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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Alderson
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Rachel völlig egal. Tatsächlich konnte ich es kaum erwarten, sie wiederzusehen, auch wenn ich wusste, dass das kaum gut enden konnte.
    »Ich glaube, sie ist immer noch im Van«, sagte Suki zögernd. Ich merkte sofort, dass sie log. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, meine Gedanken zu hören. »Sie macht nicht gern, was wir von ihr verlangen. Sobald wir ihr den Knebel aus dem Mund nehmen, fängt sie an zu schreien, dass ihr Vater uns umbringen wird, wenn er uns zu fassen bekommt.«
    »Aber erst nachdem er uns das Gehirn herausgerissen hat, um herauszufinden, weshalb wir anders ticken als normale Menschen«, warf Nate ein.
    »Nate!«, schrie ihn Suki an. »Das will Lila wirklich nicht hören!«
    »Autsch. Tut mir leid«, murmelte Nate verlegen.
    Ich zuckte die Schultern und schaute zum Fenster hinaus. Alex war im Gespräch mit Demos, spürte aber vielleicht meinen Blick und hob den Kopf. Dann sagte er etwas zu Demos und kam zu uns herüber. Er setzte sich neben mich – ich hätte schwören können, dass Suki und Nate sehnsüchtig aufseufzten.
    »Nate – hi. Nett, dich persönlich kennenzulernen.«
    Nate lief knallrot an und schüttelte Alex’ Hand, während ich mühsam ein Kichern unterdrückte.
    »Hi«, antwortete Suki für Nate, der offenbar die Sprache verloren hatte. Sie plapperte gleich weiter und ihre Stimme bekam einen verführerischen Unterton. »Echt schön, dich zu treffen – richtig, meine ich. Äh. Nate kennt dich nämlich schon ein bisschen besser, sozusagen. Er schleicht dir ziemlich oft hinterher.«
    Nate wurde noch röter und schaute Suki wütend an. Alex lachte zwar, warf mir aber einen verwunderten Blick zu. Ich zuckte nur die Schultern und verdrehte vielsagend die Augen. Es war sowieso besser, nicht noch mal mit dem Thema anzufangen.
    »Bist du sicher, dass du Rachel sehen willst?«, fragte mich Alex, jetzt plötzlich wieder ernst.
    »Machst du Witze?« Ich sprang auf.
    »Beim letzten Mal wolltest du Rachel umbringen«, sagte er mit besorgter Stimme.
    »Will ich immer noch, aber erst, nachdem sie uns alles erzählt hat, was wir wissen müssen.«
    Jetzt sah er noch besorgter aus. Aber das war mir egal. Was erwartete er denn von mir? Dass ich plötzlich mit Rachel friedlich eine Tasse Tee trinken wollte? Diese Frau arbeitete für die Einheit, sie war schuld, dass meine Mutter gefangen gehalten und womöglich gefoltert wurde. Ja, ich wollte sie am liebsten umbringen, keine Frage.
    Alex betrachtete mich eine Weile nachdenklich, als wägte er ab, ob ich mich benehmen würde. Ich war selber unsicher, aber das wollte ich ihm natürlich nicht auf die Nase binden und hoffte, dass auch Suki ausnahmsweise mal die Klappe hielt.
    »Okay, gehen wir«, sagte er schließlich. »Sie ist in Demos’ Zimmer, gleich nebenan.«
    Rachel saß auf dem Bett. Sie war an Händen und Füßen gefesselt und hatte ein Stoffband als Knebel im Mund. Sie trug eine ziemlich scheußliche graue Jogginghose, billige weiße Leinenschuhe und ein drei Nummern zu großes T-Shirt mit dem Werbeslogan »Tijuana makes me HAPPY « in riesigen roten Buchstaben quer über der Brust. Insgesamt bot sie ein Erscheinungsbild, das mich nun wirklich sehr happy machte.
    Rachels Blick war leer, auch ihr Gesicht war ausdruckslos. Sie erinnerte mich an eine Schaufensterpuppe, leblos, mit stumpf gewordenem Lack auf den Gliedern und verrutschter Perücke.
    »Okay, du kannst die Starre aufheben, Demos«, sagte Alex. Erst jetzt bemerkte ich, dass Demos nur zwei Schritte von Rachel entfernt stand und sie mit seinem Tu-was-ich-dir-sage- Blick in der Starre hielt.
    Demos trat zurück und Rachel kam wieder zu Bewusstsein. Ihr leerer, gläserner Blick wurde sofort spöttisch und verachtungsvoll. Doch als sie mich und Alex vor sich stehen sah, riss sie die Augen auf.
    In mir zog sich etwas zusammen. Ich knirschte hörbar mit den Zähnen. Demos und Alex warfen mir warnende Blicke zu. Okay, okay, flüsterte ich mir zu, beherrsche dich, Lila. Du behältst die Kontrolle. Du schaffst es. Du wirst sie nicht umbringen. Du wirst sie nicht umbringen. Jedenfalls jetzt noch nicht.
    Auch Suki war voll und ganz auf Rachel fixiert, konzentrierte sich mit gerunzelter Stirn auf ihre Gedanken. Ich hätte zu gern gewusst, ob Rachel in Gedanken immer noch Kinderlieder trällerte, aber sie wirkte abgelenkt davon, dass ich und Alex vor ihr standen. Sie sah sich im Zimmer um, offenbar hatte sie keine Ahnung, wo sie war. Dann blieb ihr Blick kurz an Alex’ Oberarm haften,

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