Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches
schon, ein wenig verwirrend.
Neues von der Kunstbörse
Vor einigen Tagen hielt mich mein Nachbar Felix Selig im Stiegenhaus an.
»Entschuldigen Sie - fahren Sie wieder nach Amerika?«
»Nein. Warum?«
»Macht nichts. Ich wollte Sie bitten, mir das Musical >Hello Dolly!< zu kaufen. Aber wenn Sie nicht nach Amerika fahren, schreibe ich meinem Schwager.«
Es dauerte eine Zeitlang, bevor ich diese rätselhaften Äußerungen durchschaute. Die alte Apothekerswitwe an der Ecke hatte im vergangenen Sommer ihre Verwandten in London besucht und bei dieser Gelegenheit die Bühnenrechte für drei Kriminalstücke von Agatha Christie erworben, die sie dann mit beachtlichem Profit an mehrere Theater weiterverkauft hat. Nach Seligs Informationen war sie nicht als einzige in dieses neue Geschäft eingestiegen. Unsere Theater haben Hochkonjunktur, und der Import von Bühnenrechten gilt derzeit als das große Geschäft. Besonders mit Musicals kann man wirkliches Geld verdienen.
»Die Wäschereibesitzerin im zweiten Stock hat drei Dürrenmatts«, berichtete Felix. »Das Kammertheater Tel Aviv und das Stadttheater Haifa raufen sich um die Rechte, aber sie verkauft noch nicht...«
Im Showgeschäft muß man die Augen offen halten. Man muß, wie der Franzose sagt, auf dem qui vive sein. Apropos Franzose: Da wollte unsere Habimah von dem bekannten französischen Dramatiker Anouilh die hebräischen Aufführungsrechte seines Schauspiels »Beckett« erwerben - aber die hatte ihr zwei Tage vorher ein Tischler aus Nathania weggeschnappt, durch Vermittlung seiner in Paris lebenden Schwester. Der Tischler erklärte sich bereit, der Habimah die Rechte zu überlassen, falls sie ihn für das Bühnenbild engagiert. Die Verhandlungen gerieten ins Stocken, weil die Gewerkschaft der Bühnenarbeiter keine Gasttischler zulassen will, und da sie angeblich die Rechte für einen lonesco besitzt...
»Sehr interessant«, unterbrach ich Seligs Informationsfluß. »Und ist es schwer, ausländische Bühnenrechte zu bekommen?«
»Schwer? Kinderleicht! Man braucht sich nur als israelischer Impresario, Regisseur, Schauspieler oder Platzanweiser auszugeben und ein paar Dollar auf den Tisch des Hauses zu blättern, das genügt. Es ist eine sichere Investition. Vorausgesetzt, daß man sich in den Winkelzügen des Geschäfts auskennt. Vorige Woche hat das Ohel-Theater zwei Tennessee Williams auf dem schwarzen Markt verkauft. Dabei ist es nicht ohne Komplikationen abgegangen. Ursprünglich waren die Rechte in New York von einem Steward der EI-AI erworben worden, der sich dem Agenten des Autors als israelischer Erziehungsminister vorgestellt hatte. Von ihm gingen die Rechte an eine alternde hebräische Schauspielerin, die sich auf diese Weise die weibliche Hauptrolle sichern wollte. Da der Direktor des Theaters damit nicht einverstanden war, tauschte er die zwei Tennessees gegen einen Max Frisch, den ein bekannter Basketballspieler von einem griechischen Antiquitätenhändler gekauft hatte. Als das Kammertheater von dieser Transaktion erfuhr, schaltete es sich blitzschnell ein und kam der Habimah um eine Nasenlänge zuvor.«
»Einen Augenblick!« Ich fühlte, wie mich die Leidenschaft überkam. »Wenn der Frisch noch frei ist, kaufe ich ihn.«
Felix versprach, der Sache nachzugehen. Ich warte jetzt auf seinen Bescheid. Wie ich höre, hat Frisch bereits um zwei Punkte angezogen. Arthur Miller notiert unverändert. Brecht schwankt. Ich auch. Soll ich nicht doch ein Musical kaufen?
Über die Universalität des Theaters
Die größte Faszination des Theaters besteht in seiner Universalität, die alle geographischen und sprachlichen Schranken aufhebt. Ein kultivierter Mensch, der mit der dramatischen Weltliteratur halbwegs vertraut ist, wird eine Theatervorstellung auch im Ausland genießen, in fremder Umgebung, fern der Heimat - einzig auf Grund jener allgemein menschlichen Werte, die ihm eine künstlerische und geistige Anteilnahme an dem Gebotenen ermöglichen, eine wesenhafte Identifikation, hinausgehoben über Zeit und Raum...
Das alles ist natürlich dummes Gewäsch. Es kann nur von Leuten ernstgenommen werden, die noch nie in Ferrara waren und noch nie in italienischer Sprache eine Aufführung von »Peer Gynt« gesehen haben, dem Hauptwerk des bekannten norwegischen Dramatikers Enrico Ibsen.
Ich hatte mich durch ein buntfarbenes Plakat in der Halle meines Hotels zu einem Besuch des Theaters verleiten lassen, wo eine italienische Truppe mit
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