»Was sagte Smilow darauf?«
»Hat’s nicht gestanden, aber geleugnet hat er auch nicht.« Sie kicherte in sich hinein. »Jedenfalls nicht wortwörtlich. Soweit ich mich erinnere, hat er den Spieß umgedreht und ihr den schwarzen Peter zugeschoben.«
»Steffi?«
»Er brachte die Idee ins Spiel, Pettijohn hätte ihr vielleicht den Weg auf Masons Stuhl nach dessen Pensionierung geebnet.«
Hammond lachte. »Smilow muss ganz schön von der Rolle gewesen sein. Wenn Lute jemandem einen Gefallen tut, warum sollte der ihn dann töten?«
»Das war auch Steffis Antwort, und damit hatte sich das Gespräch erledigt. Außerdem hat er es nur provozierend gemeint, weil Steffi die Ansicht vertrat, Davee hätte die Welt von Pettijohn befreit.«
»Sie hatte Davee als Erste in Verdacht, aber inzwischen hat sie jemand anderen im Visier.«
»Diese Dr. Ladd?«
Nickend schob ihr Hammond einen Umschlag mit ein wenig Vorschuss zu. »Wenn du das vertrinkst –«
»Werde ich nicht, ich schwör’s.«
»Finde möglichst viel über Alex Ladd heraus. Ich will, so schnell es geht, genaue Informationen in der Hand haben.«
»Vielleicht klingt das vermessen –«
»Ist es sicher auch.«
Ohne auf ihn einzugehen, fuhr Loretta fort: »Hat man sie verhaftet?«
»Noch nicht.«
»Aber offensichtlich denkst du, Smilow und Co. stünden kurz davor.«
»Ich bin mir nicht sicher.« Er fasste die Ereignisse vom Tage für sie zusammen, angefangen von Daniels’ Story bis zu Alex und ihrer Aussage, sie würde Pettijohn nicht mal kennen. »Sie haben keine Verbindung gefunden. Aus Sicht des Staatsanwaltes steht sein Fall auf schwachen Beinen.«
»Und aus anderer Sicht?«
»Gibt es nicht.«
»Aha.« Loretta
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