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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Alderson
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wo der Rand des Pflasters unter dem Ärmelsaum des T-Shirts zu sehen war. Befriedigt sah ich, dass ihr dämmerte, was geschehen war.
    Alex trat näher und zog den Knebel aus ihrem Mund. »Rachel«, sagte er nur statt einer Begrüßung.
    »Alex«, gab sie kühl zurück, »wie nett, dich wiederzusehen.« Ihr Blick zuckte kurz zu mir, blitzschnell wie die Zunge einer Schlange. »Und immer noch der Babysitter für die kleine Missgeburt?«
    »Willst du nicht lieber mitspielen, Rachel?«, fragte Alex freundlich.
    Sie blies sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Ich kapier’s einfach nicht, Alex.«
    »Was kapierst du nicht?«
    »Was du in der hier siehst.«
    Ich spürte förmlich, wie ihr Blick an meinem Körper hinunterglitt gleich einem Ausschlag, der sich vom Kopf her ausbreitete. Plötzlich begriff ich, was der Ausdruck »haarsträubend« bedeutete. Der Drang, etwas – irgendetwas – zu packen und auf Rachels Kopf zu schmettern, wurde schier unerträglich. An einer Wand war ein großer Flachbildschirm befestigt und ich überlegte tatsächlich, wie schwer es wohl wäre, ihn aus der Verankerung zu reißen und wie ein Frisbee auf Rachel zu schleudern. Doch dann verschwand der Gedanke plötzlich und mit ihm jeder Anflug von Gewaltbereitschaft. Ich fühlte mich auf einmal prima, leicht, unbeschwert. Klar, dafür konnte nur Demos verantwortlich sein und es war eine Warnung. Natürlich hatte er Recht. In meiner Situation konnte ich es mir leisten, großmütig zu sein. Schließlich war Alex bei mir – und nicht bei dieser Person in Fesseln und billigen Supermarktklamotten. Aber trotzdem …
    »Was ich nicht kapiere, Rachel«, sagte Alex, »ist, warum ihr das macht.«
    »Warum wir was machen?«
    »Das weißt du genau. Warum verfolgt die Einheit die Psy?«
    »Ach, komm schon, Alex, sei nicht so naiv. Geld regiert nun mal die Welt.«
    Er wich tatsächlich einen Schritt zurück. »Geld – und es geht wirklich nur darum?«
    Warum fragte er sie überhaupt? Wir wussten doch längst, worum es hier ging. Demos hatte mir erklärt, dass die Wissenschaftler der Einheit nach Möglichkeiten suchten, sich den genetischen Code zu verschaffen, dem Menschen wie ich unsere besonderen mentalen Kräfte zu verdanken hatten, und ihn dann so umzufunktionieren, dass sie damit ganz neue Waffen entwickeln konnten. Superwaffen, die sie dem verkaufen wollten, der am meisten dafür bieten würde. Natürlich war es so: Alles drehte sich nur ums Geld.
    »Worum denn sonst?« Rachel lachte ihn aus, so schrill, dass sie Glas zum Zerspringen hätte bringen können.
    »Habt ihr jemals über die Folgen nachgedacht?«
    »Ach bitte, Alex, spiel nicht den Moralapostel. Es wird immer Kriege geben. Die Menschen sind spitze, wenn es darum geht, sich gegenseitig zu schaden. Mit dieser Sache werden wir immer auf der Seite der Sieger stehen. Wir tragen dazu bei, dass die Welt sicherer wird, Alex!« Ihre Augen leuchteten unheimlich wie bei einem Fanatiker.
    »Sicherer? Für wen? Für irgendeinen größenwahnsinnigen Diktator, der euch am meisten dafür zahlt?«
    Rachel betrachtete ihn nachdenklich. »Hm. Weißt du, was dein Problem ist, Alex? Du hast immer moralische Bedenken. Sie sind wie Fesseln. Du könntest ein super Leben führen, wenn du wenigstens einen Teil deiner Skrupel abschütteln würdest. Dann würdest du auch besser schlafen.«
    »Ich schlafe ziemlich gut, danke«, sagte Alex. »Und noch besser, wenn ich weiß, dass die Einheit nicht mehr existiert.«
    »Träum weiter, Darling«, gab sie spöttisch zurück. »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass du und diese Bande von mittelmäßigen Möchtegern-Superhelden gegen uns eine Chance habt?«
    Alex blickte kurz zu Demos und dann zu mir, bevor er ihr antwortete. »Ich denke, für den Anfang haben wir schon ziemlich viel erreicht. Schließlich stehen wir hier, völlig frei. Während du zusammengeschnürt wie eine Weihnachtsgans vor uns liegst.«
    »Na gut, ihr habt ein paar Teams ausgeschaltet.« Rachel zuckte die Schultern. »Macht nichts, wir haben noch mehr. Die Teams sind einfache Bauern auf dem Schachbrett, genau wie du, nützlich, aber jederzeit austauschbar. « Offenbar bereitete ihr das letzte Wort besonders große Genugtuung, denn sie spuckte es ihm förmlich ins Gesicht und wartete begierig auf seine Reaktion.
    Alex starrte sie wortlos und mit unbewegtem Gesicht an. Aber ich sah, dass sein Blick kalt wie Eis geworden war.
    »Du kannst keinen Fuß mehr aufs Campgelände setzen, Alex«, fuhr Rachel

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