Kein Alibi: Roman (German Edition)
werden?«
Er dachte einen Augenblick darüber nach. »Nein.«
»Dann schreib’s nicht auf. Wo nichts Greifbares ist, gibt’s auch kein Beweisstück.«
»Beweisstück? Wow, Loretta«, sagte er und hielt beide Hände hoch. »Was ich von dir möchte, ist vertraulich und strapaziert jeden Moralbegriff. Ist aber nicht illegal. Ich möchte nur für einen Verdächtigen das Spielfeld einebnen.«
Sie legte den Kopf schief und musterte ihn neugierig. »Vielleicht bin ich doch betrunkener, als ich dachte. Sagtest du gerade –«
»Du hast richtig gehört.«
»Du möchtest einem Verdächtigen im Fall Pettijohn ein Schlupfloch lassen?«
»In gewisser Weise.«
»Wieso?«
»Um dir das zu erklären, bist du nicht betrunken genug.«
Rasselndes Lachen drang aus ihrer Brust. »Okay«, sagte sie, noch immer zweifelnd. »Wer ist der Verdächtige?«
»Dr. Alex Ladd.«
»Stammt er aus Charleston?«
»Er ist eine Sie.«
Sie blinzelte mehrmals, ehe sie ihn lang und unverwandt anschaute. »Eine Sie.«
Hammond tat so, als übersähe er die offene Frage, die sich in ihren hochgezogenen Augenbrauen abzeichnete. »Sie ist eine Psychologin aus Charleston. Finde alles über sie heraus, was du kannst. Hintergrund, Familie, Schulausbildung, alles. Und jedes. Aber insbesondere jede mögliche Verbindung zwischen ihr und Lute Pettijohn.«
»Zum Beispiel, ob sie eine seiner Freundinnen war?«
»Ja«, nuschelte er, »so ähnlich.«
»Ich hatte den Eindruck, als ob diese Steffi Mundell im Fall Pettijohn Anklage erheben würde.«
»Wie kommst du darauf?«
Daraufhin erzählte sie ihm von der Nacht, in der sie Steffi und Rory Smilow in der Notaufnahme des Krankenhauses gesehen hatte. »Ich war hingegangen, um Bev zu sehen, besser gesagt, um Geld von ihr zu schnorren. Jedenfalls kamen da Steffi-Hochnase und dieser Eis-Smilow wie die Ledernacken hereingeplatzt. Auch wenn’s ihnen nicht viel genützt hat. Der kleine Jungdoktor hat’s ihnen gezeigt. Mit dem konnten sie nicht Schlitten fahren. Hat mir das gut getan.« Sie hielt inne und gluckste in sich hinein, ehe sie ernüchtert wieder zu Hammond hinüberschaute. »Schläfst du immer noch mit ihr?«
Er konnte seine Verblüffung nicht verbergen, fragte aber trotzdem nicht, woher sie über seine geheime Affäre mit Steffi Bescheid
wusste. Ihr Wissen bestätigte, dass sie in allem, was sie tat, ausgezeichnet war. »Nein.«
Sie musterte ihn einen Augenblick, als wolle sie sich vergewissern, dass er auch die Wahrheit sagte. »Gut. Ich hasse es, die Frau mies zu machen, mit der du ins Bett gehst.«
»Du magst Steffi nicht?«
»Genauso wenig wie Giftschlangen.«
»So schlecht ist sie auch nicht.«
»Nein, noch schlimmer. Sie ist eine Viper. Seit sie in Charleston ist, hat sie ein Auge auf dich geworfen. Und das nicht nur, um in deine Hose zu grapschen. Die will sie auch noch anziehen.«
»Falls du damit meinst, dass wir beide um denselben Job konkurrieren, so bin ich mir dessen wohl bewusst.«
»Hast du’s aber schon mal aus diesem Blickwinkel betrachtet? Vielleicht benützt Steffi deinen Schwanz als direktes Sprungbrett ins Amt des Staatsanwalts.«
»Willst du damit andeuten, sie hätte nur aus Karrieregründen mit mir geschlafen? Lieber Himmel, danke, Loretta, du tust meinem Ego echt gut.«
Sie rollte mit den Augen. »Ich hatte befürchtet, dass dir diese Möglichkeit vielleicht entgangen ist. Männer halten ihren Schwanz meistens nur für einen Zauberstab, mit dem sie dankbare Frauen verhexen können. Und genau deshalb kann man einen steifen Schwanz so verdammt gut ausnützen.«
Sofort musste Hammond an Alex Ladd denken. Wenn Loretta wüsste, wie leichtgläubig er letzten Samstag gewesen war, könnte sie ihm erst recht einen Vortrag halten.
Sie aber sagte gerade: »Steffi Mundell würde es mit einem Rottweiler treiben, wenn ihr das nützen würde.«
»Sei ein bisschen nachsichtig. Sicher, ehrgeizig ist sie, aber sie musste auch mit Zähnen und Klauen um jeden Erfolg kämpfen. Sie hatte einen dominanten Vater, der den Wert aller anderen nur am Testosteronpegel maß. Von Steffi wurde Kochen, Putzen und Bedienung der männlichen Bevölkerung erwartet, zuerst für ihre Brüder samt Vater und später für ihren Ehemann. Eine strenggläubige griechisch-orthodoxe Familie. Sie aber war nicht nur
nicht strenggläubig, sondern auch Agnostikerin, was sie noch immer ist. Sie bekam keine Hilfe, keine Unterstützung, weder in der Schule noch beim Studium. Und als sie als Jahrgangsbeste
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